Landgericht Bonn Freispruch für Friedhelm Naujoks im Legionellen-Prozess

BONN · Mit einem Freispruch ist am Donnerstag das Verfahren gegen den früheren Chef des städtischen Gebäudemanagements (SGB), Friedhelm Naujoks, vor dem Bonner Landgericht zu Ende gegangen.

 Friedhelm Naujocks (links) mit seinem Verteidiger Frank Seebode 2013 im Landgericht Bonn.

Friedhelm Naujocks (links) mit seinem Verteidiger Frank Seebode 2013 im Landgericht Bonn.

Foto: Roland Kohls

Die Anklage hatte dem 62-jährigen Ingenieur vorgeworfen, Ende 2005 und Anfang 2006 im Konrad-Adenauer-Gymnasium und der Gesamtschule II (heute Elisabeth-Selbert-Gesamtschule) den Einbau von Desinfektionsanlagen angeordnet zu haben, durch die im Wasser das möglicherweise krebserregende Trihalogenmethan (THM), gebildet wurde. Naujoks habe vorsätzlich eine Trinkwassergefährdung in Kauf genommen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 21.150 Euro (90 Tagessätze à 235 Euro) gefordert. Ob sie Revision einlegen wird, ließ sie offen.

Nach Auffassung der 3. Großen Strafkammer ist der Vorwurf der vorsätzlichen Trinkwassergefährdung nicht haltbar. Es sei nicht davon auszugehen, dass Naujoks eine Gefährdung in Kauf genommen habe. Vielmehr habe für ihn im Vordergrund gestanden, die hohe Legionellenbelastung im Wasser der beiden Schulen zu bekämpfen.

In der Gesamtschule habe der Legionenellenbefall zur Schließung der Waschräume geführt. Zudem habe Naujoks aufgrund der zuvor in Bielefeld gesammelten Erfahrungen mit dem von ihm mitentwickelten Verfahren der anodischen Oxidation keine Erkenntnisse darüber gewonnen, dass THM im Wasser gebildet würde.

"Ob die Entscheidung, die Anlage in dem Gymnasium einzubauen, richtig war, ist aus heutiger Sicht eine ganz andere Frage", sagte der Richter. Denn zum damaligen Zeitpunkt habe man noch nicht von einer "nicht genehmigten" Anlage sprechen können, da keine Vorgaben existierten, mit welcher Technik Trinkwasser desinfiziert werden dürfe. Erst mit der 2007 in Kraft getretenen Trinkwasserverordnung seien vier Verfahren in einer "Positivliste" als zulässig deklariert worden. Das Verfahren der anodischen Oxidation ist nicht darunter.

Beim Einbau der Anlage in der Gesamtschule müsse man wieder die Frage stellen, ob Naujoks eine Trinkwassergefährdung vorsätzlich in Kauf genommen habe. Auch da sei das Gericht zu der Entscheidung gekommen, das sei nicht der Fall. Naujoks habe im Verfahren erklärt, er habe darauf vertraut, dass in der zweiten Anlage kein THM mehr auftrete und die Bildung des Giftstoffes im Wasser des Gymnasiums eine andere Ursache gehabt haben müsse.

Professor Martin Exner, leitender Hygienemediziner an der Uni Bonn und Vorsitzender der Deutschen Trinkwasserkommission, den das Gericht als Experten geladen hatte, habe das nicht ausgeschlossen. Auch eine Verurteilung wegen Fahrlässigkeit - von der Staatsanwaltschaft nicht erhoben - wäre laut Gericht nicht möglich gewesen. In diesem Fall wären die Vorwürfe bereits 2009 bereits verjährt gewesen.

Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch hat Naujoks zweimal fristlos im Zusammenhang mit den Desinfektionsanlagen gekündigt. Im ersten Verfahren ist die Stadt auch in zweiter Instanz unterlegen. Sie versucht mit einer Nichtzulassungsbeschwerde am Bundesarbeitsgericht, die Kündigung durchzusetzen. Das Verfahren zur zweiten fristlosen Kündigung ruht, bis eine Entscheidung vorliegt. Naujoks ist zudem im WCCB-Bauskandal mit weiteren aktiven und ehemaligen Stadtbediensteten wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs angeklagt.

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