Kommentar Tempo für Beethoven

Nach dem Ende des Festspielhaus-Projektes hat Bonn keine Zeit für eine rückwärtsgewandte Debatte, wie sie am Donnerstagabend wahrscheinlich im Stadtrat droht.

Es ist jetzt unerheblich, wer am Ausstieg des Post-Konzerns schuld ist - oder wer schon immer gewusst haben will, dass ein Konzerthaus nicht finanzierbar sei. Die Tür ist zu, die Chance vertan.

Denn eine Chance für den Standort wäre das Festspielhaus ohne Zweifel gewesen. Der Chance hätte das Risiko gegenübergestanden, dass der Konzertbetrieb Defizite verursacht - so wie in den allermeisten Festspielhäusern. Und wenn die Betriebsstiftung nicht in der Lage gewesen wäre, das Minus aus eigener Kraft auszugleichen, hätte am Ende wohl doch die Kommune zahlen (und dafür bei anderen Kulturausgaben sparen) müssen.

Das ist der Preis, den andere Städte für Leuchtturmprojekte dieser Art akzeptieren - der Bonner Rat war dazu nicht bereit. Auf der anderen Seite hat die Post einen allzu optimistischen Businessplan für das Festspielhaus vorgelegt, der von einem Gegengutachten massiv erschüttert wurde: Das dürfte ein Hauptgrund für den plötzlichen Rückzug des Konzerns sein.

Jetzt gilt es, einen würdigen Rahmen für das Beethoven-Jubiläum 2020 zu schaffen. Das könnte die Beethovenhalle sein, wenn es gelingt, die 39 Millionen Euro, die der Bund dem Festspielhaus spendieren wollte, für den Umbau der Halle zu nutzen. Und da muss Bonn schnell sein.

Die Begehrlichkeiten anderer Städte sind groß, an das reservierte Geld zu kommen. Bevor der Haushaltsausschuss des Bundestages im Herbst seine Etatberatungen beginnt, sollten die Stadtverwaltung und die Bonner Abgeordneten die entscheidenden Gespräche in Berlin geführt haben - ein Thema, das Oberbürgermeister Nimptsch in seinen letzten Amtswochen zur Chefsache erklären könnte.

Bonn hat sich in der nationalen Wahrnehmung in den letzten Jahren nicht mit Ruhm bekleckert: der WCCB-Skandal, die Endlos-Debatte um das Festspielhaus, die verpatzte Suche nach einem neuen Generalmusikdirektor - das alles hat Vertrauen gekostet. Jetzt haben Stadtverwaltung und Politiker die Gelegenheit zu beweisen, dass sie es doch können: effizient und zielgerichtet das Beste aus der Situation zu machen und die Bundesmillionen zu sichern.

Gelingt das nicht, kann in der Beethovenhalle nur das Nötigste saniert werden. Der Ausbau für bis zu 70 Millionen Euro, da hat Nimptsch völlig recht, ist für die Pleite-Kommune viel zu teuer. Wenn eine grundsanierte Halle nicht gut genug ist, müssen Klassikkonzerte 2020 eben im großen WCCB-Saal stattfinden. Das ist zwar eine Notlösung, die sowohl das Konzertprogramm als auch die Kongressvermarktung einschränkt. Aber so ist das nun einmal, wenn man kein Geld mehr hat.

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