WCCB in Bonn Nimptsch erläutert höhere WCCB-Kosten

BONN · Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch schlägt vor, das World Conference Center Bonn (WCCB) mit Hilfe eines Generalunternehmers zu Ende zu bauen. So soll sichergestellt werden, dass das skandalumwitterte Bauprojekt professionell gesteuert und möglichst schnell abgeschlossen werden kann. Die Stadtverwaltung kalkuliert für diesen Auftrag 5,7 Millionen Euro ein, berichtete Nimptsch am Samstag auf einer Pressekonferenz im Stadthaus.

Das Einschalten eines Generalunternehmers (zusätzlich zum Generalplaner) ist einer der Gründe für die Kostenexplosion beim WCCB. Noch im Februar hatte die Stadtverwaltung den Ratspolitikern erklärt, die Fertigstellung des Kongresszentrums einschließlich Parkhaus und Abgeordnetenhäusern werde mit 51,5 Millionen Euro zu Buche schlagen. Jetzt geht sie von rund 76,8 Millionen Euro aus. Über die Details hatte der Oberbürgermeister den WCCB-Unterausschuss am Freitag unter Ausschluss der Öffentlichkeit informiert.

Auch die Planungshonorare sind stark gestiegen, wie aus einem vertraulichen Papier der Verwaltung hervorgeht: Das habe damit zu tun, dass die Arbeitsgemeinschaft Heinle Wischer und Inros Lackner als Generalplaner im Auftrag der Stadt die WCCB-Baupläne komplett neu erstelle. Man verzichtet also auf die alten Unterlagen, für die Insolvenzverwalter Christopher Seagon offenbar zu viel Geld verlangt hat. Wie stark die Planungskosten steigen, bleibt unklar.

Die neue Rechnung der Stadt sieht so aus: Die reinen Baukosten für das Kongresszentrum betragen demnach 30,5 Millionen Euro. Dazu kommen vier Millionen für die Innenausstattung, 5,7 Millionen für den Generalunternehmer und 13,3 Millionen für Baunebenkosten wie Planung und Gutachten.

Weitere 2,2 Millionen Euro sollen die Außenanlagen kosten, die auch den UN-Sicherheitsstandards entsprechen müssen. Noch einmal 2,5 Millionen Euro werden fällig, wenn der große Saal - wie von den Vereinten Nationen gefordert - so aufgerüstet wird, dass er teilbar ist. Die Belastungsfähigkeit des Fußbodens im Foyer soll für 300.000 Euro erhöht, die Küche für 460.000 Euro umgeplant werden. Um unvorhergesehene Kostensteigerungen abzufangen, will die Stadtverwaltung einen Puffer von 7,5 Millionen Euro einbauen. Weitere 1,5 Millionen soll die Fassade des WCCB-Parkhauses kosten. Die Verwaltung empfiehlt aber, diesen Punkt vorerst zurückzustellen.

Mit noch einmal 8,7 Millionen Euro veranschlagt sie die Sanierung der benachbarten Ex-Abgeordnetenhäuser, zu der Bonn sich vertraglich verpflichtet hatte. Besonders erstaunlich: Noch am 5. Februar 2013 hatte die Stadt diese Kosten auf etwa die Hälfte beziffert - 4,4 Millionen Euro. "Die Bestandsaufnahme musste erst abgeschlossen werden", erklärte Marion Duisberg, stellvertretende Leiterin des Städtischen Gebäudemanagements (SGB). Die Häuser seien energetisch in einem "katastrophalen Zustand", und es seien Schadstoffe gefunden worden.

Allerdings: Die Kosten für die Abgeordnetenhäuser enthalten nach GA-Informationen eine weitere Million für unvorhergesehene Ausgaben. Der Risikopuffer liegt insgesamt also nicht wie von Nimptsch angegeben bei 7,5 Millionen, sondern bei 8,5 Millionen Euro. Auch sonst ist die Transparenz der öffentlichen Äußerungen begrenzt: Erst auf GA-Nachfrage stellte sich zum Beispiel heraus, dass alle Kostenangaben "netto" gemeint waren - also noch 19 Prozent Mehrwertsteuer hinzukommen. Das sind 14,6 Millionen Euro. Marion Duisberg zufolge hat die Kommune im Fall des WCCB aber ein Vorsteuerabzugsrecht. Dann bekäme die Stadt die Steuern zurückerstattet.

Die bisher genannten Gesamtkosten für die WCCB-Fertigstellung von 51 Millionen Euro beruhten laut Nimptsch auf einer Schätzung, die das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers 2010 für den "Heimfall" des Skandalprojektes angefertigt hatte. Eine fundierte Kostenschätzung sei aber erst möglich gewesen, nachdem der Generalplaner sich das Gebäude genau angeschaut habe. Mit den jetzt berechneten 76,8 Millionen Euro Gesamtkosten habe auch ihn eine "Aussage erwischt, die ich erst nicht glauben wollte", sagte Nimptsch am Samstag.

Kostentreiber wie die Teilbarkeit des WCCB-Saales waren im Februar allerdings längst bekannt. Und auch der Generalplaner hatte seine Bestandsaufnahme im Kongressgebäude schon im Januar abgeschlossen. Entsprechend empört reagierten viele Ratspolitiker, als sie von den neuen Zahlen erfuhren. Die schwarz-grüne Ratsmehrheit sprach von einem "Informationsdesaster".

"Wir erwarten, dass die Verwaltung mit dem OB an der Spitze die Vorgänge der letzten Monate aufklärt und Verantwortung übernimmt", forderten die Fraktionsvorsitzenden Klaus-Peter Gilles (CDU) und Peter Finger (Grüne). "Anders kann die notwendige Vertrauensbasis nicht wieder hergestellt werden." Die Koalition werde die Vorlagen der Verwaltung auf ihre Schlüssigkeit prüfen. Das kündigte auch Helmut Redeker als Fachsprecher der SPD an. Er begrüßte, dass erstmals eine "belastbare Aussage zu den Kosten" vorliege. Die Kostensteigerung werde für die Stadt "nur schwer zu stemmen sein". Die SPD erwarte von Nimptsch klarere Aussagen zu den Folgen für den Stadthaushalt.

Ursprünglich hatte der OB vor, schon nächsten Donnerstag mehrere WCCB-Beschlussvorlagen in den Rat einzubringen - obwohl die Politiker die umfangreichen Unterlagen mit den neuen Summen erst am Freitag im Unterausschuss überreicht bekamen. Über die Kostenexplosion hatte Nimptsch Mitte der Woche nur die Fraktionsvorsitzenden in Einzelgesprächen mündlich informiert.

Am Donnerstagabend veröffentlichte die Stadtverwaltung eine Pressemitteilung - man hatte offenbar mitbekommen, dass eine Veröffentlichung im General-Anzeiger unmittelbar bevorstand. Nimptsch weist den Vorwurf zurück, mit seinem ursprünglichen Zeitplan Druck für schnelle Entscheidungen aufgebaut zu haben. "Es war nicht beabsichtigt, nächste Woche irgendetwas durchzusetzen", sagte er am Samstag. Es liege im Ermessen der Politiker, wann der Rat entscheide. Die Fraktionen planen nun eine WCCB-Sondersitzung des Rates.

Der bisher vorgesehene WCCB-Eröffnungstermin im Sommer 2014 ist laut Stadtverwaltung nicht zu halten, wenn der große Saal teilbar sein soll. Wegen des nötigen Mehraufwandes sei dann mit einer Fertigstellung Anfang 2015 zu rechnen. Ohne Generalunternehmer würde es nach Stadtangaben sogar noch ein halbes Jahr länger dauern.

Generalunternehmer

Für große Bauprojekte einen Generalunternehmer zu beauftragen, ist ein übliches Verfahren. Dieser organisiert die gesamte Bauphase, beauftragt die Subunternehmer, koordiniert sämtliche Gewerke auf der Baustelle und übernimmt die Gewährleistungspflicht. Die Stadt könnte zwar Millionen sparen, indem sie Aufträge einzeln oder in Paketen vergibt. Das dauert aber auch länger: nach Verwaltungsschätzung rund sechs Monate.

Stadtverwaltung will Hotel verkaufen

Bund und Land stellen WCCB-Zuschüsse von 27 Millionen Euro in Aussicht. Den Rest muss Bonn über Kredite finanzieren. Nicht enthalten in den Fertigstellungskosten von 76,8 Millionen Euro ist das WCCB-Hotel. Die Stadt schlägt vor, es im jetzigen Zustand zu verkaufen. Die Fraktionen diskutieren auch eine andere Variante: Die Stadt baut zu Ende, verpachtet an einen Hotelbetreiber und sichert so dauerhafte Einnahmen.

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