Prozess gegen 27-jährigen Salafisten Hasstiraden vor dem Richter

BONN · Murat K. ist ein Überzeugungstäter. Wie überzeugt der 27-jährige Salafist, der am 5. Mai 2012 Polizisten bei einer Gegendemo zur Demonstration von Pro NRW in Bad Godesberg mit dem Messer schwer verletzte, von der Notwendigkeit von Gewalt gegen "die Feinde des Islam" ist, bewies er am Montag erneut vor dem Landgericht.

Der Mann, der im Oktober 2012 wegen seiner Messerattacken zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde und mit seiner Revision gegen das Urteil teilweise erfolgreich war, nutzt auch diesen neuen Prozess als Bühne für Hasstiraden gegen den deutschen Staat.

Und er geht so weit, eine Kopie des Grundgesetzes voll Abscheu auf den Boden zu schleudern. Sein Plan aber, mit einer milderen Strafe davonzukommen, schlägt fehl. Dieser erneute Prozess war vom Bundesgerichtshof angeordnet worden: Der hatte zwar das Urteil im Schuldspruch bestätigt, im Strafmaß jedoch aufgehoben mit der Begründung: Bei der Strafzumessung habe die damals zuständige 3. Große Strafkammer Rechtsfehler begangen. Und so steht jetzt die 1. Große Strafkammer vor der Frage: Was ist die gerechte Strafe in dem Fall?

Das Landgericht hat für diesen Prozess die Sicherheitsvorkehrungen verschärft: Prozessbesucher müssen erst durch eine weitere Sicherheitsschleuse. Der Andrang hält sich indes in Grenzen, vor allem Medienvertreter interessieren sich für den Fall. Auffällig im Publikum sind jedoch drei Männer, Bartträger wie Murat K. und von diesem freudestrahlend begrüßt, als er von Wachtmeistern in Handschellen in den Saal gebracht wird.

Was Murat K. von der Justiz hält, zeigt er schon beim Einzug des Gerichts: Er bleibt als einziger sitzen. Doch Vorsitzender Hinrich de Vries lässt sich nicht provozieren. Der Richter lässt den Mann reden, auch um sich ein Bild von ihm zu machen. Denn für die Strafhöhe kommt es auch auf die Haltung des Angeklagten an. Und auf die Tatfolgen für die beiden Polizisten, die Murat K. laut Urteil gezielt an den ungeschützten Oberschenkeln verletzte, wohl wissend, wie lebensgefährlich das ist. Beide Beamte werden nun noch einmal gehört, und beide tragen noch psychisch an den Folgen.

Am Ende ist es der Angeklagte selbst, der dafür sorgt, dass es bei der Strafe bleibt: So fragt er nicht nur den Polizisten im Zeugenstand, ob er den damaligen Einsatz bereue. Er betont zum Schluss auch: "Ich habe am 5. Mai getan, was jeder aufrechte Muslim getan hätte. Wer Mohamed beleidigt, verdient die Todesstrafe." Er verspreche, weiter gegen alle vorzugehen, die diesen beleidigten und das unterstützten. "Mordanschläge werden weiter durchgeführt." Es werde Hass und Feindschaft geben, solange "ihr nicht den Islam annehmt", sagt er. Und schleudert das Grundgesetz durch den Saal.

Das Gericht verurteilt ihn erneut zu sechs Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs. Und Richter de Vries erklärt: Bevor die Kammer den Angeklagten erlebt habe, habe sie daran gedacht, die Strafe zu mildern. "Aber wir können nicht umhin, bei ihm eine rechtsfeindliche Gesinnung festzustellen. Er hat mit Mordanschlägen gegen Institutionen des Staates, mit Hass und Feindschaft gedroht, eine Ausfertigung des Grundgesetzes auf den Boden geworfen. Das alles spricht so gegen Menschenwürde, Respekt und Toleranz, dass die Strafe nicht niedriger ausfallen kann." Murat K. zeigt sich unbeeindruckt. Sein Verteidiger Mutlu Günal kündigt erneut Revision an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort