Rechnungsprüfungsamt "Wir sind das Hilfsprüfungsorgan der Politiker"

BONN · Das Rechnungsprüfungsamt kontrolliert alle städtischen Bilanzen und erfüllt Arbeitsaufträge des Stadtrats wie den Fall WCCB.

Seit der Bauskandal um das World Conference Center Bonn (WCCB) das Vertrauen von Bürgern und Politikern in die Verwaltung erschütterte, wird vor allem bei großen Bauprojekten schnell öffentliche Skepsis laut. Wie jetzt im Fall der geplanten fünften Gesamtschule, die im städtischen Haushalt mit 33 Millionen Euro zu Buche schlagen soll. Im Fall des WCCB hatte das städtische Rechnungsprüfungsamt (RPA) anschließend ein für städtische Beteiligte verheerendes Urteil über das Kostencontrolling gefällt.

Inwieweit ist das RPA eigentlich im Vorfeld mit solchen Projekten befasst? Und was sind seine Aufgaben? Tatsächlich regelt die Rechnungsprüfungsordnung der Stadt, dass das RPA auch die Aufgabe hat, "die wirtschaftliche Prüfung von Plänen und Kostenberechnungen zu Investitionsvorhaben" zu prüfen. Aber, so erklärt RPA-Chef Wilhelm Friedrich Neuhaus: "Wir sind nur in vergaberechtlicher Hinsicht eingebunden." Die "Zweckhaftigkeit, Sinnhaftigkeit und Auskömmlichkeit" prüfe das zuständige Fachamt.

Das bedeutet, übertragen auf das WCCB, dass das RPA vor und während der Bauphase für nichts zuständig war. Weder für die Auswahl des Investors, noch für die Prüfung von Baurechnungen oder Businessplänen - aus einem einfachen Grund: Das WCCB war formal ein privates Projekt.

Zu tun haben die 27 Prüferinnen und Prüfer des RPA reichlich, denn ihr Aufgabengebiet ist groß: So müssen unter anderem nicht nur alle Jahresabschlüsse, sondern auch die Kassengeschäfte der Stadt laufend geprüft werden. Und wenn der Stadtrat dem gegenüber der Verwaltung unabhängigen RPA einen Prüfauftrag wie für das WCCB erteilt, dann "bindet uns das zeitlich und kräftemäßig stark", so Neuhaus. "Wir sind das Hilfsprüfungsorgan der Politiker."

Wie viel Arbeit am Ende in einem Prüfbericht steckt, zeigen allein die drei WCCB-Reporte, insgesamt viele hundert Seiten stark, "die für das RPA", so Neuhaus, "eine besondere Herausforderung darstellten". Das Projekt beschäftigt die RPA-Prüfer indes weiter; "wir sind begleitend tätig in Bezug auf den Baufortschritt des WCCB", sagt Neuhaus.

Hat das RPA einen vom Rat beauftragten Prüfauftrag abgearbeitet, sind die Ergebnisse geheim, gleichwohl sind alle 80 Stadtratsmitglieder daran sehr interessiert. Neuhaus macht deutlich, dass nur er über den Kreis der direkten Empfänger bestimmt, so wie es auch die Rechnungsprüfungsordnung vorsieht.

Ende 2013 kursierte der dritte WCCB-Report des RPA, diesmal unter anderem über die Verwendung des städtischen Marketingzuschusses. Viele reportberechtigte Stadtverordnete äußerten ihren Unmut darüber, dass sie den Bericht in der RatsCloud zwar auf ihrem iPad lesen, ihn aber nicht ausdrucken und weitersenden konnten. Daher fragte der General-Anzeiger: "Warum hat Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) die Geheimhaltungsstufe nochmals angezogen?"

Dies beruhte auf einer irrigen Annahme, wie sich inzwischen herausstellte. Denn tatsächlich hatte das RPA die Einschränkung der Verfügbarkeit des Reports zuständigkeitshalber selbst angeordnet. Wenn Inhalte der nicht-öffentlichen WCCB-Berichte doch Personen oder Institutionen erreichen, die dem vom RPA ausgewählten Empfängerkreis nicht angehören, liegt dies außerhalb der RPA-Zuständigkeit. Empfänger dürfen den Bericht offiziell nicht weitergeben, gleichwohl gelangen brisante Prüfergebnisse in der Regel in die Medien und damit in die Öffentlichkeit. Neuhaus stellt dazu fest: "Wenn sich jemand darüber hinwegsetzt, trägt er dafür auch die Verantwortung."

Das bekam im Mai 2010 der Grünen-Politiker Peter Finger zu spüren. Der hatte den ersten vertraulichen WCCB-Report des RPA in eine laufende WDR-Kamera gehalten. Für diesen "Vertrauensbruch", so die städtische Auffassung, wurde er schließlich mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 250 Euro belegt.

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