Interview mit Parov Stelar Wohin der Beat ihn treibt

BONN · Der Österreicher Marcus Füreder ist Parov Stelar. Am Sonntag tritt er in Bonn auf

Wenn Parov Stelar am kommenden Sonntag mit seiner Band auf dem Bonner Kunst!Rasen loslegt, dann ist Tanzen angesagt. Denn die Beats und Samples, die der Österreicher unter die Bläsersätze und den Gesang seiner Truppe mischt, gehen gleich ins Rhythmusorgan, geben dem Körper einfach keine Ruhe. Parov Stelar ist Marcus Füreder - und umgekehrt. Wie der 39-jährige Linzer DJ und Produzent auf diesen Namen gekommen ist, weiß er selbst nicht mehr. Mit ihm sprach Cem Akalin.

Waren Fred Astaire und Ginger Rogers die ersten Raver in der modernen Tanzgeschichte?
Marcus Füreder: (lacht) Die Kultur, die damals stattgefunden hat, war schon etwas Großartiges. Sie haben jedenfalls etwas Neues gemacht, und es war eine ähnliche Revolution wie das, was die Rave-Generation später machte.

Auf YouTube gibt es dieses Tanzvideo von Ginger und Fred zu deinem Stück "Booty Swing"...
Füreder: Das haben irgendwelche Fans gemacht.

Ich finde es ja erstaunlich, wie gut diese elegante Leichtigkeit der beiden zu Ihrem Elektroswing passt. Findest du nicht?
Füreder: Ja, doch, auf jeden Fall. Aber ich persönlich mag die moderneren Dinge mehr und versuch, von diesem Retro wegzukommen. Grundsätzlich ist mir so was zu einfach. Aber lustig ist es schon.

Die Musik des frühen Jazz mit elektronischen Beats und Samples zu verbinden, klingt erst mal sehr gewagt. Wie bist du darauf gekommen?
Füreder: Ich war ja nicht der Erste. Es gab schon andere Künstler, die mal einen Track gemacht haben. Ich habe dieses Thema nur konsequent weiterentwickelt. Aber eigentlich war es ja ein Unfall.

Ein Unfall?
Füreder: Ja, ich hatte diese alte Billie Holiday-Scheibe auf meinen Turntables laufen. Sie war ziemlich verkratzt und blieb dann irgendwann hängen. Das war so ein geiler Loop, dass ich dachte: Ich leg mal einen Beat drunter. Das war cool. Das hat mich so fasziniert, weil es so fremdartig war. Es hatte was - mit diesen Ecken und Kanten, die ich immer wieder suche.

Wobei sich der Charleston mit seinen schnellen Rhythmen doch eher anbietet, oder?
Füreder: Das wär so das klassische Tanzding. Andererseits ist das wieder zu schnell. Du musst ja schon versuchen, die Musik auf ein modernes Tempo zu kriegen. Es sei denn, du machst Drum & Bass.

Billie Holiday ist ja nach wie vor eine der ganz wenigen Sängerinnen, die mich zu Tränen rühren können. Was ist mit dem Gefühl in der Elektronischen Musik?
Füreder: Nachdem ja gerade der organische Part etwas in Richtung Jazz geht, ist das ja genau das Gefühl. Sie lebte ja nicht in einer glorreichen Zeit, eher in schwierigen Verhältnissen. Die Leute haben damals so viel in ihre Kunst einfließen lassen, und diese Mischung dieses organischen Gefühls mit den kalten Beats, das ist es ja vielleicht. Mir ist es jedenfalls ganz wichtig, auch Emotionen zu transportieren, und da hab ich auch keine Scheu, mal einen kitschigen Akkord reinzugeben.

Elektroswing - ist dieser Ausdruck nicht längst überholt?
Füreder: Ich kann damit eh nicht viel anfangen.

Du machst ja auch viel Disco-Funk und Soul. Wie nennst du denn deine Musik?
Füreder: Ich habe mich auch lange gefragt, was das eigentlich ist. Meinem letzten Album habe ich deshalb den Titel "The Art of Sampling" gegeben.

Was ist denn die Kunst des Sampling?
Füreder: Aus etwas Bestehendem etwas Neues zu machen. Unter ein Original einfach einen Vierviertel-Beat drunter zu legen, was ja leider sehr oft geschieht, das wär mir zu wenig. Du kannst den Sampler ja auch als Instrument einsetzen und die Töne und Akkorde mit etwas Neuem verknüpfst. Und bei meine Samples bestehen ja teilweise aus zehn verschiedenen Songs.

Was unterscheidet denn dein Konzept von der, sagen wir, von Matthew Herbert oder Caravan Palace?
Füreder: Was mich von Matthew Herbert unterscheidet, ist, dass ich keine Angst vor dem Erfolg habe. (lacht) Wenn etwas nicht absolut underground ist, das geht für ihn ja gar nicht! Er ist sehr minimalistisch. Er ist auf jeden Fall ein absoluter Sampling-Guru.

Parov Stelar ist am Sonntag, 24. August, ab 19.30 Uhr zu Gast auf dem Kunst!Rasen, Bonn.

Zur Person

Vor 15 Jahren hat sich Marcus Füreder Parov Stelar genannt. Der 39-Jährige stammt aus dem österreichischem Linz. Seine Musik ist eine Mischung aus Jazz, House und Downbeat. Die Live-Band besteht aus bis zu acht Musikern und einer Sängerin. Er ist mit Lilja Bloom verheiratet und hat mit ihr ein Kind.

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