Wolfgang Niedecken im Interview Der Sänger über seine Krankheit, soziales Engagement und den FC

BONN · Es ist gut eineinhalb Jahre her, dass Wolfgang Niedecken einen Schlaganfall erlitt. Im Interview ist davon nichts mehr zu merken. Er redet fließend, ohne Punkt und Komma - über seinen Schlaganfall, seine Pläne, Bonn, sein schwieriges Verhältnis zu "Major" Heuser und den FC.

Sie wirken nach Ihrem Schlaganfall nicht nur genesen, sondern auch erstaunlich frisch. Wie ist das möglich?

Wolfgang Niedecken: Ich bekam den Schlaganfall nicht, weil ich ungesund gelebt hatte, sondern, weil ich eine Woche durchgehustet habe. Durch den Husten bildete sich eine kleine Wunde in der Halsschlagader, woraus ein Blutgerinsel entstand, das nach oben gewandert ist. Eine sehr seltene Form des Schlaganfalls. Nach dem Schlaganfall lebe ich jetzt so gesund, dass es fast imageschädigend für einen Rockmusiker ist. Ich trinke noch nicht einmal mehr alkoholfreies Bier.

Sie sind gerade aus dem Kongo zurückgekommen. Anders als früher hat man den Eindruck, dass Sie Ihre politischen Aktivitäten fokussieren.

Niedecken: Und zwar im Bestreben, mich nicht zu inflationieren. Wenn ich allen Bitten für ein politisches Engagement nachgeben würde, würden die Leute mit Fug und Recht behaupten: "Was hat er denn jetzt schon wieder!" Das geht nicht, deshalb konzentriere ich mich auf die Schwerpunkte Kindersoldaten und Zwangsprostitution Minderjähriger. Das ist ganz furchtbar und eigentlich ein Weg-Zapp-Thema. Für diese Themen versuche ich halt, eine Lobby hinzukriegen.

Wo können Sie helfen?

Niedecken: Das ist sehr handfest und kein Geschwafel. Was wir machen, sind sozusagen Berufsschulen. Das sind neunmonatige Kurse, wo die Jugendlichen ausgewählt und in einer Pflegefamilie aufgenommen werden. Sie lernen Lesen, Schreiben, Rechnen und ein kleines Handwerk, womit sie später ihr Leben bestreiten können. Das ist auf afrikanische Verhältnisse umgesetzt schon relativ viel. Die meisten ergreifen die Chance. Denen ist auch bewusst, es ist die letzte Chance, um nochmal zu einem normal angesehenen Mitglied der dortigen Gesellschaft zu werden.

Kommen wir vielleicht zu den leichteren Themen (befreites Lachen) - Ihr Konzert auf dem Kunstrasen in Bonn.

Niedecken: Darauf freue ich mich besonders. Ich sag' das immer wieder, wenn wir in Bonn spielen. Ich kann zwischen Bonn und Köln gar keinen Unterschied machen. Für mich ist das ein und die selbe Stadt. Ich bin in Köln und in Bonn zu Hause. Ich habe als Jugendlicher unwahrscheinlich viel in Bonn und Bad Godesberg gespielt.

Gibt es noch Kontakt zu den Jungs aus der Band der Jugend?

Niedecken: Ja, ja sehr viel. Der Kontakt ist regelmäßig. Das ist immer sehr schön. Auch wenn ich nicht viel Zeit habe, aber irgendwie trifft man sich, und wenn es beim Fußball ist.

Vor drei Jahren war Klaus "Major" Heuser in der Endenicher Harmonie und erzählte, dass Sie nach dem letzten gemeinsamen Konzert in Koblenz nie mehr ein Wort mit ihm gewechselt haben.

Niedecken: Ich glaube, es ist umgekehrt (lacht). Schon schade, aber das ist 14 Jahre her, und man sollte wissen, dass wir zwar in einer Band gespielt haben, aber nie wirklich Freunde waren. Das heißt nicht, dass wir verkracht waren. Wir hatten nur relativ wenig miteinander zu tun, wenn wir nicht gerade im Studio oder auf Tour waren. Zuletzt haben wir uns hier am Rhein getroffen. Da ist er mit dem Fahrrad vorbeigefahren. "Ach, das bist du", sagte er. Er stieg vom Fahrrad, wir haben uns eine Strecke des Weges darüber unterhalten, was seitdem so passiert ist. Alles in Ordnung. Für mich ist das immer eine schwierige Situation. Wir haben als BAP weitergemacht und haben unsere Sache gemacht. Er ist aus der Band ausgestiegen. Wörtlicher Kündigungsspruch: "Das, was ich mit BAP vorhabe, kann ich anscheinend nicht mit dir machen, deshalb scheide ich nach der Tour aus." Dann ist er ausgestiegen.

Am Ende eine unvermeidliche Frage an den bekennenden FC-Fan. Der 1. FC Köln ist weiter in der zweiten Liga. Wie gehen sie damit um?

Niedecken: Schau'n wir, was in der nächsten Saison kommt. Ich werde natürlich weiter mit dem FC leiden, denn ein Fußballverein wird einem in die Wiege gelegt, den sucht man sich nicht aus.

Zur Person

Wolfgang Niedecken, Jahrgang 1951, gründete 1976 die Band BAP, mit der er den Kölschen Dialekt in der Rockmusik salonfähig machte. Heute ist er das einzig verbliebene Mitglied der Urbesetzung. Ein weiterer Schwerpunkt seiner künstlerischen Tätigkeit ist seit den frühen 1970er Jahren die Malerei.

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