Kommentar WCCB-Prozess - Koste es, was es wolle

Bonn · Eine Hoffnung vieler am WCCB-Skandal Interessierter oder Beteiligter, so verständlich sie sein mag, ist naiv. Die Hoffnung nämlich, dass mit einem Gerichtsurteil Frieden einkehrt, Rechtsfrieden, Seelenfrieden, Verständigung und auch noch Gerechtigkeit. Das ist eine unerfüllbare Erwartung, das kann kein Gericht der Welt leisten.

Das Landgericht Bonn hat gestern das Verfahren gegen Bonns früheren Stadtdirektor Arno Hübner und gegen die städtische WCCB-Projektleiterin Eva-Maria Zwiebler gegen Zahlung von Geldauflagen eingestellt. Das ist kein Urteil (und damit auch keine Verurteilung), das ist aber auch kein Freispruch.

Wenn die Justiz wegen personeller Unterbesetzung nicht mehr in der Lage ist, zeitnah zu urteilen, schmälert das allein schon das Ansehen des Rechtsstaats. Für Hübner und Zwiebler hat das überlange Verfahren, das mit den Ermittlungen vor sechs Jahren begann, nun endlich ein Ende.

Beide sind durch die Vorwürfe und die Verfahrensdauer gesundheitlich geschädigt, salopp würde man sagen: genug bestraft. Nach dem Verlauf der Beweisaufnahme wäre eine Verurteilung wegen Betruges "nicht wahrscheinlich" gewesen, wie es der Vorsitzende Richter formulierte. Dem Vorwurf der Untreue hätte das Gericht nur mit unangemessen hohem Zeitaufwand nachgehen können. Eine mögliche persönliche Schuld der Angeklagten wäre, wenn überhaupt, gering ausgefallen, persönliche Bereicherung oder ähnliche Vorwürfe gab es gar nicht. Die Einstellung des Verfahrens "bezahlen" Hübner und Zwiebler trotz aller fortgeltenden Unschuldsvermutung mit dem Verzicht auf einen Freispruch.

Das Gericht hat zur Befriedung getan, was es konnte. Den Anspruch auf umfassende Klärung und damit "Reinigung" der Affäre konnte es nicht erfüllen. Denn das geht mit juristischen Mitteln nur teilweise. Der Investor, die eigentliche Ursache des Skandals, ist rechtskräftig verurteilt, ein weiteres strafrechtliches Verfahren steht an. Das heißt: Die WCCB-Affäre ist seit gestern nicht beendet. Sie kann auch nur annähernd beendet werden, wenn politisch aufgearbeitet wird, was juristisch nicht aufzuarbeiten ist: Die politische Verantwortung hat die Stadtspitze, insbesondere die damalige Oberbürgermeisterin. Doch dazu hat sie sich nicht klar genug bekannt.

Kaum einer wird den auf städtischer Seite Beteiligten Absicht unterstellen wollen. Wohl aber den Wunsch, das Projekt unbedingt - koste es, was es wolle - zum Erfolg zu führen. Das führte zu Blindheit und Überforderung, manchmal gar verbunden mit Dummheit. Das begann mit dem Namen des Investors, den man mit dem Weltkonzern Hyundai gleich setzte. Dummheit ist bekanntlich nicht strafbar. Aber teuer.

Und so passt es dann wie die Faust aufs Auge: dass die Stadt - aus Gründen der Fürsorge für ihre Mitarbeiter - zum Verfahrensende noch einmal tief in die Tasche (des Steuerzahlers) greift und die Verteidigerkosten übernimmt - und dass es noch nicht einmal den Versuch gab, diese unglaublich hohen Kosten zu deckeln. Aus Schaden wird man klug? In Bonn bisher nicht.

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