Millionenfalle Der bizarre Prozess hat viele Beteiligte und Beobachter

Bonn · Der vor dem Landgericht Bonn laufende Prozess ist nur scheinbar eine lokale Veranstaltung.

Aus zweierlei Gründen: Die wirtschaftlichen Träger der Sparkasse Köln Bonn sind die Städte Köln (zu 70 Prozent) und Bonn (30 Prozent). Käme es zu einem Vergleich von - zum Beispiel - 20 zu 80 (Sparkasse zu Stadt), müsste die Sparkasse 20 Prozent von rund 86 Millionen Euro aus der WCCB-Bürgschaft selbst schultern, also 17,2 Millionen. Das schmälert den Gewinn und damit eine mögliche anteilige Ausschüttung an die beteiligten Kommunen. Insofern hätte auch die Stadt Köln wirtschaftliche Nachteile bei einem Vergleich und wäre am Bonner WCCB-Millionengrab "beteiligt".

Die Stadt Bonn wäre doppelt betroffen: Einmal direkt durch den quotalen Vergleich, zum anderen indirekt durch die 30-Prozent-Beteiligung an der Sparkasse. Insofern eine bizarre Situation: Die Stadt Bonn ist einerseits Beklagte, andererseits sitzt sie zu 30 Prozent auf der Bank des Klägers (Sparkasse).

Der strittige Sachverhalt um das EU-Beihilferecht interessiert nicht nur Juristen. Ein Urteil zugunsten der Stadt Bonn hätte möglicherweise bundesweite Folgen, da in Deutschland viele politisch gewünschte Leuchtturm-Projekte mit kommunalen Bürgschaften realisiert wurden. Häufig sind dazu die Sparkassen vor Ort der Finanzierungspartner. Vermutlich geriete durch ein Pro-Bonn-Urteil mancher mit Bürgschaft abgefederte Kredit nachträglich ins juristische Visier.

Vor diesem Hintergrund gab es im Vorfeld des Bürgschaftsstreits ungewöhnliche Aktivitäten. So war etwa der Sparkassen- und Giroverband stark an einer außergerichtlichen Klärung interessiert. Dies gilt ebenso für die Bezirksregierung Köln: Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) drängte ihren Parteifreund und Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch dazu, sich mit der Sparkasse gütlich zu einigen, um somit unwägbare Risiken für Dritte von Anfang an auszuschließen. Als der seinen Kurs nicht änderte, lud sie die Fraktionsvorsitzenden der Bonner Ratsparteien nach Köln ein, damit die sich für eine "einvernehmliche Lösung" einsetzen. Vergeblich. Bernhard Wimmer, Chef des Bürger Bund Bonn, argwöhnte: "Die Regierungspräsidentin will offensichtlich vermeiden, dass im Rahmen eines Gerichtsverfahrens endlich die Fakten auf den Tisch kommen und klar wird, welche Rolle Frau Dieckmann (Ex-OB Bonn/Anm. d. Red.) in den Gremien der Sparkasse KölnBonn gespielt hat."

OB Nimptsch, der 2015 nicht mehr zur Wiederwahl antritt, nimmt keine politischen Rücksichten mehr und verfolgt, getrieben von der eigenen Haushaltsnot, jeden Weg, der den städtischen Schaden aus dem WCCB-Desaster verkleinert. Somit blieb für die Sparkasse nur der Weg zur Klage.

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