Gescheiterte Festspielhaus-Pläne Beethoventaler-Genossenschaft vor dem Aus

BONN · Nach dem Ausstieg der Deutschen Post DHL Group aus dem Festspielhaus-Projekt ist auch die Gründung der geplanten Betriebsstiftung vom Tisch. Die Stadtverwaltung hat die Beschlussvorlage für die Ratssitzung am Donnerstag zurückgezogen. Die Frage ist: Wie macht Bonn nun weiter, um sich auf den 250. Geburtstag von Beethoven im Jahr 2020 vorzubereiten?

Was kostet der Umbau der Beethovenhalle?

Selbst die einfache Instandsetzung mit baulichem Brandschutz, Erneuerung der technischen Anlagen, Sanierung der Fassaden und Dächer sowie der Sanitär- und Gastronomieräume veranschlagt die Stadtverwaltung auf 31 bis 40 Millionen Euro. Der Rat hat aber vertiefte Planungen für eine andere Variante beschlossen: den Umbau zur Multifunktionshalle für 56 bis 70 Millionen Euro.

Dabei sollen Gebäude und Außenanlage umfassend ertüchtigt, das Studio vergrößert und Stimmzimmer sowie Verwaltungsflächen für das Beethoven Orchester geschaffen werden. Unter anderem würden das Südfoyer vergrößert, Techniknebenräume dafür in einen neuen unterirdischen Baukörper verlagert. Die Bühnenanlage soll akustisch verbessert werden.

Darf eine Stadt mit Haushaltssicherungskonzept (HSK) überhaupt so viel Geld investieren?

Bäderzeiten einschränken und gleichzeitig bis zu 70 Millionen Euro in die Beethovenhalle stecken: Haushaltsrechtlich geht das. Die Entscheidung, wie die Sanierung erfolgen soll, liege beim Rat, betont die Bezirksregierung Köln als Kommunalaufsicht. Auch im HSK seien derartige Investitionen erlaubt, sofern die Stadt den Haushaltsausgleich binnen zehn Jahren "darstellen" kann.

Gibt es eine Chance, für die Halle Geld vom Bund zu bekommen?

Seit 2007 hat der Haushaltsausschuss im Bundestag 39 Millionen Euro für die Festspielhaus-Betriebsstiftung reserviert. Der Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (SPD) und Johannes Kahrs, Finanzsprecher der SPD-Bundestagsfraktion, halten es für möglich, dieses Geld in die Hallensanierung umzulenken. Die Stadt müsste dann allerdings weitere 39 Millionen aus eigener Kasse (über Kredite) beisteuern. In der Bundestagskoalition könnte das durchsetzbar sein: Immerhin haben CDU und SPD das Beethoven-Jubeljahr im Koalitionsvertrag als "nationale Aufgabe" definiert.

Ist das WCCB konzerttauglich?

Der große Saal des World Conference Center Bonn ist mit mobilen Wänden teilbar; mittels Hubböden können ansteigende Sitzreihen eingerichtet werden. Für bessere Akustik soll eine Nachhallanlage für rund 1,5 Millionen Euro angeschafft werden. Das Beethoven Orchester soll das WCCB während der Beethovenhallen-Sanierung als Ausweichspielstätte nutzen. Problem: Das schränkt die Vermarktungszeiten für Kongresse im WCCB ein.

Was wird mit dem Beethoventaler?

Die Beethoventaler-Genossenschaft, die 2013 auf Initiative von mehr als 20 Unternehmen in Bonn und der Region zur finanziellen Unterstützung des Festspielhaus-Bauvorhabens gegründet wurde, steht vor dem Aus. "Mit dem Ende des Projektes sind unserer Genossenschaft Sinn und Zweck entzogen", erklärten gestern der Aufsichtsratsvorsitzende Fritz Dreesen und der ehemalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement für den Vorstand der Genossenschaft.

Am Mittwoch hatte man in einer Vorstandsitzung erste Schritte diskutiert. Zunächst müsse man sich laut Vorstandsmitglied Stefan Eisel in einer Generalversammlung mit der Sachlage auseinandersetzen. Die Abwicklung der Genossenschaft inklusive der möglichen Rückzahlungen von Spendengeldern geschieht nach den Buchstaben des Genossenschaftsrechts. Geklärt werden muss unter anderem auch, was mit den Lizenzprodukten der Marke "Beethoventaler" geschehen soll, die noch nicht verkauft wurden.

Wie weit sind die organisatorischen Vorbereitungen für das Jubiläumsjahr 2020?

Die Stadt baut gerade eine Geschäftsstelle mit zwei Stellen unter Leitung von Ralf Birkner auf. Für das Projekt stehen 3,73 Millionen Euro im Haushalt. "Erste programmatische Abstimmungen mit dem Bund, den Ländern NRW und Rheinland-Pfalz, dem LVR und dem Rhein-Sieg-Kreis haben in zwei Sitzungen stattgefunden", teilt Stadtsprecherin Monika Hörig mit.

Kulturdezernent Martin Schumacher habe zusammen mit den Intendanten in Bonn ansässiger Kulturinstitute eine Projektbeschreibung erarbeitet, die den Rahmen für das Beethovenjubiläum skizziere und ein erstes künstlerisches Kernprogramm enthalte. Sie soll dem Rat nach der Sommerpause vorgestellt werden.

Was wird mit dem Grundstück an der Beethovenhalle, auf dem das Konzerthaus geplant war?

Die Stadt hat den Erbbaurechtsvertrag mit dem Studentenwerk gegen Zahlung von 1,2 Millionen Euro vorzeitig beendet und will das marode Wohnheim am Erzbergerufer abreißen, das spätestens zum Jahresende geräumt sein soll. Die Verwaltung schlägt den Verkauf des 6700 Quadratmeter großen Filetgrundstücks vor. Der Erlös werde wahrscheinlich die bisherigen Ausgaben und die Abrisskosten decken.

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