Fared S. Schlüsselrolle für Bonner Dschihadisten

BONN · Die Nachrichten über Gräueltaten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in den Kriegsgebieten des Nahen Ostens reißen nicht ab. Und immer wieder tauchen in den Stellungnahmen der Strafverfolgungsbehörden wie in den Medien Namen von Personen auf, die eine enge Verbindung zu Bonn aufweisen.

Einer von ihnen ist Fared S., der per Haftbefehl gesucht wird, und gegen den die Bundesanwaltschaft wegen mutmaßlicher, in Syrien begangener Kriegsverbrechen ermitteln soll. Zwar wollte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft dies gestern auf GA-Nachfrage weder bestätigen noch dementieren.

Jedoch hatte Fared S., 25, vorigen Sommer grinsend vor toten und teilweise stark verstümmelten Menschen mit der Tötung von "Ungläubigen" geprahlt und die Szene aus der syrischen Provinz Homs als Videobotschaft verbreitet: "Wir haben diese Tiere geschlachtet", höhnte er. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll S. gar eine Schlüsselrolle beim IS spielen: "Als Vernehmer der deutschen Dschihad-Neuankömmlinge ... sind zumeist ein Islamist aus Mönchengladbach und der Bonner Fared S. im Einsatz."

S. soll im Mai 2013 mit seiner nach islamischem Recht verheirateten Frau, der Bonnerin Karolina R., ihrem damals sieben Monate alten Sohn und dem Bruder von Karolina R., Maximilian, nach Syrien in den Dschihad gereist sein. Das geht aus der Anklage des Oberlandesgerichts Düsseldorf hervor, vor dem sich Karolina R. seit drei Wochen verantworten muss.

Wie berichtet, soll sie ihrem Mann nach ihrer Rückkehr nach Bonn von Oktober bis Dezember 2013 rund 11 000 Euro Bargeld und Kameras für IS-Propagandazwecke geliefert haben. Zuvor hatte die kleine Familie zeitweilig "unter der Herrschaft der schwarzen Flaggen" gelebt, wie Karolina R. schwärmte.

Einen entsprechenden Hinweis fanden die Ermittler auf einem PC in der Bonner Wohnung der ahnungslosen Eltern, die aus Polen stammen. Im syrischen Kriegsgebiet gab ihre Tochter die treusorgende Frau und Mutter, während ihr Mann als Dschihadist kämpfte, wie der "Spiegel" in seiner aktuellen Ausgabe schreibt.

Wie gefährlich die Situation dort war, belegt ein Film, den Karolina von ihrem Mann und ihrem Sohn gedreht haben soll: "Baby, wenn ich jetzt draufgehe, haben wir noch ein Video von uns beiden." Kurze Zeit später reiste Karolina R. mit ihrem Sohn zurück nach Bonn. Im März 2014 wurde sie verhaftet.

Über das Vorleben ihres Mannes ist nicht viel bekannt. Im GA-Archiv findet sich ein Hinweis, dass Fared S. 2005 seinen Hauptschulabschluss an der Karl-Simrock-Schule gemacht hat. In Neu-Tannenbusch ist er ein alter Bekannter, der im Jugendhaus Brücke anzutreffen war: "Was, der Fared kämpft in Syrien?!", so ein Jugendlicher dort fassungslos.

Eine weitere alte Verbindung von Syrien-/Irak-Dschihadisten ins Rheinland verdeutlicht ein wenige Tage alter Aufruf des Islamisten Mohamed Mahmoud. Wie berichtet, fordert dieser im Internet "Rache" für den Prozess gegen Karolina R. und ruft dazu auf, dass "einsame Wölfe" möglichst viele Menschen in Deutschland ermorden sollen, bis die 25-Jährige freigelassen wird.

Mahmoud, wegen islamistischer Betätigung vorbestraft, war 2012 mit dem früheren Rapper Denis Cuspert, dem heutigen Kampfgefährten von Fared S., von Berlin nach Solingen gezogen, wo beide die inzwischen verbotenen Organisation "Millatu Ibrahim" leiteten. Nach dem Verbot setzten sich beide in den Nahen Osten ab. Cuspert gilt als einer der Drahtzieher der Lannesdorfer Salafistenkrawalle vom 5. Mai 2012.

Deutsches Strafrecht und Völkerstrafrecht

Für Delikte mit islamistischem Hintergrund greifen im deutschen Strafrecht mehrere Normen, die teilweise in den vergangenen Jahren neu geschaffen wurden und die bisherige Bildung oder Unterstützung terroristischer Vereinigungen im In- und Ausland (§ 129 a und b StGB) ergänzen.

So ist etwa für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdeten Gewalttat (§ 89 a StGB) nicht erforderlich, dass sie durch eine Vereinigung erfolgt. Strafbar sind zudem die Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89 b - etwa während eines Aufenthalts in terroristischen Ausbildungslagern - sowie auch die Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 91 StGB), etwa durch Verbreitung von Propaganda im Internet.

Über das deutsche Strafrecht hinaus gibt es Delikte, die international im Völkerstrafrecht geregelt sind. Dazu gehören Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Zu ihrer Ahndung sind grundsätzlich ebenfalls nationale Gerichte berechtigt.

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