WCCB: Verfahrenseinstellung Um 8.15 Uhr ist alles vorbei

BONN · Die WCCB Wirtschaftsstrafkammer stellt das Verfahren gegen Arno Hübner und Eva-Maria Zwiebler ein. Als Gründe für ihre Zustimmung geben beide an, die Belastung beenden zu wollen. Nebenabrede ein Fall für Brüssel?

Nach knapp 15 Minuten ist alles vorbei: Um kurz nach 8 Uhr stimmen die beiden früheren städtischen WCCB-Beauftragten Arno Hübner und Eva-Maria Zwiebler der von der Wirtschaftsstrafkammer am 9. Juni vorgeschlagenen Verfahrenseinstellung zu - gegen Zahlung der Geldauflagen, die das Gesetz bei einer Einstellung nach Paragraf 153a StPO (Strafprozessordnung) vorsieht.

Nicht bereit und auch nicht in der Lage aber wären sie ihren Verteidigern zufolge, die Anwaltskosten von insgesamt 842 225 Euro zu zahlen, die seit Beginn der Ermittlungen im Spätsommer 2009 angefallen sind. Das müssen sie nun auch nicht: In einer Nachtsitzung stimmte der Stadtrat zuvor mit den Stimmen von SPD und CDU dafür, diese Kosten zu übernehmen.

Eine Entscheidung, die beim grünen Koalitionspartner auf massive Kritik stößt. Der hatte die Übernahme der kompletten Anwaltskosten genauso abgelehnt wie der Bürger Bund Bonn und die Linke. Und auch FDP, AfD und Piraten tragen die Entscheidung nicht mit: Sie enthielten sich.

Doch das spielt an diesem 19. und letzten Prozesstag für Hübner und Zwiebler keine Rolle. Für sie endet nun nach nahezu sechs Jahren ein Verfahren, in dem ihnen massive Vorwürfe gemacht wurden: Besonders schweren Betrug und schwere Untreue, im Fall Zwieblers Beihilfe zur Untreue, sollten sie begangen haben, um dem Projekt WCCB zum Erfolg zu verhelfen.

Um die öffentlichen Millionenzuschüsse zu erhalten, sollen sie eine sichere Finanzierung durch Investor Man-Ki Kim vorgetäuscht haben. Und die vom Rat unterzeichnete Nebenabrede, mit der die Stadt sich gegenüber der Sparkasse zur Bürgschaft im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Investors verpflichtete, soll Hübner mit Zwieblers Hilfe nur mittels Täuschung erwirkt haben. Das alles ist nun Vergangenheit.

Denn das Gericht hält aufgrund von Zeugenaussagen eine Verurteilung wegen Betruges für eher unwahrscheinlich und eine, wenn überhaupt, nur nach langwieriger weiterer Beweisaufnahme nachweisbare Untreue für sehr geringfügig. So gibt Kammervorsitzender Jens Rausch nun um 8.10 Uhr zu Protokoll: Das Verfahren wird vorläufig eingestellt.

Und wenn Hübner seine 20.000 und Zwiebler ihre 15.000 Euro in einem Monat gezahlt haben, werden die Akten endgültig zugeklappt. Diese Auflagen, so erklärt Rausch getreu dem Gesetzestext, seien dazu geeignet, "das öffentliche Interesse an einer Strafverfolgung zu beseitigen". Die Kosten des Verfahrens, also die der Justiz, zahlt die Landeskasse, stellt Rausch noch fest. Und: "Das Verfahren ist beendet, die Sitzung ist geschlossen."

Es ist 8.15 Uhr, als alle den Gerichtssaal verlassen, nicht ohne sich höflich mit Handschlag auch von Staatsanwalt Timo Hetzel zu verabschieden. Dann eilt Hübner mit starrer Miene allein aus dem Gebäude, Zwiebler steht noch eine Weile mit Angehörigen vor dem Saal. Und lächelt zum ersten Mal.

Mit dem vorzeitigen Prozessende bleibt eine zentrale Frage unbeantwortet: Wer entschied auf Seiten der Verwaltung, nachdem die Sparkasse einen Kredit für WCCB-Investor Man-Ki Kim verweigert hatte, dass die Stadt die 100-Millionen-Bürgschaft übernimmt und damit alle Risiken? Richter Rausch hatte am letzten von 120 Verhandlungstagen im Kim-Prozess dazu angemerkt: "Es gab ein Gespräch zwischen WCCB-Projektleiter Arno Hübner, OB Bärbel Dieckmann und Sparkassenchef Gustav Adolf Schröder, weitere Erkenntnisse hat das Gericht nicht." Kims Verteidiger Walther Graf erklärte damals: "Wir sind enttäuscht, aber nicht überrascht. Der Prozessverlauf hat gezeigt, dass sich Kims Befürchtungen, zum Sündenbock für das WCCB-Desaster zu werden, bewahrheitet haben."

Auch im dritten und letzten WCCB-Strafverfahren gegen den WCCB-Bauchef und drei Mitarbeiter des Städtischen Gebäudemanagements dürfte es kaum mehr um die städtische Bürgschaft gehen, die zurzeit eine Bonner Zivilkammer beschäftigt (siehe nebenstehenden Text). Im dritten Strafprozess geht es um gewöhnliche Korruption auf der Baustelle. Nach GA-Informationen könnte dieser noch in diesem Jahr beginnen.

Auszüge aus Zwieblers und Hübners Erklärungen

Nach Prozessende erklärt Zwiebler schriftlich: "Seit August 2009, also seit fast sechs Jahren, habe ich mit der Belastung leben müssen, dass gegen mich strafrechtlich ermittelt wurde, dass ich tatsächlich angeklagt und das Hauptverfahren wegen Betruges und Beihilfe zur Untreue gegen mich eröffnet wurde.

Diesen Alptraum habe ich mit der Zustimmung heute beendet, obwohl ich zuversichtlich bin, dass wie beim Betrugsvorwurf auch der weitere Anklagepunkt - meine Beihilfe zur angeblichen Untreue bei der Nebenabrede - von der Kammer mit einem Freispruch aus der Welt geschafft worden wäre. Dafür hätte ich allerdings unzählige weitere Verhandlungstage mit Urkundenverlesungen und Zeugenbefragungen ertragen müssen!

Ein Ende dieser von mir als Folter empfundenen Gerichtsverhandlungen wäre jedenfalls in diesem Jahr nicht mehr in Sichtweite gewesen. Dies möchte ich mir und auch meiner Familie, die mit mir gelitten hat, ersparen." Die Ausführungen des Richters am 9. Juni, so erklärt sie, "habe ich für mich als Freispruch gewertet, und ich bin auch weiterhin offiziell weiter unschuldig". Und: "Die Geldauflage muss und werde ich hinnehmen, (...) ohne eine Schuld bei mir zu erkennen."

Für Hübner erklärt Verteidiger Stefan Hiebl: "Diese Form der Verfahrenseinstellung ist mit keinerlei Schuldfeststellungen verbunden. Ganz im Gegenteil: Die Unschuldsvermutung streitet in vollem Umfang für Herrn Hübner fort. Die Verfahrenseinstellung wird auch nirgendwo eingetragen. Insoweit handelt es sich um ein optimales Ergebnis, welches in seinen Auswirkungen einem Freispruch gleichsteht.

Das Gericht hatte (...) deutlich gemacht, dass sich die Betrugsvorwürfe nicht bestätigt haben. Insoweit ist Herr Hübner in vollem Umfang rehabilitiert. Die Verteidigung ist sich sicher, dass auch hinsichtlich des Vorwurfes der Untreue am Ende nur ein Freispruch stehen kann. Gleichwohl ist Herr Hübner auf den Vorschlag des Gerichts eingegangen. Der entscheidende Grund liegt darin, dass die Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO letztlich (...) einem Freispruch gleichsteht. Mehr als die Fortgeltung der Unschuldsvermutung kann man in einem Strafverfahren nicht erreichen. Unschuldiger als unschuldig gibt es nicht."

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