Festspielhaus oder sanierte Beethovenhalle? Die Positionen der Ratsfraktionen im Überblick

BONN · In den nächsten zwei, drei Monaten geht das seit Jahren heiß diskutierte Projekt Beethoven-Festspielhaus in die entscheidende Phase.

Bis Ende Mai will die Deutsche Post DHL von der Stadt wissen, für welches Baugrundstück sie einen Architektenwettbewerb starten kann. Nur dann hält der Konzern es für möglich, das neue Konzerthaus rechtzeitig vor Beethovens 250. Geburtstag 2020 in Betrieb zu nehmen.

Sowohl die Post als auch die Festspielhaus-Initiativen favorisieren ein Baufeld südlich der Beethovenhalle zwischen Theaterstraße und Erzbergerufer. Nach GA-Informationen ist dieser Standort für den Konzern sogar alternativlos - entweder dort oder gar nicht.

Die Baukosten des Festspielhausgebäudes müssen privat aufgebracht werden. 30 Millionen Euro stellt die Post in Aussicht; der Festspielhaus-Förderverein und die Beethoventaler-Genossenschaft sammeln weiteres Geld. Für die geplante Betriebsstiftung haben der Bund 39 Millionen, die Sparkasse Köln-Bonn 5 Millionen und der Rhein-Sieg-Kreis 3 Millionen Euro zugesagt.

Die Stadt Bonn hat ihren Beitrag zu den Betriebskosten noch nicht beziffert. Erhebliche Kosten entstehen der Kommune auch für die baureife Übergabe des Grundstücks, auf dem zum Beispiel ein Studentenwohnheim und ein alter Bunker abgerissen werden müssten. Dabei dürfte es um einige Millionen Euro gehen - die Prüfungen laufen noch. Die Stadt will Fördermittel beantragen.

Der Rat hat kürzlich gegen die Stimmen von Grünen und Linkspartei beschlossen, mit einem Bebauungsplanverfahren Baurecht für das Festspielhaus zu schaffen. Parallel sind Planungsaufträge für die Sanierung der Beethovenhalle vergeben worden. Sollte sie - anstelle eines Festspielhauses - zur hochwertigen Konzertspielstätte ausgebaut werden, rechnet die Stadtverwaltung nach früheren Angaben mit Kosten von mehr als 30 Millionen Euro. Diese müsste die Kommune ganz allein tragen.

[kein Linktext vorhanden]Welcher Weg gewählt wird, um das Bonner Beethoven-Erbe angemessen zu würdigen, entscheidet der Stadtrat. Im Vorfeld der Kommunalwahl am 25. Mai befragte der General-Anzeiger deshalb alle im Rat vertretenen Fraktionen.

Das sagt die CDU

"Für die Beethovenstadt Bonn, aber auch für den Wirtschaftsstandort wäre ein Festspielhaus ein Leuchtturmprojekt mit internationaler Ausstrahlung", betont der Parteivorsitzende Christos Katzidis. Der Rat hat beschlossen, ein Grundstück zu übertragen und sich an der Gestaltung des Umfeldes im Rahmen von Städtebaufördermaßnahmen zu beteiligen. Leider gebe es noch kein Betriebskonzept.

"Eine angemessene Beteiligung am Betrieb sollte in dem Rahmen liegen, der auch bisher für Beethovenfest (rund 1,6 Millionen Euro im Jahr - Anmerkung der Redaktion), Beethovenorchester und so weiter ausgegeben wird", sagt Katzidis. An den Baukosten beteilige sich die Stadt nicht. Die Beethovenhalle solle als Multifunktionshalle fortgeführt werden. Katzidis: "Der Umbau der Beethovenhalle in ein Konzerthaus oder die Übertragung an die Stiftung ist für uns noch eine Handlungsalternative."

Das sagt die SPD

"Bonn braucht ein Konzerthaus als ständigen Aufführungsort für Konzerte - sowohl für Klassik als auch für Jazz und Ähnliches", unterstreicht Wolfgang Hürter, kulturpolitischer Fraktionssprecher. Die Beethovenhalle als Mehrzweckhalle reiche dafür nicht aus. Die Höhe der maximal vertretbaren Kosten, die die Stadt für das Baugrundstück eines Festspielhauses aufbringen könne, hingen auch davon ab, welchen Nutzen die Maßnahme für Bonn habe.

Denn der Standort an der Beethovenhalle führe ja auch zu einer signifikanten Verbesserung des Stadtbilds und der Eingangssituation in der Nordstadt. Hürter: "Auch die Kosten werden aber im Entscheidungsprozess maßgeblich sein." Wenn der Probenbetrieb des Beethoven- Orchesters nicht mehr in der Beethovenhalle stattfinden müsse, könne sie verstärkt für Kongresse oder Pop-Konzerte vermietet werden. Der Gedanke eines Musikcampus von Beethovenhalle und Konzerthaus habe Charme.

Das sagen die Grünen

"Der 250. Beethoven-Geburtstag soll in einer grundsanierten Beethovenhalle gewürdigt werden", erklärt Gisela Mengelberg, kulturpolitische Fraktionssprecherin. Ein Festspielhaus sei überflüssig. Die Grünen pochen auf den Ratsbeschluss von 2010: "Keine Beteiligung der Stadt an den Investitionskosten mit Ausnahme städtebaulicher Begleitmaßnahmen im Projektumfeld, sofern diese weitestgehend durch Städtebaufördermittel refinanziert werden können."

Für eine Neuausrichtung des Baufeldes an der Beethovenhalle müssten Millionen aufgebracht werden: Geld, das Bonn nicht habe. Der spätere Betrieb dürfe den Haushalt laut Ratsbeschluss nicht zusätzlich belasten. Städtische Zuschüsse müssten durch anderweitige Kürzungen gedeckt werden. Geschähe das im Kulturetat, träfe es vor allem die freie Kulturszene, weil die Budgets für Theater, Oper und Orchester vertraglich gebunden sind. Mengelberg: "Dies werden wir als Grüne nicht zulassen."

Das sagt die FDP

"Ein Festspielhaus mit hochwertiger Akustik ist für Bonns Profil unverzichtbar", stellt Wilfried Löbach für die FDP-Fraktion klar. Das Haus müsse auch offen sein für hochwertige Musikformate, die nicht direkt der Klassik zuzuordnen seien - und es müsse die neue Heimat des Beethoven-Orchesters werden.

Für die Kosten der Bereitstellung des Baugrundstücks müssten Städtebaufördermittel beantragt werden. Bei den Betriebskosten sei ein direkter Zuschuss sinnvoll, so Löbach. "Bei der Diskussion im Frühjahr 2010 wurde von einem Betrag bis maximal vier Millionen Euro ausgegangen.

Für einen verkleinerten Bau sollte man nun mit einem niedrigeren Betrag rechnen." Da das Festspielhaus überregional Besucher anziehen solle, sei der Zuschuss möglicherweise nicht allein aus dem Kulturetat zu erbringen. Ein Konzerthaus bedeute für die Beethovenhalle "neue Spielräume für Eventnutzungen und Messen".

Das sagt der Bürger Bund Bonn (BBB)

"Beethovens Geburtsstadt braucht ein Konzerthaus auf internationalem Niveau", betont Fraktionschef Bernhard Wimmer. "Wir halten das für wichtiger als ein Kongresszentrum, denn seine Musik wirbt für Bonn weltweit." Die Stadt habe 2007 zugesagt, den Investoren ein baureifes Grundstück zu überlassen. Damals habe man mit mehr als neun Millionen Euro gerechnet. Wimmer: "Diese Zusage gilt für uns weiter."

Später solle sich Bonn an der Betriebsgesellschaft mit einem Stiftungskapital von fünf Millionen Euro beteiligen. Die Betriebsgesellschaft müsse zu einem ausgeglichenen Jahresergebnis kommen; zusätzliche laufende Kosten entstünden der Stadt dann nicht. Als Gegenfinanzierung würde der BBB die neue Zufahrt zur Marktgarage (über 8,5 Millionen) und die Nachrüstung des WCCB für klassische Konzerte (2,45 Mio.) streichen, den Rest im Gesamtetat sparen. Die Beethovenhalle solle als Mehrzweckhalle saniert werden.

Das sagt die Linkspartei

"Bonn braucht kein Festspielhaus", erklärt Jürgen Repschläger, der kulturpolitische Fraktionssprecher. Deshalb solle die Stadt auch kein Baugrundstück an Private verschenken. Die Betriebskosten würden den Haushalt stark belasten oder Lücken in anderen Kulturbereichen reißen: "Dies widerspricht unserem Ziel einer vielfältigen Kulturlandschaft." Eine sanierte und akustisch aufgewertete Beethovenhalle solle wie bisher der Ort für das Beethovenfest und für klassische Konzerte aller Art sein.

Sinnvoll wäre es, die Beethovenhalle durch den Anbau eines Kammermusiksaals mit etwa 600 Plätzen zu ergänzen. Dieser könne die Heimstatt des Beethoven-Orchesters sein. Die durch den Wegfall der Proben frei werdenden Kapazitäten in der Beethovenhalle könnten zur stärkeren Vermarktung für andere Veranstaltungen genutzt werden.

Podiumsdiskussion am Montag

Die Festspielhausfreunde laden für heute Abend zu einer öffentlichen Diskussion mit dem Thema "Quo vadis Beethovenstadt Bonn?" ein. Ab 20 Uhr sitzen im Universitätsclub, Konviktstraße, die Vorsitzenden der Stadtratsfraktionen auf dem Podium. Das Publikum kann im zweiten Teil seine Fragen an die Teilnehmer stellen.

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