Bonner Polizei: Fünf bis sechs Fälle im Monat 1160 Euro für eine Wohnungsbesichtigung

BONN · Es klingt zu schön, um wahr zu sein: 63 Quadratmeter, zwei Zimmer, möbliert wie im Hotel, für nur 350 Euro Kaltmiete in der Bonner Südstadt. Die Wohnungsanzeige, die erst vor Kurzem auf dem Immobilienportal Immobilienscout24 zu finden war, ist für Wohnungssuchende äußerst verlockend.

 Begehrte Wohnlagen: Bonner Südstadt.

Begehrte Wohnlagen: Bonner Südstadt.

Foto: Horst Müller

Bei der ersten Kontaktaufnahme schreibt der Anbieter in einer Mail: "Der Ort ist mit Klimaanlage, Geschirrspüler, Herd, Kühlschrank, Waschmaschine, LED-TV, Staubsauger usw. ausgestattet.

Die Nebenkosten (Wasser, Strom, WLAN, Digital-TV, ein Garagenplatz) werden in der Warmmiete von 460 Euro pro Monat inklusive." Die Mail ist lang. Der Anbieter beschreibt darin in gebrochenem Deutsch nämlich nicht nur die Wohnung, sondern auch sich selbst und auch gleich seine kompletten Familienverhältnisse.

Doch in Wahrheit gibt es Jakob Streckenbach - wie sich der Anbieter bei diesem Beispiel nennt - überhaupt nicht. Wonach sich jeder Wohnungssuchende sehnt, bleibt nur ein Traum.

Die Wohnung existiert vermutlich auch nicht - auf jeden Fall nicht in Bonn. Die Fotos und die Wohnungsbeschreibungen seien meist von anderen Internetseiten geklaut, erklärt die Sprecherin der Bonner Polizei, Daniela Lindemann.

Die Täter erstellen die Anzeigen ausschließlich, um an das Geld der Interessenten zu kommen. Denn möchte jemand die Wohnung besichtigen, die der Betrüger zuvor angepriesen hat, kommt der Haken: "Ich bin ein 44-jährige Arzt aus London / Großbritannien.

Leider ist mein Job mir nicht erlauben, jede Wander für die nächsten paar Monate, so dass ich nicht in der Lage, sich persönlich für eine Weile kommen und Sie zu treffen", schreibt der angebliche Wohnungsinhaber schwer verständlich weiter. Er würde jedoch die Schlüssel schicken.

Im Gegenzug will er 1160 Euro - Kaution und die erste Monatsmiete. Wenn die Wohnung nicht den Vorstellungen entspreche, schicke er das Geld zurück.

Er schmückt seine Geschichte noch weiter aus: Die Wohnung habe er von seinem verstorbenen Großvater geerbt und er habe keine Verwendung dafür.

Seit etwa ein bis zwei Jahren ist die Masche, die auch Vorkassebetrug genannt wird, bekannt. Auch in Bonn gibt es etwa fünf bis sechs Fälle im Monat. "Es handelt sich hier jedoch eher um Einzelfälle", erklärt Lindemann. "Die meisten Interessenten schöpfen Verdacht und überweisen kein Geld."

Typisch für die Anzeigen: Die einzige Möglichkeit, den Anbieter zu kontaktieren, ist per Mail. Eine Telefonnummer gibt es nicht. Die Täter benutzen E-Mail-Adressen unter falschem Namen und schreiben meist auf Englisch oder schlechtem Deutsch. Nach dem zweiten Versuch, einen Besichtigungstermin auch ohne vorherige Bezahlung zu bekommen, antwortet der angebliche Besitzer Jakob Streckenbach nicht mehr.

Nur eineinhalb Stunden später folgt eine Mail des Immobilienportals Immobilienscout24: "Das Angebot wurde von einem potenziellen Betrüger eingestellt", heißt es mit dem Hinweis, dass die Anzeige bereits gelöscht wurde.

Die Polizei vermutet die Betrüger im Ausland, das Vorgehen ist immer das gleiche. "Die Ermittlungen gestalten sich langwierig und schwierig", erklärt Lindemann.

Um Wohnungsbetrügern nicht auf den Leim zu gehen, rät sie bei solchen "unglaublichen" Angeboten, misstrauisch zu sein und keinesfalls Geld zu überweisen, wenn vorher mit dem Anbieter kein persönliches Gespräch stattgefunden habe.

Portalbetreiber empfehlen auch immer zu prüfen, welcher Mietpreis in der betroffenen Region realistisch sei. Wer sein Geld zum Beispiel per Western Union an die Betrüger überweise, sehe es nie wieder.

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