WCCB-Skandal Ratsmehrheit wirft Jürgen Nimptsch "rechtswidriges Verhalten" vor

BONN · Von vorweihnachtlicher Freude ist im Rathaus wenig zu spüren. Zwei Tage vor der letzten Ratssitzung 2013 ist die Stimmung auf dem Nullpunkt. Grund: der jüngste Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) zum World Conference Center Bonn (WCCB) und zu den städtischen Marketingzuschüssen.

Er hat die Parteien erneut gegeneinander aufgebracht. Schwere Kritik und Vorwürfe muss sich vor allem Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) seitens der schwarz-grünen Ratsmehrheit gefallen lassen.

Sie wirft ihm unter anderem vor, den geheimen Report "rechtswidrig" an die Anwälte der Agentur Kreativ Konzept übergeben zu haben und will von der Verwaltung nun geprüft haben, ob dieses Handeln des OB strafrechtlich relevant ist. Zu diesem Zweck seien die Unterlagen auch der Staatsanwaltschaft zur Bewertung zuzuleiten. Auf GA-Nachfrage war bei der Staatsanwaltschaft Bonn dazu keine Stellungnahme zu erhalten.

Bei der Agentur handelt es sich um ein Unternehmen, das nicht nur mit städtischem Zuschuss finanzierte WCCB-Aufträge erhalten hat, sondern auch die OB-Wahlkämpfe 2004 für Bärbel Dieckmann und 2009 für Nimptsch organisierte. "Der OB hat geheime Unterlagen an einen Dienstleister weitergegeben, dessen er sich einst selbst bedient hat", kritisierte Grünen-Fraktionssprecherin Dorothee Paß-Weingartz auf einer Pressekonferenz mit der CDU.

Doch diese "Verwicklungen" könne man nicht mehr nachvollziehen, weil die Stadt damals versäumt habe, für die mit dem Marketing beauftragte WCCB Management GmbH einen Zuwendungsbescheid zu erstellen. Nur ein solcher Bescheid hätte einen Blick in die Bücher ermöglicht. "Ein schwerwiegender Fehler", meinte Paß-Weingartz.

"Ich beteilige mich nicht an Spekulationen", sagte CDU-Fraktionschef Klaus-Peter Gilles. "Aber offensichtlich hat es niemand für nötig gehalten, Geschäftsvorgänge zwischen der Management GmbH und der Agentur ordentlich zu dokumentieren." Wie berichtet, haben die städtischen Prüfer erhebliche Versäumnisse in Bezug auf eine ordnungsgemäße Abwicklung des Marketingzuschusses festgestellt (siehe Infokasten). In einem Änderungsantrag für die Ratssitzung am Donnerstag fordert Schwarz-Grün unter anderem:

Der Stadtrat soll Nimptsch wegen der Weitergabe des RPA-Reports an Dritte rügen.

Der gesamte Vorgang soll der Bezirksregierung Köln übermittelt werden, um gegebenenfalls zivilrechtliche Schritte einzuleiten.

Die Verwaltung soll darstellen, welche Konsequenzen sie aus den Feststellungen des RPA für die ruhenden Disziplinarverfahren im Zusammenhang mit der WCCB-Affäre ziehen wird. Betroffen davon wären der frühere SGB-Chef Friedhelm Naujoks und zwei seiner damaligen Mitarbeiter, Ex-Stadtdirektor Arno Hübner und Bürgeramtsleiterin Eva-Maria Zwiebler (siehe Text unten).

SPD-Fraktionsvorsitzende Bärbel Richter kritisierte, durch den Prüfbericht "sechs Monate vor der Kommunalwahl" werde ein Bezug zur SPD hergestellt, der nicht angemessen, sondern "politisch motiviert" sei. "Das ärgert mich zutiefst." Ihr Stellvertreter, Helmut Redeker, selbst Jurist, sieht in der Weitergabe des Reports an Kreativ Konzept kein strafrechtlich relevantes Handeln, sondern hält es für selbstverständlich, dass die Stadtspitze die im Bericht erwähnten Personen um eine Stellungnahme bittet.

"Dazu ist sie verpflichtet." Redeker teilt die Auffassung der Prüfer, dass seitens der Verwaltung damals "viele Fehler gemacht wurden". Er verweist aber darauf, dass das RPA in seiner Schlussbemerkung erkläre, es habe sich nicht der "Eindruck aufgedrängt, dass Leistungen der Agentur in unzureichender Form oder zu einem nicht angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis erbracht worden wären".

Der Prüfauftrag

Das RPA sollte prüfen, ob der gezahlte Marketingzuschuss von jährlich einer Million Euro an die WCCB Management GmbH "auf der Grundlage von detaillierten Verwendungsnachweisen" erfolgte. Auch sollte das RPA prüfen, welcher Anteil der Aufträge an Kreativ Konzept vergeben wurde. Die Ergebnisse: 44,18 Prozent des gezahlten Zuschusses sind, so das RPA, "als zweckentsprechend im Sinne des von der Verwaltung “im Grundsatz auf strategische Plausibilität„ geprüften Konzepts nachgewiesen worden." Davon gingen rund 57 Prozent an die Agentur. Ein Großteil der Gesamtzahlungen seien "nicht belegte, allgemeine Personalkosten" gewesen

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