Interview mit Harald Schmidt "Es gab bereits mehrere Todesfälle"

Bonn · Heimlich hineingeschüttet, oftmals mit Alkohol vermischt und nur schwer nachzuweisen: K.o.-Tropfen sind eine unsichtbare Gefahr. Kriminaloberrat Harald Schmidt von der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes erklärt im Interview Marcel Dörsing, wie man sich am besten schützen kann.

Die Karnevalszeit hat bereits begonnen, und auch Weihnachtsmärkte locken wieder mit Glühweinständen. Sind K.o.-Tropfen eigentlich auch hier eine Gefahr?
Harald Schmidt: K.o.-Tropfen können theoretisch überall verabreicht werden. Typisch ist das Verabreichen der Tropfen auf Partys oder in Diskotheken in die offenen Getränke der Opfer.

Was kann ich tun, um mich zu schützen? Nicht mehr auf öffentliche Feiern gehen?
Schmidt: Natürlich kann man noch auf Feiern oder Partys gehen, sollte aber sein Getränk selber bestellen und entgegennehmen und außerdem immer im Blick behalten. Auch von Unbekannten sollte man sich nichts ausgeben lassen.

Das gilt doch vor allem für Frauen, oder?
Schmidt: Die heimliche Verabreichung von K.o.-Tropfen bedroht Männer und Frauen gleichermaßen.

Was weiß man denn über die Täter? Welche Absichten verfolgen sie?
Schmidt: Manchmal verabreichen die Täter K.o.-Tropfen "zum Spaß", häufig aber, um das Opfer mit Hilfe der Tropfen willenlos oder sogar bewusstlos zu machen, um es anschließend auszurauben oder sich an ihm zu vergehen.

Was sollte ich machen, wenn ich den Verdacht habe, dass mir jemand etwas ins Glas geschüttet hat?
Schmidt: Fühlt man sich nach einem Getränk unerklärlicherweise komisch, ist es wichtig, Freunde oder das Personal, zum Beispiel in einer Diskothek, um Hilfe zu bitten. Als nächstes: sofort zum Arzt gehen sowie Anzeige bei der Polizei erstatten. Wichtig ist, schnell zu handeln, da manche Mittel, die als K.o.-Tropfen eingesetzt werden, schon wenige Stunden nach dem Konsum nicht mehr in Blut und Urin nachgewiesen werden können. Für weibliche Opfer gibt es außerdem Unterstützung bei örtlichen Frauennotrufen und Beratungsstellen für Frauen.

Wie genau macht sich ein Täter strafbar?
Schmidt: Das Verabreichen von K.o.-Tropfen kann verschiedene Straftatbestände erfüllen. Zum Beispiel gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Vergewaltigung sowie Verstöße gegen das Betäubungsmittel- oder Arzneimittelgesetz. Daher ist auch unbedingt Anzeige bei der Polizei zu erstatten.

Leider kommt aber nicht jeder Fall zur Anzeige. Daher dürften auch die Fallzahlen viel höher sein, als die Statistik widerspiegelt. Nimmt die Polizei die Gefahr überhaupt ernst?
Schmidt: Ich kann Ihnen versichern, die Polizei nimmt die Gefahr sehr ernst, auch weil es durch das Verabreichen von K.o.-Tropfen schon zu Todesfällen kam.

Was tun Sie, um auf die Gefahr durch K.o.-Tropfen hinzuweisen?
Schmidt: Die Polizei macht bundesweit durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie mittels Faltblättern und Broschüren auf das Problem aufmerksam.

Sind K.o.-Tropfen eigentlich ein neues Phänomen oder gibt es Verbrechen dieser Art schon lange?
Schmidt: Vor einigen Jahren gab es einen sprunghaften Anstieg des Delikts "Körperverletzung durch Giftbeibringung". Darunter fällt auch die Verabreichung von K.o.-Tropfen. Da die Erfassungsmodalitäten in den Bundesländern unterschiedlich sind, ist uns aktuell keine polizeiliche Statistik hierzu bekannt. Nach dem Konsum von GHB und GBL kam es beispielsweise in Baden-Württemberg bereits zu mehreren Todesfällen.

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