Fall Naujoks Ratsmehrheit kritisiert Nimptschs Haltung

BONN · Die schwarzgrüne Koalition hat die Äußerungen des Bonner Oberbürgermeisters Jürgen Nimptsch (SPD) scharf kritisiert und ihn gestern erneut aufgefordert, dem ehemaligen SGB-Chef Friedhelm Naujoks (SPD) noch am selben Tag fristlos zu kündigen.

Sollte der OB zum zweiten Mal eine Kündigung von Naujoks verweigern, will die Koalition rechtliche Schritte einleiten.

"Wenn man die heutige Begründung von Nimptsch liest für seine erneute Weigerung, seinem Parteikollegen Naujoks die Kündigung auszusprechen, kann man nur ungläubig den Kopf schütteln", sagte Peter Finger (Grüne). "Obwohl der eingeschaltete Arbeitsrechtler die Kündigung für vertretbar hält, sind für Nimptsch die Warnungen seines Strafrechtlers vor “unabwägbaren beziehungsweise letztlich derzeit unüberschaubaren Folgen„ ausschlaggebend."

Diese Formulierungen öffneten erneut Spekulationen Tür und Tor und verstärkten den Eindruck, dass der OB an der Aufklärung des WCCB-Desasters und den notwendigen Konsequenzen für die Verantwortlichen kein wirkliches Interesse habe.

Zu den Vorwürfen des OB gegenüber der Koalition sagte Georg Fenninger(CDU): "In seiner Not schmeißt der OB mal wieder mit Nebelkerzen." Aus der dürftigen Aktenlage der Verwaltung habe man in der Tat und eindeutig entnehmen können, dass die Kündigung vertretbar sei.

Das Problem sei nicht, dass der Rat die Einstellung von Herrn Naujoks auf Empfehlung der Verwaltung beschlossen und damit positive Erwartungen verbunden habe, sondern die fortgesetzte Verweigerungshaltung des OB, Naujoks zu kündigen, obwohl das eigene Rechnungsprüfungsamt und jetzt die Staatsanwaltschaft dessen Fehlverhalten eindeutig belegt haben.

Auch die Bonner Liberalen verstehen die Haltung des OB nicht, wie Bonns FDP-Vorsitzender Werner Hümmrich erklärte: "Ich weiß nicht, warum der OB immer wieder vor einer Kündigung zurückschreckt. Wir in der Fraktion sind uns einig, dass sofort gekündigt werden muss. Alles andere ist politisch nicht mehr vertretbar." Ein Prozessrisiko sei nie vermeidbar.

Auch der Bürger Bund Bonn (BBB) erwartet, dass der OB Naujoks sofort fristlos kündigt. Naujoks dürfe keinen Tag länger sein Spitzengehalt ohne Gegenleistung erhalten. Der BBB kündigte ebenfalls die Prüfung von Regressforderungen an, falls Nimptsch erneut die Kündigungsfrist verstreichen lasse.

Die Linksfraktion nennt es "unverständlich", dass selbst auf Grundlage der Anklage keine erneute Kündigung ausgesprochen werde. "Das weitere Zuwarten auf die Eröffnung des Hauptverfahrens durch die Wirtschaftsstrafkammer dürfte die rechtlichen Chancen einer erneuten Kündigung kaum signifikant verbessern, da die Anklage auf hinreichendem Tatverdacht und intensiver Ermittlungsarbeit beruht", erklärte Fraktionschef Michael Faber. Das längere Abwarten könne weitere Ansprüche auf Lohnzahlung begründen. Nimptschs Entscheidung sei nicht nachvollziehbar.

SPD-Fraktionschefin Bärbel Richter erklärte: Wenn Nimptsch den Rechtsexperten folge, um Risiken zu mindern, sei das richtig. Allerdings wolle auch ihre Partei "das Kapitel Naujoks so schnell wie möglich beenden".

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