Open-Air-Veranstaltungen in Bonn Verband will "Diktatur der Spießer" abwehren

BONN · Ungewöhnlich harte Worte findet Hans-Rudolf Sangenstedt, Vorsitzender des Interessenverbandes Haus & Grund Bonn/ Rhein-Sieg, gegen die Beschwerdeführer von öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel.

Stadt und Politik müssten "eine Diktatur der Spießer" abwehren, die sich "über angeblichen Lärmterror" bei Veranstaltungen beschweren und damit die Bonner Open-Air-Szene massiv gefährden, schreibt Sangenstedt in seinem Editorial des Magazins "Haus & Grund Aktuell".

Der Verbandsvorsitzende, der etwa 6000 Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer vertritt, forderte den Stadtrat auf, Planungssicherheit für Veranstaltungsevents zu schaffen, wichtige politische Ziele auch notfalls gegen Widerstände durchzusetzen und zu verhindern, "dass Bonn Kleinkleckersdorf wird".

Haus & Grund unterstützt damit eine Position der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, die im Zusammenhang zu der seit Sommer laufenden Diskussion betont hatte, dass zu einer Stadt mit weichen Wirtschaftsfaktoren auch ein attraktives Veranstaltungsangebot gehöre.

"Die Posse um die Partyschiffe vor einigen Wochen sei ein treffendes Beispiel gewesen, was sich nicht wiederholen darf", schreibt Sangenstedt. und weiter: "Beschwert sich heute jemand über Lärm, stehen Kommunalpolitiker erst einmal stramm, vor allem örtliche Stadtverordnete der CDU. Ich wünsche mir, ähnliches Engagement würde auch an den Tag gelegt, wenn es um die Attraktivität von Veranstaltungen und Events geht."

Lärmbeschwerden über Veranstaltungen erzeugen erkennbar eine hohes politisches Reaktionsbedürfnis. Vergleichbare Aufregung sei nicht erkennbar, wenn es um dauerhaften Lärm zum Beispiel an der Bahntrasse oder an der Reuterstraße gehe. Dort litten die Betroffenen zum Teil rund um die Uhr unter dem Radau, ohne dass die Kommunalpolitiker seit vielen Jahren Entscheides geändert hätten. Bei Veranstaltungslärm sei man umso aktiver.

"Die Stadt muss endlich ihre Hausaufgaben machen", sagte Sangenstedt. Bevor man einen Umzug der Konzerte vom Museumsplatz in die Gronau feiere, müsse eben entsprechendes Planungsrecht geschaffen werden. Man dürfe sich nicht wundern, wenn Einzelne sich auf geltendes, aber nicht mehr passendes Recht beriefen, so der auf Baurecht spezialisierte Jurist.

Überhaupt kein Verständnis habe er für die Beschwerden in der Citylage. Wie berichtet, hatte es auch Widerstände von zwei Anwohnern gegen die "Klangwelle" gegeben. Das hat dazu geführt, dass die Verwaltung jetzt alle Veranstaltungen auf dem Münsterplatz auf den Prüfstand stellen will. Sangenstedt: "Das sind unsere öffentlichen Wohnzimmer. Hier stellt sich die Stadt dar. Wer hier lebt, muss das aushalten können."

Unterstützung bekommen die Kunst!Rasen-Macher auch von der "Bonner Beethoven-Familie". Die sieben Vereine rufen zu Solidarität mit den Veranstaltern auf. "Diese Open-Air-Konzerte bereichern das Musikleben in der Beethovenstadt Bonn, die Veranstalter beeindrucken durch ihre hohe Professionalität und das Angebot begeistert sowohl die Bonner und Bonnerinnen als auch viele überregionale Besucher", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Es sei bedauerlich, dass einzelne Bürger in Musik nur Lärmbelästigung sehen und gerichtlich gegen solche Musikveranstaltungen vorgehen. Und: "Wir haben auch kein Verständnis dafür, wenn in der Diskussion über die Zukunft des Kunst!Rasens verschiedene Musikrichtungen gegeneinander ausgespielt werden." Die "Beethoven-Familie" unterstütze deshalb gerne die Organisatoren bei ihrer Benefizveranstaltung am 20. Dezember in der Beethovenhalle.

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