Präsident der "Bruderschaft Fist Fighter" erklärt sich Pressegespräch statt Boxtraining

BONN · Nach der Schießerei in der Bonner Innenstadt hat der Vorsitzende der Gruppierung "Bruderschaft Fist Fighter" seine Sicht der Dinge dargelegt. Er sieht sich in der Auseinandersetzung ausschließlich als Geschädigten an. Die Polizei bekräftigt unterdessen, neben den aktuellen Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Schützen auch die Fist Fighter im Blick zu haben.

Wenn eine Bruderschaft namens Fist Fighter zum Pressegespräch einlädt, so darf mit einer gewissen Verbindlichkeit gerechnet werden. Und tatsächlich: Höflich und korrekt empfangen austrainierte Männer die Medien im Foyer des Bonn-Centers. Viele Stockwerke höher wartet ihr Präsident Konstantin S., genannt "Costa". Ernst bis grimmig sind die Mienen der Faustkämpfer, süß die Kaffeeteilchen und die Limonade, die sie den wartenden Gästen reichen. Dann lässt Costa S. bitten.

Vor einer Woche war er vor einem Lokal an der Rathausgasse ins Bein geschossen worden. Noch in der Nacht wurde über die Hintergründe viel gemunkelt; von einem Racheakt und Revierkämpfen im Rockermilieu war die Rede. Seinen vollen Namen - im Internet ein offenes Geheimnis - möchte Costa S. trotz Fototermins lieber nicht in der Zeitung lesen: zum Schutz seiner Familie, wie er sagt. Ralf R., sein neben ihm sitzender Vizepräsident hält es genauso. Er präsentiert zwischendurch die Kutte des Clubs mit dem einprägsamen Logo: einem Totenkopf mit Stahlhelm vor Eisernem Kreuz.

Er sei, erklärt Costa S., bei der Schießerei "weder als Streitender oder Täter, sondern komplett als Geschädigter" involviert gewesen. Es sei darum gegangen, einen Streit zwischen zwei Einzelnen zu schlichten. "Uns ist es wichtig zu verdeutlichen, dass es sich weder um einen Bandenkrieg, noch irgendwelche anderen kriminellen Machenschaften handelt."

[kein Linktext vorhanden]Genau den Eindruck hatte es auf viele Augenzeugen gemacht, als plötzlich eine andere Gruppe auftauchte - laut GA-Informationen Angehörige eines libanesischen Familienclans - und auf offener Straße das Feuer eröffnete. Auf die Frage, was denn wohl das Motiv gewesen sein mag, legt sich der Präsident rasch fest: "Die sind von Neid zerfressen". Was nun genau den Neid hervor rufe, lasse sich "schwer erklären".

Leichter tut sich S. bei der Beschreibung seines Clubs: Man sei ein Boxclub von Gleichgesinnten mit Werten wie "Loyalität, Ehrlichkeit und Respekt", sagt er. Die Fist Fighter seien kein Rockerclub, auch wenn man denen äußerlich und im Aufbau bewusst ähnele und auch nichts gegen Rocker habe. "Wir sind ein friedlicher Club, niemand in Bonn hat etwas von uns zu befürchten", ergänzt S., der sein eigenes Vorstrafenregister - unter anderem wegen Zuhälterei und Menschenhandels - als "unschöne Vergangenheit" umschreibt. Im Türstehergeschäft verfolge man trotz anderer Behauptungen "keinerlei Ambitionen".

"Wir sind keine kriminelle Vereinigung, auch wenn wir von mancher Behörde so betrachtet werden", sagt S., wohl auch mit Blick in Richtung Polizei und Landeskriminalamt. Tatsächlich gibt es offenbar Deutungsunterschiede: "Wir schätzen die Fist Fighter als rockerähnliche Gruppe ein, die durch ihre Verbindungen zu den Hells Angels in Erscheinung getreten ist", sagt ein Polizeisprecher dem GA gestern und ergänzt: "Wir haben die Fist Fighter im Blick". Die Polizei schätzt die Stärke der Fist Fighter auf rund 20 Mitglieder, Costa S. gibt die Zahl mit 80 an. Ob sich derlei wie am vergangenen Freitag womöglich wiederholen könnte, wird er noch gefragt. Der Präsident überlegt kurz und sagt dann: "Ich gehe davon aus, dass ich aufpassen muss".

Hintergründe unklar

Am Freitag vergangener Woche peitschten gegen 20.20 Uhr plötzlich mehrere Schüsse durch die Rathausgasse. Den 36-jährigen Präsidenten der "Fist Fighter" traf vor dem Lokal "Take Two" an der Ecke zum Belderberg eine Kugel ins Bein. Zunächst war noch in der Nacht ein 44-Jähriger festgenommen worden, der im Verdacht steht, in die blutige Auseinandersetzung verwickelt gewesen zu sein.

Ob er tatsächlich die Schüsse abgegeben hat, wird nach Angaben der Polizei weiter ermittelt. Über die Hintergründe der Tat, die Beobachter mit Rivalitäten im Rockermilieu erklären, gibt es bislang widersprüchliche Erklärungen

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