Software macht Einbruchsvorhersagen "Precobs" soll auch in Bonn Einbrecher fangen

BONN · Ein Profi braucht oft nur Sekunden. "In weniger als zwei Minuten ist ein Einbrecher drin", weiß Hermann-Josef Borjans, der Sprecher Kriminalprävention/ Opferschutz im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), aus jahrelanger Berufserfahrung.

 Hermann-Josef Borjans. REPRO: GA

Hermann-Josef Borjans. REPRO: GA

Und: Haben Diebe einmal fette Beute gemacht, kommen sie gerne wieder. "Vor allem Banden kehren an Orte zurück, an denen sie erfolgreich und ungestört waren."

Zwar haben viele Bonner mittlerweile so gut aufgerüstet, dass fast jeder zweite Einbruchsversuch im Ansatz scheitert, dennoch registrierte die Polizei vergangenes Jahr 2232 Einbrüche, rein rechnerisch sechs pro Tag. Dabei könnten die Beamten bei der Eindämmung dieser Delikte bald Unterstützung von einem klugen, analysierenden und vorausschauenden "Kollegen" bekommen, der 24 Stunden und 365 Tage im Jahr Dienst schiebt.

Kollege "Precobs" ist eine Software, die - gefüttert mit Daten vorangegangener Delikte - vorhersagt, wo und wann die Täter als nächstes zuschlagen werden. Noch bevor der Dieb den Dietrich ansetzen kann, könnte die Polizei am Tatort sein und die Handschellen klicken lassen.

In der Schweiz ist der Kollege längst im Einsatz. Seit 2013 nutzt die Stadt Zürich "Precobs" (Pre-Crime-Observation-System). "In Zürich ist die Zahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr um 15 Prozent zurück gegangen, die Trefferquote der Vorhersagen liegt bei 80 Prozent", weiß Borjans. Auch in München und Nürnberg setzt man schon auf die Vorhersage-Software.

Zwar wird ein Teil des Systems in einem Testlauf des Landeskriminalamtes (von Oktober bis September 2016) in Köln und in Duisburg erprobt, doch das ist für Borjans nicht genug. Er fordert, dass "Precobs" auch in Bonn beim Kampf gegen die hohe Zahl an Wohnungs- und Hauseinbrüche genutzt wird.

Zwar werden schon jetzt im Zuge der vorausschauenden Polizeiarbeit Falldaten zu Häufigkeit bestimmter Orte oder Tatzeiten erhoben, die richtigen Schlüsse daraus kann jedoch nur das neue System innerhalb von Sekunden ziehen. "Mit den richtigen Informationen könnte die Polizei in Bonn viel effektiver arbeiten", ist der BDK-Sprecher sicher.

Der neue Kollege hätte laut Borjans jedoch noch weitere Vorteile: "Precobs" arbeitet nicht nur mathematisch-statistisch, sondern auch kriminalistisch, soziologisch und auch psychologisch." Ausgewertet würden also auch die erkannten Verhaltensweisen der Täter einschließlich ihrer Fluchtwege. Dafür werden aus Datensätzen, die bis zu zehn Jahre zurückreichen, Muster erstellt, die dann eine Vorhersage möglich machen.

"Wegen der örtlichen Struktur und der immer noch sehr hohen Einbruchszahlen in Bonn fordern wir vom BDK, "Precobs" sofort in Bonn und landesweit einzusetzen", appelliert Borjans. Denn nur so könne man wirksam gegen den alarmierenden Anstieg der Einbruchsdelikte vorgehen. "Wir verlieren derzeit wertvolle Zeit. Die Software ist gut, hilft der Polizei und sollte sofort und nicht nur in Köln und Duisburg, sondern gerade hier in Bonn an den Start gehen", formuliert Hermann-Josef Borjans seine Forderung.

Rückendeckung bekommt er dabei auch von der Eigentümergemeinschaft Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg. "Bonn eignet sich wegen der zahlreichen Delikte dazu, das neue System dort zu erproben, wo die Einbruchszahlen am höchsten sind", schreibt der Vorsitzende Hans Rudolf Sangenstedt in einem Brief an Landesinnenminister Ralf Jäger.

Bedenken von Datenschützern gegen das System lässt Borjans nicht zu. Denn "Precobs" arbeite nur mit anonymisierten und nicht mit personenbezogenen Daten. Spätestens in zehn Jahren würden alle Polizeibehörden mit dem System arbeiten. "Mit 'Precobs' sind wir in der polizeilichen Zukunft angekommen."

Precobs

"Daten und Taten" miteinander so zu verknüpfen, dass ein Computerprogramm prognostizieren kann, wo wahrscheinlich Straftaten stattfinden werden, ist das Ziel von Precobs.

Diese Software für die Polizei haben Thomas Schweer und Ralf Middendorf entwickelt. Precobs ist eine von mehreren Technologien, die unter dem Begriff Predictive Policing - voraussagende Polizeiarbeit - zusammengefasst werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort