WCCB-Skandal Naujoks bleibt auf der Gehaltsliste

BONN · Im Streit um eine mögliche Kündigung von Friedhelm Naujoks (SPD), Ex-Leiter des Städtischen Gebäudemanagements (SGB), verhärten sich die Fronten zwischen Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) und der Koalition CDU/Grüne sowie weiteren Ratsfraktionen.

Während die Stadt mitteilte, dass die Verwaltung unter ihrem Chef Nimptsch Naujoks "derzeit" nicht kündigen werde, drohen CDU/Grüne an, die Kommunalaufsicht einzuschalten, falls der OB bei seiner Haltung bleibe.

Die neuerliche Diskussion um eine Verdachtskündigung war entstanden, weil die Staatsanwaltschaft Naujoks und zwei seiner Mitarbeiter vor vier Wochen im Zusammenhang mit dem Millionen-Debakel des World Conference Center Bonn (WCCB) angeklagt hatte.

Naujoks wird Betrug und Untreue jeweils im besonders schweren Fall vorgeworfen. Durch die Anklage entstand aus Sicht der Opposition ein neuer Anlass für eine Verdachtskündigung, jedoch lief die Frist dazu gestern ab.

Die Verwaltung hat nach eigenen Angaben zur Causa Naujoks externe Fachkräfte aus Arbeits-, Straf- und Zivilrecht eingeschaltet und resümiert: "Demnach bestehen Zweifel, ob die vom Bundesarbeitsgericht für eine Verdachtskündigung entwickelten strengen Maßstäbe (...) zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der Anklageerhebung in der notwendigen Weise als erfüllt anzusehen sind."

Sie teilt unter anderem mit: "Zwar wird einerseits eine Kündigung für “vertretbar„ gehalten, andererseits aber vor “unwägbaren bzw. letztlich derzeit unüberschaubaren Folgen„ gewarnt." Eine Kündigung wäre zum jetzigen Zeitpunkt "aufgrund der komplexen Situation im Sinne gesamtstädtischer Überlegungen mit unwägbaren Risiken für die Stadt verbunden".

Die Verwaltung glaubt, dass "die Anklageerhebung nicht der letzte Zeitpunkt" sei, zu dem eine außerordentliche Kündigung möglich wäre (siehe Text rechts). "Es erscheint in einer Gesamtschau sachgerechter, die voraussichtlich 2013 anstehende Entscheidung des Landgerichts Bonn über die Zulassung der Klage abzuwarten. Die Verwaltung wird daher die Angelegenheit erneut prüfen, sollte es ganz oder teilweise zu einer Zulassung der Anklage kommen."

Nimptsch: "Ich bin erstaunt, dass Ratspolitiker, die - vor meiner Amtszeit - die Einstellung von Herrn Naujoks beschlossen (...) und dem Abschluss des Controlling-Vertrages (für das WCCB/Anm. d. Red.) mit der Beauftragung von Herrn Naujoks zugestimmt haben, nunmehr offenbar zur Beruhigung ihres schlechten Gewissens einen Sündenbock brauchen."

Der Streit um die Rolle des SGB beim WCCB war im April 2010 entbrannt, als das unabhängige Rechnungsprüfungsamt (RPA) Naujoks & Co. ein vernichtendes Urteil ausgestellt hatte.

Nach 474 Seiten hatten die RPA-Prüfer zwei Fragen des Stadtrates mit "Nein" beantwortet: Wurden die Kostensteigerungen von insgesamt 60 Millionen Euro ausreichend und zeitnah im Detail nachgewiesen? Wurden die Interessen der Stadt, vertreten durch das SGB, durch ein geeignetes und effektives Controlling gewahrt? Damals habe der OB, so kritisiert die Ratsmehrheit, eine arbeitsrechtlich mögliche Kündigungsoption nicht genutzt.

Dem neuerlichen Gerangel um die für die Stadt kostenintensive Personalie war ein monatelanger Streit um eine Vertragsauflösung vorausgegangen. OB und Verwaltung wollten ihrem mit 175.000 Euro Jahressalär entlohnten Angestellten rund 400.000 Euro Abfindung anbieten, doch der Rat verweigerte die Gefolgschaft.

Als der Fall "Naujoks und die Legionellen" 2012 wieder hochkochte, weil die Staatsanwaltschaft erneut ermittelte, kündigte die Verwaltung Naujoks auf Druck des Stadtrats - und verlor vor dem Arbeitsgericht. Grund: Die Stadt hatte keine grundsätzlich neuen Erkenntnisse. Die vermeintlich "neuen" waren die alten, auf deren Basis die Stadt schon einmal auf eine Kündigung verzichtet hatte.

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