Sparkasse vs. Stadt Bonn Politiker hoffen auf außergerichtliche Einigung

BONN · Ob die Sparkasse KölnBonn eigenmächtig die Stadt Bonn verklagt oder erst auf Initiative des städtischen Rechtsanwalts, ist unerheblich: Eines der für die Öffentlichkeit auf Anhieb unverständlichsten Themen im weiten Problemfeld rund um das World Conference Center Bonn (WCCB) wird wahrscheinlich vor Gericht entschieden.

Sofern man sich nicht außergerichtlich, wie einige Fraktionschefs (siehe Stimmen) hoffen oder empfehlen, einigt. Allein der Streitwert, der nach GA-Informationen bei mindestens 80 Millionen Euro liegt, würde im Fall einer streitigen Auseinandersetzung die Prozesskosten in eine Höhe treiben, die für einen möglichen Verlierer "Stadt Bonn" zusätzlichen Haushaltsstress bedeuten würde.

Bei dem Streit dreht es sich um eine bürgschaftsähnliche Nebenabrede. Die wurde im November 2005 aus Sicht der Sparkasse KölnBonn fällig, wenn der WCCB-Investor Man-Ki Kim einen Kredit über 74,3 Millionen Euro erhalten soll. Wie in der seit September 2009 laufenden Gerichtsverhandlung bekannt wurde, konnte die Sparkasse keine Bonitätsprüfung bei Kims Firma SMI Hyundai Corporation durchführen, weil keine oder nur unvollständige Bilanzen vorgelegt wurden.

Ohne Kredit keine gesicherte Finanzierung und ohne gesicherte Finanzierung kein NRW-Zuschuss und auch kein WCCB-Baubeginn: So stellte sich die Lage im November 2005 der Stadt Bonn dar. Deshalb erfüllte die Stadt die Forderung der Sparkasse: Einen Kredit für Kim gibt es nur mit einer städtischen Bürgschaft in der vollen Kredithöhe von 74,3 Millionen Euro. Schließlich sollte Kim vertragsgemäß noch 40 Millionen Eigenkapital beisteuern.

Das Projekt geriet jedoch in den Jahren 2006 bis 2009 und fernab der Öffentlichkeit auf die schiefe Bahn. Kim konnte zunächst nur ein Viertel seines Eigenkapitals nachweisen, weshalb die Sparkasse das fehlende Eigenkapital vorfinanzierte. Später verpfändete Kim WCCB-Anteile an Arazim (Zypern) und verkaufte sie zugleich Honua (Hawaii). Zu welchem Zeitpunkt die Sparkasse und die Stadt Bonn davon wussten, wurde bisher vor Gericht noch nicht widerspruchsfrei aufgeklärt.

Als im Frühjahr 2009 auf der WCCB-Baustelle das Geld auszugehen drohte, weil die Planungs- und Baukosten sich um 60 Millionen erhöht hatten, begründeten dies der städtische WCCB-Controller Friedhelm Naujoks und WCCB-Bauunternehmer Young-Ho Hong mit mysteriösen, weil nicht schlüssigen Argumenten (siehe Millionenfalle 8). Erstmals regten sich damals Zweifel im Stadtrat, der daraufhin eine Überprüfung des Projekts durch das Rechnungsprüfungsamt (RPA) beauftragte.

Um einen Baustopp zu verhindern, plädierte die ehemalige OB Bärbel Dieckmann für eine frische Geldspritze für das Projekt. Für weitere 30 Millionen sollte die Stadt mit einer zusätzlichen Nebenabrede bürgen, nochmal 30 Millionen sollten vom neuen Investor Honua kommen. Der Stadtrat willigte ein.

Jedoch wussten die Kommunalpolitiker nicht, dass von den "frischen 30 Millionen" 14,3 Millionen bei der Sparkasse blieben, die damit das fehlende Eigenkapital Kims ausglich. Somit wanderten im Frühsommer 2009 lediglich 15,7 Millionen zur Baustelle, um diese am Leben zu halten. Am 5. August 2009 entschied das Landgericht vorläufig, dass 94 Prozent der WCCB-Anteile Arazim und nicht Honua gehören, weshalb Honua auch keine 30 Millionen aus Hawaii nach Bonn überwies.

Als im September 2009 Geld und Lichter auf der WCCB-Baustelle endgültig ausgingen, zahlreichen Insolvenzen bundesweite Razzien und eine Verhaftungswelle folgten, glich das WCCB einem Tollhaus, durch das keiner mehr durchblickte. Jedoch ging aus diversen Dokumenten, die dem GA vorlagen, hervor, dass die Stadt Bonn gegenüber der Sparkasse aus den Nebenabreden mit insgesamt 104,3 Millionen zuzüglich Zinsen haftete.

Im April 2010 bestätigten die RPA-Prüfer nicht nur das, sondern dokumentierten, dass die Verwaltungsspitze andere Nebenabreden mit der Sparkasse unterzeichnet hatte als jene, zu der der Rat sie ermächtigt hatte.

OB Nimptsch verfolgte zunächst die Strategie, die Nebenabreden im Rahmen eines EU-Notifizierungsverfahrens als Verstoß gegen das EU-Beihilferecht für ungültig erklären zu lassen. Doch das Verfahren kann nur der Bund beantragen, der jedoch durch die Griechenland-Krise andere Sorgen hatte.

Beide Seiten hatten zudem Gutachten fertigen lassen, die jeweils dem Auftraggeber recht gaben. Zwischenzeitlich verringerten sich zudem die 104,3 Millionen Euro um 39,6 Millionen, die die Stadt im Rahmen der Heimfall-Vereinbarung an die Sparkasse zahlte, um WCCB-Eigentümer zu werden. Seitdem ist das Grundproblem jedoch ungelöst. Nun soll ein deutsches Gericht quasi das EU-Verfahren ersetzen.

Stimmen der Parteien:
Klaus Peter Gilles (CDU-Fraktionschef): "Ich bedauere, dass es zu dieser Situation gekommen ist. Absurd, dass sich die Stadt als Miteigentümerin der Sparkasse mit dieser streiten muss, wie eine Mutter mit der eigenen Tochter."

Werner Hümmrich (FDP-Chef): "Ich kann nur an alle Beteiligten appellieren, sich außergerichtlich zu einigen. Ein Rechtsstreit kostet viel Geld, außerdem ist er in diesem Fall besonders schwierig."

Bernhard Wimmer (Vorsitzender Bürger Bund Bonn): "Das war zu erwarten. Die Sparkasse kann nicht anders. Sollte der Rechtsstreit gegen die Stadt ausgehen, glaube ich, dass die Stadt in dem Fall finanziell am Ende ist. Das Desaster haben wir der ehemaligen OB Bärbel Dieckmann zu verdanken."

Bärbel Richter ( SPD-Fraktionschefin): "Wir fänden es am besten, wenn sich Stadt und Sparkasse außergerichtlich einigen würden. Ich glaube, dass bei beiden, Sparkasse und Stadtverwaltung, der Druck im Kessel hoch ist."

Peter Finger (Sprecher Grünen-Fraktion): "Sollte die Stadt den Kredit wirklich zurückzahlen müssen, wird es finanziell noch sehr viel schwieriger als es zurzeit ohnehin schon ist. Ich glaube aber nicht, dass die Stadt dadurch in den Nothaushalt geraten muss. Wenn es zum Rechtsstreit kommt, wird eine Entscheidung frühestens in 2014 oder 2015 fallen."

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