Bekämpfung von Islamismus Verstärkung für Bonner Staatsschutz

BONN · Salafistenhochburgen wie Bonn sollten mehr Personal im polizeilichen Staatsschutz bekommen. Das hatte Innenminister Ralf Jäger im Januar angekündigt.

Jetzt scheinen den Worten Taten zu folgen: Gestern teilte Polizeisprecher Robert Scholten mit, dass der Bonner Staatsschutz zwölf zusätzliche Stellen bekommt. "Das Auswahlverfahren läuft bereits", so Scholten.

Damit hätte die Abteilung, die sich mit der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung staatsgefährdender Taten befasst, insgesamt 40 Stellen. Allein 25 Beamte sollen die Islamistenszene in der Bonner Region beobachten und im Verdachtsfall ermitteln. Bei Bedarf können weitere Kollegen der Staatsschutzabteilung hinzugezogen werden. Und nicht nur das: "Auch die Fahndungsgruppe des Landeskriminalamtes wird intensiv eingebunden", sagte Scholten.

Die NRW-Landesregierung hatte auf die Terroranschläge von Paris mit mehr Personal bei Polizei und Verfassungsschutz reagiert. Bis 2017 sollen 385 zusätzliche Beamte eingestellt werden. Dass Bonn davon besonders profitiert, kommt nicht von ungefähr. Bei den Sicherheitsbehörden gilt die Bonner Region seit langem als die Salafistenhochburg. Zwar hat sich die Szene in den vergangenen Monaten nach GA-Informationen nicht allzu sehr verändert, doch der öffentliche und politische Druck auf das Innenministerium, den Staatsschutz personell aufzustocken, war stetig gewachsen.

Bonn gehört zu den Städten in NRW mit den prozentual meisten Dschihadisten, sprich kampfbereiten Islamisten. So sollen mittlerweile fast 50 Männer und Frauen aus der Region nach Syrien und in den Irak ausgereist sein. Dort bekämpfen islamistische Terrorgruppen wie der Islamische Staat und die Al-Kaida nahe stehende Miliz Jabhat al-Nusra die dortigen Regierungen und andere Rebellengruppen, um einen "Gottesstaat" zu errichten.

Da mittlerweile auch schon der Ausreiseversuch in solche Länder strafbar sein kann, hat der Staatsschutz der Polizei auch die Aufgabe zu ermitteln, wer vorhat, sich als Dschihadist abzusetzen. Besonders im Fokus stehen die 13 Rückkehrer, die sich möglicherweise dschihadistischen Terrormilizen im Nahen Osten und in Somalia angeschlossen hatten und von den Sicherheitsbehörden als "Gefährder" eingestuft werden. Darunter sind auch sechs Männer aus Bonn, die sich Mitte Juni vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt wegen der mutmaßlichen Mitgliedschaft der somalischen Terrormiliz Al-Shabab verantworten müssen. Fünf von ihnen sitzen in Untersuchungshaft.

Die Überprüfung der Rückkehrer erfordere viel Arbeit und damit Personalaufwand, so Scholten. Dabei gehe es vor allem auch darum zu ermitteln, inwieweit sie tatsächlich an Kampfhandlungen beteiligt waren. Wenn dies nachgewiesen werden kann, ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Die Aufstockung der Staatsschutzabteilungen in den NRW-Salafistenhochburgen stellt die Polizeibehörden nicht selten vor Herausforderungen. Laut Polizeisprecher Scholten sind in der Bonner Staatsschutzabteilung vorübergehend Sachbearbeiter eingestellt worden, bis zwölf Beamte dauerhaft dort arbeiten werden. Die Bedeutung der Aufstockung sei auch daran abzulesen, dass die Leitung eine neue A-13-Stelle bekomme. Dafür wird Scholten zufolge zurzeit ein Spezialist im Thema Islamismus gesucht.

Scholten lobte die Zusammenarbeit mit anderen NRW-Behörden. Dadurch könnten mögliche Radikalisierungsprozesse früh erkannt werden. "Auch wenn es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt, sind wir fachlich und personell gut aufgestellt und haben die Islamistenszene zusammen mit den anderen Sicherheitsbehörden im Blick", erklärte die Bonner Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa.

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