WCCB-Hotel Doch noch eine Mehrheit für Verkauf?

BONN · Für den von der Stadtverwaltung empfohlenen Verkauf des unfertigen Hotels neben dem World Conference Center Bonn (WCCB) an den Bonner Investor Jörg Haas (Kameha-Hotel) zeichnet sich kurz vor der Ratssitzung am Donnerstagabend doch noch eine Mehrheit ab.

Dem Vernehmen nach wollen jetzt die Grünen und womöglich auch die FDP mit der SPD dafür stimmen. Hin- und hergerissen sind dagegen immer noch die Mitglieder der CDU-Fraktion. Denn die andere Option wäre, die Stadt ließe das Hotel in Eigenregie fertigstellen und würde es anschließend verpachten.

Denn weltweit heißt es: Kongresszentren sind defizitär. Es sei denn, sie haben unter dem gemeinsamen Dach ein Hotel, das Gewinne erwirtschaftet. Und meistens bedarf es vor Ort trotz Hotelgewinn eines Zuschusses der Kommune, die das ihrerseits mit der diffusen Umwegrendite rechtfertigt. Diese speist sich aus den Ausgaben, die Kongressteilnehmer über das Hotel hinaus noch zwischen Taxifahrt und Restaurantbesuch tätigen.

Seit Monaten streiten nun die Parteien im Bonner Stadtrat über die Zukunft des WCCB-Hotels. Soll die Stadt es selbst zu Ende bauen und möglicherweise über die stadteigene Bonn CC Management GmbH (BCC) betreiben lassen? Oder ist eine Investorlösung, also der Verkauf des unfertigen 352-Zimmer-Baus, der Stein der Weisen?

  • In Variante eins müsste die Stadt das Hotel auf eigene Rechnung - mindestens 35 Millionen Euro - fertigstellen. Da sie das Geld nicht hat, wäre das nur über eine weitere Neuverschuldung machbar. Die Zinsen sind gerade günstig. Da das Hotel in Eigenbesitz das städtische Eigenkapital stärken würde, könnte das trotz Haushaltssperre und strenger gesetzlicher Haushaltsvorgaben gelingen.
  • Bei einem Investitionsvolumen von 35 Millionen Euro müsste die Stadt die Bauleistung europaweit ausschreiben. Ein zeitraubender Prozess, der möglicherweise dazu führt, dass das Hotel erst Jahre nach der Inbetriebnahme des Kongresszentrums fertig wäre. Aber beides kann nur zusammen funktionieren. Zudem stellt das sogenannte Leistungsverzeichnis für ein Hotel, in dem erst ein Musterzimmer fertig ist, eine besondere Herausforderung für eine Ausschreibung dar. Nichts darf fehlen, jedes Detail muss festgelegt sein - von der Farbe des Teppichs in Standardzimmer Nr. 264 bis zur Chromarmatur in mancher Suite.
  • Würde die Fertigstellung gelingen, und mancher städtische Experte hat bereits daran Zweifel, käme das tägliche Geschäft auf die Stadt zu. Die stadteigene BCC müsste nicht nur das Kongresszentrum, sondern auch das Vier-Sterne-plus-Hotel betreiben. Aus rechtlichen Gründen können Gewinne des einen Teils mit Verlusten eines anderen nur intern verrechnet und sozusagen "quersubventioniert" werden, wenn das gesamte Geschäft unter einem Dach stattfindet, also der BCC. Diese könnte mit einer geeigneten Hotelkette einen Management-Vertrag schließen. Der Einkauf der Kompetenz, ein Hotel zu führen, aber kostet. Schließlich hätte die BCC das gesamte Personal von Rezeption bis Zimmermädchen auf ihrer Rechnung.
  • Finanzielles Risiko ist auch, dass die Stadt-Tochter Rücklagen für eine Instandhaltung bilden müsste. Denn nach 10 bis Jahren gilt ein Hotel als "verwohnt".

Ob das Hotel für die Stadt vor diesem Hintergrund noch einen Gewinn abwerfen würde, mit dem sie die sicheren Defizite im Kongresszentrum ausgleichen kann, ist nach dem Gutachten von PriceWaterhouseCoopers (PWC) mehr als fraglich. Die Kongresszentrums-Defizite sind unter anderem auch deshalb "gesetzt", weil die Vereinten Nationen 90 Prozent Rabatt auf die Raummiete erhalten.

So hat der WCCB-Scherbenhaufen eine weitere Zwangslage für die Stadt geschaffen. Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte favorisieren Investorlösung und Hotelverkauf. Allerdings kann die Stadt den zur Rede stehenden Kaufbetrag von 17 Millionen nicht vereinnahmen, um ihn etwa zur Haushaltskonsolidierung zu nutzen. Sie muss ihm, so teilte Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch nach Gesprächen mit dem Bund mit, in die WCCB-Rücklage stecken. Das gelte aber auch für den Fall, wenn die Stadt Eigentümerin bleibe, für die Pachteinnahmen

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