Initiative der Agentur für Arbeit 58-jährige Bonnerin fand endlich einen Job

BONN · Wenn Anette Brück (Name von der Redaktion geändert) so fröhlich erzählt, dann glaubt man kaum, dass die 58-Jährige eine anstrengende Zeit hinter sich hat. Im Oktober 2012 verlor die Bonnerin ihren Job bei einer Zeitarbeitsfirma.

 Die Agentur für Arbeit will mit der Initiative "Inga" die Chancen von älteren Arbeitslosen oder Geringqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Die Agentur für Arbeit will mit der Initiative "Inga" die Chancen von älteren Arbeitslosen oder Geringqualifizierten auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Foto: dpa

Bis dahin hatte die Firma die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin und Industriekaufrau in immer wechselnde Jobs vermittelt - sie arbeitete unter anderem für die Telekom und die Regionalvertretung der Europäischen Kommission. Dann wurde sie arbeitslos, weil das Zeitarbeitsunternehmen keine Anschlussbeschäftigung für sie fand. "In dem Moment fühlte ich mich ausgebrannt", sagt Brück rückblickend.

Wer hierzulande seinen Job verliert, bleibt überdurchschnittlich lange arbeitslos, wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erst kürzlich kritisierte. 45 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland sind länger als ein Jahr ohne Job. Die Organisation forderte Deutschland auf, Langzeitarbeitslose besser zu betreuen.

Anette Brück gelang es nach mehr als einem Jahr Arbeitslosigkeit, einen neuen Job zu finden. Angestellt war sie wieder bei einer Zeitarbeitsfirma. Doch bereits nach fünf Monaten endete das Arbeitsverhältnis, weil auch die neue Zeitarbeitsfirma keine weitere Beschäftigung für sie hatte.

Unterstützung bekam Brück dieses Mal beim Inga-Team der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg. "Inga" steht für "interne ganzheitliche Integrationsberatung". Damit sollen gezielt solche Arbeitslose beraten werden, die potenziell schwieriger zu vermitteln sind als andere. "Das können ältere Arbeitslose sein oder wenig qualifizierte Menschen", sagt Jörg Brügge, stellvertretender Leiter des Inga-Teams. Die Arbeitslosen werden hier wöchentlich beraten. Zusätzlich gebe es unter anderem EDV-Seminare und Trainings für Bewerbungsgespräche. Ein erster Schritt in Richtung einer besseren Betreuung Langzeitarbeitsloser?

Dass im Inga-Team deutlich weniger Arbeitslose auf einen Betreuer kommen, könnte langfristig zu einem größeren Erfolg bei der Vermittlung führen. 13 Inga-Vermittler in Bonn und Siegburg sind für 900 Kunden zuständig - ein Betreuer pro 70 Arbeitslose. Von Januar bis heute vermittelten sie knapp 600 Menschen in Jobs. Der Betreuungsschlüssel bei der normalen Beratung unterliegt laut Arbeitsagentur starken Schwankungen: Im Schnitt liege er bei 250 Arbeitslosen pro Betreuer - erheblich höher als im Inga-Team. Allerdings seien dabei auch Kunden, die keine Betreuung brauchten , so die Agentur für Arbeit.

Bei der klassischen Beratung der Arbeitsagentur dagegen sei man sehr auf sich selbst gestellt, sagt Anette Brück. Das versuchen in Deutschland vor allem die Sozialverbände aufzufangen. So betreiben der Caritasverband der Stadt Bonn und das Diakonische Werk in Tannenbusch eine Erwerbslosenberatungsstelle. Auch mit dem Projekt "KostBar" fördert der Caritasverband Arbeitslose. Hier kochen die Arbeitslosen Suppen und verkaufen sie. Beim Caritasverband sieht man die eigene Aufgabe in der Ergänzung des Angebots der Arbeitsagentur.

Dennoch: Der Deutsche Caritasverband fordert schon lange, dass die Integration arbeitsmarktferner Menschen politisch mehr in den Fokus genommen werden müsse. "Langzeitarbeitslosigkeit ist für die Gesellschaft ein massives Problem", sagt Mechthild Greten vom Caritasverband für die Stadt Bonn. "Da bleibt ein großes Potenzial ungenutzt."

Mit dem Inga-Team versuchen die Arbeitsagenturen auch selbst den Schritt in Richtung einer Beratung zu gehen, bei der der Mensch mehr im Mittelpunkt steht. Anette Brück hatte schon den Brief der Arbeitsagentur in den Händen, in dem ihr angekündigt wurde, dass sie ab Oktober Sozialhilfe bekommt. "Ich gehe doch nicht in Hartz IV", habe sie damals fest entschlossen zu sich gesagt - und hatte auch dank der Hilfe des Inga-Teams Erfolg: Einen Job gefunden hat sie erneut bei einer Zeitarbeitsfirma. Sie wird bei einem Immobilienunternehmen in Düsseldorf arbeiten.

Auch diese Stelle ist allerdings befristet. Sie arbeitet 30 Stunden in der Woche, werde aber übertariflich bezahlt. Anette Brück ist zuversichtlich: Den Anschluss ans Berufsleben verliere sie so auf jeden Fall nicht. "Wer konsequent an sich und seinen Einstellungen arbeitet, wird Hartz IV umgehen", sagt sie.

Man dürfe den Erfolg nicht von den Bewerbungen abhängig machen, rät sie anderen Arbeitssuchenden. "Wichtig ist, sich mit dem Ziel einer neuen Arbeitsstelle vor Augen immer weiter zu bewerben, neuen Ideen nachzugehen und mit anderen darüber zu reden", so Brück. Sie hat die Hoffnung, dass es dieses Mal klappt und sie es nach zwei Jahren bei der Zeitarbeitsfirma in eine unbefristete Beschäftigung schafft. Dann hofft sie, sich bald auch mal wieder eine Reise leisten zu können.

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