Einbruchsopfer Troisdorfer fühlt sich von der Polizei im Stich gelassen

TROISDORF · Marc Richter wurde mehr gestohlen als nur Wertgegenstände. Vor allem der Verlust eines Desktop-Rechners schmerzt ihn. Darauf waren Fotos seines verstorbenen Vaters gespeichert, die nun wahrscheinlich unwiderruflich verloren sind. Aber Marc Richter hat noch viel mehr verloren: den Glauben an die Hilfe der Polizei und der Justiz.

 Marc Richter zeigt auf den Balkon. Er glaubt, diesen Weg habe der Einbrecher genommen.

Marc Richter zeigt auf den Balkon. Er glaubt, diesen Weg habe der Einbrecher genommen.

Foto: Siefer

Marc Richter fällt es immer noch schwer, seinen Kellerraum zu betreten. Drei Mal wurde in den Keller des Mehrfamilienhauses in Troisdorf-Eschmar im Frühjahr und Sommer 2013 eingebrochen. "Ich habe immer noch Sorge, dass ich das Fehlen weiterer Gegenstände feststelle", sagt der 38-Jährige, während er das Vorhängeschloss öffnet. Marc Richter wurde mehr gestohlen als nur Wertgegenstände. Vor allem der Verlust eines Desktop-Rechners schmerzt ihn. Darauf waren Fotos seines verstorbenen Vaters gespeichert, die nun wahrscheinlich unwiderruflich verloren sind. Aber Marc Richter hat noch viel mehr verloren: den Glauben an die Hilfe der Polizei und der Justiz.

"Ich kenne den Täter, es gibt Indizien und sogar Beweise. Trotzdem wird es keine Gerechtigkeit geben", sagt er und erklärt dann, wie aus seiner Sicht alles angefangen hat. Am 12. Februar 2013 habe er bemerkt, dass der Riegel der Holztür zu seinem Kellerraum aufgeschraubt war. Es fehlten unter anderem der PC, Werkzeug, aber auch ein halbes Netz Kartoffeln und Zwiebeln sowie drei Liter Milch. Die Polizei, so Richter, kam, begutachtete die Situation und informierte den Bestohlenen, wie er seinen Kellerverschlag besser absichern könnte. Aus Unterlagen der Staatsanwaltschaft Bonn, die dem General-Anzeiger vorliegen, geht hervor, dass das Verfahren eingestellt wurde, da offenbar kein Täter ermittelt werden konnte.

Marc Richter kaufte Edelstahlketten und ein Vorhängeschloss. Damit wäre der Fall eigentlich beendet gewesen - wenn nicht fünf Monate später laut Richter plötzlich fünf Kästen Getränke im Kellerraum gefehlt hätten. Die Holzlatten waren abgeschraubt worden, was vor allem eine falsch herum angeschraubte Latte vermuten ließ. Das nahm die Polizei auch in die Strafanzeige auf, die dem GA vorliegt, und machte Fotos vom Tatort. Der Verdächtige wurde als Zeuge vorgeladen. "Zur Vernehmung ist er ohne Angabe von Gründen nicht erschienen", heißt es im Vermerk der Kreispolizeibehörde. Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren wieder ein.

"Ohne Ermittlungen kann ja auch niemand ermittelt werden", empört sich der Geschädigte. Einen Beweis konnte Richter damals nicht liefern. In der Nacht des 26. Juli hätten die Vorfälle dann eine neue Dimension erreicht, sagt Marc Richter. Er hätte in dieser heißen Sommernacht auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen, die Balkontür stand offen. Plötzlich wurde der 38-Jährige wach. Im Türrahmen stand laut seiner Schilderung eine männliche Gestalt. Als der Eindringling bemerkt habe, dass er entdeckt worden sei, sei er über die Terrasse und ein Dach auf die etwa drei Meter tiefer liegende Straße geflohen.

Am folgenden Tag entdeckte Marc Richter Fußabdrücke auf der Balkonbegrenzung. Er vermutete, dass der Verdächtige vom oberen Stockwerk über die Mauer auf seine Terrasse gelangt war. Die Fotos der Fußabdrücke schickte er der Polizei. Am 10. September sei es dann zur direkten Konfrontation der beiden Männer gekommen. "Er wurde handgreiflich, als er in den Keller wollte", so Richter. Marc Richter rief die Polizei an, die ihm laut seiner Schilderung sagte, dass er den Notruf nicht für seinen Nachbarschaftsstreit missbrauchen solle. Während des Telefonates habe der Verdächtige das Schloss zum Kellerverschlag aufgebrochen und eine Kiste Bier entwendet, schildert der 38-Jährige.

In einer Stellungnahme der Kreispolizeibehörde auf einen Beschwerdebrief Richters heißt es, dass dieser am Telefon die körperliche Auseinandersetzung nicht erwähnt habe. Die Polizeibeamten hätten sachgemäß gehandelt. Beim zweiten Anruf sei die Polizei schließlich für 30 Minuten gekommen. Doch auch dieser Besuch blieb für Marc Richter ohne Ergebnis. Er fühlte sich zunehmend von der Polizei im Stich gelassen. "Muss denn immer erst etwas Schlimmeres passieren, damit die Polizei tätig wird?"

Letztendlich ist es ein Vermieter, der den Verdächtigen vor die Tür setzte, da dieser monatelang keine Miete zahlte. Der Gerichtsvollzieher fand später in der Wohnung einen Rucksack, der Richter aus dem Keller gestohlen worden war. Endlich ein Beweis - tatsächlich nimmt das Kriminalkommissariat Troisdorf die Ermittlungen wieder auf, das beschreibt auch die Stellungnahme der Kreispolizeibehörde. Monate später bekommt Richter ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft Bonn. Der Fall würde endgültig eingestellt, da eine andere Verurteilung zu erwarten sei, so heißt es in den Unterlagen, die dem General-Anzeiger vorliegen. Seine Interessen kann der Troisdorfer nur noch zivilrechtlich durchsetzten. Ob er dies macht, weiß er noch nicht.

Stellungnahme der Polizei und Staatsanwaltschaft

Verdacht äußern: Anschuldigungen vom Geschädigten können zunächst nur Indizien, jedoch keine Grundlage für Durchsuchungen der Wohnung, erkennungsdienstliche Behandlungen oder sonstige Polizeiaktionen sein, erklärt Polizei-Pressesprecher Burkhard Rick auf Anfrage des General-Anzeigers. Solche sogenannten strafprozessualen Maßnahmen würden staatliche Eingriffe in Grundrechte darstellen. Nur die Staatsanwaltschaft könne mit richterlichem Beschluss diese Entscheidungen treffen. "Auch das Nichtaussagen bei Strafverfolgungsbehörden dürfe dem Beschuldigten nicht als Schuldeingeständnis ausgelegt werden", so Rick. Es gelte deshalb weiterhin die Unschuldsvermutung.

Nachbarschaftsstreit: Gehe es um zivile Streitigkeiten, zum Beispiel um materielle Ansprüche, Mietstreit oder nachbarschaftliche Meinungsverschiedenheiten, sei die Polizei nicht zuständig, sondern die Zivilgerichte, erklärt der Pressesprecher. "Genau genommen darf die Polizei in zivilrechtlichen Angelegenheiten nicht einmal beratend tätig werden." Die Polizei sei aber sicher der richtige Ansprechpartner, wenn ein verbaler Streit konkret zu eskalieren droht.

Spurensicherung: "Entgegen dem Eindruck, den manche Film- und Fernsehproduktionen vermitteln mögen, sind die kriminaltechnischen Möglichkeiten begrenzt. So lassen sich zum Beispiel nicht auf allen Materialien Finger- oder DNA-Spuren sichern", sagt Rick. Teilweise würden Spuren als Beweise nicht gelten, wenn sie auch zufällig hinterlassen worden sein können. "Sollten später Spuren festgestellt werden, die zuvor nicht bekannt waren, sollte die Polizei selbstverständlich erneut informiert werden.

Juristischer Hintergrund: Der Verdächtige ist inzwischen rechtskräftig wegen anderer Taten verurteilt worden, teilte die Staatsanwaltschaft Bonn mit. Details konnten aus datenschutztechnischen Gründen nicht genannt werden. Oft würden kleinere Verfahren wie die Diebstähle im Troisdorfer Mehrfamilienhaus eingestellt, da sie bei einer Verurteilung des Täters wegen einer anderen Tat nicht mehr ins Gewicht fallen würden. So steht es in § 154 der Strafprozessordnung. Da keine gesonderte Anklage erhoben wird, würden Zeit und Ressourcen gespart. Die Fälle würden jedoch wieder aufgenommen, wenn es in den anderen Fällen keine Verurteilung gebe, heißt es.

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