Kommentar Festspielhaus - Ein Ende mit Schrecken

Die Deutsche Post zieht eine Konsequenz, deren Logik kaum zu widersprechen ist. Offenbar hatte im Posttower niemand länger Lust, sich immer tiefer in die Niederungen der Bonner Kommunalpolitik ziehen zu lassen.

Auch wenn der Oberbürgermeister das Projekt wollte, gab es in Rat und Rathaus genug Fallensteller, die das Vorhaben zu verhindern suchten. Das verhieß nichts Gutes für die kommenden Jahre. Warum sollte die Post sich auf dieses Niveau begeben, da sie doch eigentlich ein Geschenk loswerden wollte und auf anderen Bühnen gerade ein paar gravierendere Probleme hat?

Außerdem steht der OB-Wahlkampf vor der Tür und dort drohte eine neue kleinteilige Debatte um das Thema. Aus Sicht eines Weltkonzerns ist es nur logisch, ein Projekt abzusagen, wenn ein gutes Ende nicht mehr gewährleistet ist. Also lieber ein Ende mit Schrecken.

Die Kommunalpolitik war in beinahe zehn Jahren nicht in der Lage, eine klare Entscheidung zu treffen. Die Post tut es jetzt. Das ist blamabel für die politischen Akteure.

Bonn bleibt auf einem großen Scherbenhaufen sitzen. Außerhalb hat niemand je verstanden, warum man hier glaubt, auf Millionenhilfen für die Kultur verzichten zu können. Der Ruf der Stadt als verlässlicher Partner leidet. Durch die Absage entgeht Bonn viel Geld und es verliert an Handlungsfähigkeit.

Es gibt keine Finanzierung von Kultur durch eine unabhängige Stiftung, obwohl dieses Modell angesichts klammer öffentlicher Kassen schon heute dringend nötig gewesen wäre. Stattdessen gibt es eine baufällige Beethovenhalle, deren teure Sanierung aus einem Haushalt bezahlt werden muss, der ohnehin am Ende ist.

Mit dem Fehlschlag verliert die Stadt somit auf Jahre einen wesentlichen Teil ihrer Gestaltungsmöglichkeiten. In Zukunft wird es in der Kommunalpolitik ganz überwiegend um Sparen und Schließen gehen. Das ist keine erfreuliche Aussicht für Rat und Verwaltung, zumal es jetzt keine Ausrede mehr gibt, ein teures Festspielhaus sei Ursache der Misere. So schafft man sich ein echtes Problem, indem man ein vermeintliches abschüttelt.

Was sagt dieses klägliche Scheitern von Rat und Verwaltung über Bonn? Es fehlt derzeit an der grundsätzlichen Fähigkeit, Chancen und Risiken abzuwägen und sich klar zu entscheiden. Im Rathaus fehlen Führungskraft und Mut auf allen Ebenen. Das mag man einer unglücklichen Machtverteilung zwischen Rat und OB zurechnen. Aber das reicht als Erklärung nicht aus. Ein neuer Oberbürgermeister muss die Stadt aus dieser Blockade führen. Sonst drohen ihr Mittelmaß und Abstieg. Es wird in Zukunft darum gehen, aus wenig viel zu machen und nicht mehr aus viel wenig.

Es bleibt ein Hoffnungsschimmer. Das ist das bürgerschaftliche Engagement. Der Einsatz für das Festspielhaus war vorbildlich. Wenn es gelingt, verständlichen Frust zu überwinden und weiter für die Sache zu arbeiten, dann gibt es eine Chance, Bonn und Beethoven im Jubiläumsjahr 2020 zum Erfolg zu machen. Bonn hat in Sachen Kultur viel Potenzial. Das gilt es zu nutzen. Und vielleicht ist das Rathaus dabei hilfreich: Gestalten heißt die Aufgabe der Politik, nicht verhindern.

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