Kommentar Bonner OB-Wahl - Klare Verhältnisse

BONN · Dieses Ergebnis hatten in der Bundesstadt dann doch die wenigsten vorausgesagt: Ashok-Alexander Sridharan gewinnt für die CDU bereits in der ersten Runde die Wahl und wird ab 21. Oktober Bonns neuer Oberbürgermeister und Nachfolger des Sozialdemokraten Jürgen Nimptsch.

Erstmals seit 1994 ist damit wieder ein Christdemokrat Stadtoberhaupt. Das gestrige Ergebnis ist überraschend, denn vieles in dem sachlichen, an inhaltlichen Höhepunkten aber armen Wahlkampf hatte bis zuletzt auf eine Stichwahl hingedeutet. Zwar lag Sridharan auch in verschiedenen Umfragen vorne, auf Anhieb eine absolute Mehrheit hatte ihm jedoch kaum jemand zugetraut.

Das klare Votum für den Noch-Stadtkämmerer in Königswinter wird nun in Bonn kommunalpolitisch für klare Verhältnisse sorgen. Sridharan kann im Stadtrat mit der Koalition aus CDU, Grünen und FDP mutmaßlich leichter Politik machen. Dass in Bonn in den vergangenen Jahren wenig voranging, OB und Ratsmehrheit sich gegenseitig Blockadeverhalten vorwarfen, darf jedenfalls in Zukunft als Ausrede nicht mehr herhalten.

Die Bürgerinnen und Bürger haben mit dem gestrigen Wahlgang einen überragenden Gewinner gekürt. Ausschlaggebend dafür ist sicherlich die Verwaltungserfahrung, die Ashok-Alexander Sridharan unzweifelhaft vorweisen kann. Die immensen Probleme der Bundesstadt anzupacken und letztlich zu lösen, statt sie in immer neuen Stuhlkreisen wieder und wieder zu diskutieren, trauen die Wähler Sridharan offensichtlich zu.

Aufgegangen ist auch die ebenso mutige wie moderne Strategie der CDU, mit dem gebürtigen Bonner einen Mann mit Migrationshintergrund ins Rennen zu schicken. Immerhin gelingt den Christdemokraten damit der zuletzt sehr seltene Wahlerfolg in einer deutschen Großstadt - und das bereits im ersten Wahlgang.

SPD muss sich neu aufstellen

Und die SPD? Sie hat, man kann es nicht anders ausdrücken, vom Wähler eine regelrechte Klatsche bekommen, nicht einmal die Stichwahl ermöglicht. Peter Ruhenstroth-Bauer (23,7 Prozent) verkörpert in seiner besonnenen, aber wenig konkreten Art für viele wohl eher das vergangene Bonn.

Die SPD in der Bundesstadt wird sich neu aufstellen und einen Generationswechsel vollziehen müssen. Ohne talentierte Nachwuchskräfte wie den ehemaligen Parteichef Ernesto Harder, der nach der internen Nichtnominierung für den OB-Wahlkampf entnervt alle Ämter niedergelegt hatte, werden die Genossen in Bonn künftig nur schwer wieder eine entscheidende Rolle spielen können.

Achtbar aus der Affäre gezogen hat sich Tom Schmidt. Er erreichte für die Grünen mit 22,1 Prozent ein deutlich besseres Ergebnis als vor sechs Jahren Peter Finger. In der Kommunalpolitik wird Schmidt nach seinem guten Abschneiden und dem Bekanntheitsgrad, den er sich durch den Wahlkampf erworben hat, eine noch wichtigere Funktion haben als bisher.

Der Strippenzieher im Hinterzimmer der Ratsfraktion könnte nach vorne drängen und in den nächsten Monaten ein bedeutender Gesprächspartner des neuen OB werden. Der sehr faire Wahlkampf und viele gemeinsam verbrachte Abende auf Podiumsdiskussionen werden dabei nicht hinderlich sein.

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