Sanierung der Südbrücke Überfüllte Straßenbahnen und Staus

BONN · Eigentlich sollte dies ein Bericht ausschließlich über drangvolle Bahnsteige und Stadtbahnen im Zuge der Südbrückensanierung werden. Doch allein die Autofahrt - die an meinem Wohnort Ruppichteroth beginnt - zur Recherche am Bonner Hauptbahnhof ist bemerkenswert, soll sie am Ende doch fast zwei Stunden dauern.

Die sonst so einfache Strecke Ruppichteroth/Bonn wird von 6.15 Uhr an zu einer Odyssee über Autobahnen, Landstraßen und Brücken. Der langsame Lastwagen im Bröltal mit sich anschließender, nicht überholbarer Kolonne ist kalkulierbar. Auch der kleine Rotlicht-Stau kurz vor der Autobahnauffahrt der A560 in Hennef. Aber danach geht es los: Weil ein Lkw auf einen Lastwagen aufgefahren ist, staut es sich über vier Kilometer bis zur Ausfahrt Siegburg. Davon war in der Staumeldung um 6.30 Uhr noch nichts zu hören.

Mein spontaner Entschluss: über die B56 und durch Sankt Augustin fahren. Weil sich die linksabbiegenden Fahrzeuge aber schon bis auf die Autobahn stauen, fällt die Entscheidung, rechts abzubiegen und bei der nächsten Ausfahrt zu wenden. Bis Hangelar fließt der Verkehr, ab dem Bahnübergang in Beuel spürt man, dass die Kennedybrücke nur eine Fahrspur stadteinwärts hat.

45 Minuten lang geht es bei Stop & Go durch das Nadelöhr. Während Atze Schröder im Radio über einen Mann flucht, der Kindern das Spielen verbieten will, fluchen ungezählte Autofahrer über das Verkehrschaos in und rund um Bonn. Endlich am Bahnhof angekommen, gibt es wenigstens noch freie Parkplätze.

Auf den Gleisen 3 und 4 im Untergrund, wo die Stadtbahnen fast im Minutentakt auflaufen, ist es dafür umso voller. Ein GA-Leser hatte in einem Kommentar auf ga.de geschrieben, dass die Zustände denen in Tokio glichen. So dramatisch ist es an diesem Morgen nicht. Martin Nicklas findet es trotzdem nervig. Er sollte eigentlich um 7.50 Uhr in der Berufsschule sein, um 8.40 Uhr steht er immer noch am Bahnsteig. Obwohl er um 5.30 Uhr aufgestanden ist.

"Es ist im Moment fast unmöglich, pünktlich zu erscheinen", sagt er. Der Ersatzbusverkehr wegen der gesperrten Bahngleise auf der Südbrücke sei keine Alternative, weil die Busse wie alle Autofahrer im Stau stünden. Ein Mann erzählt, dass er sogar zu Fuß schneller über die Brücke gewesen sei. Deshalb nimmt Martin Nicklas den Umweg über den Hauptbahnhof in Kauf. "Aber wenigstens zeigen unsere Lehrer Verständnis", sagt er. Eine Rüge muss er nicht befürchten.

Und dann schafft er es um 8.45 Uhr endlich in eine Bahn Richtung Bad Godesberg. Es ist die dritte, die seit seiner Ankunft abfährt. Alle anderen waren schon voll. "Wenn du 'asi' bist, kannst du dich natürlich vordrängeln, dann bist du auch früher hier weg." So möchte Nicklas aber nicht sein.

Damit trotz der Fahrgastmassen alles geregelt abläuft, haben die Stadtwerke Bonn seit Montag zusätzliche Mitarbeiter auf die Bahnsteige geschickt. "Sie kümmern sich um die Passagiere", sagt SWB-Sprecher Werner Schui. Im Idealfall schaffen sie das auch, geben freundlich Tipps, welche Bahn nach dem neuen Fahrplan wohin fährt. Sobald aber 200 Menschen ein- und aussteigen und sich ihren Weg suchen, sind sie machtlos und überfordert. So erklärt sich wohl auch, dass ein Leser sich über ihre Unfreundlichkeit beschwert und davon berichtet, wie Fahrgäste regelrecht in die Bahnen gedrängt werden.

Dass es wilder, aber nicht unzivilisierter auf den Bahnsteigen zugeht, erzählen die beiden jungen Mütter Nina Frappmann und Shqipe Pacolli mit ihren Kinderwagen. "Es ist sehr voll in den vergangenen Tagen, aber die Menschen sind trotzdem hilfsbereit", sagt Frappmann. Als sie in Hersel eingestiegen seien, habe man ihnen in die Bahn geholfen.

Sergej Kosyakov, der auf dem Weg zur Deutschen Welle ist, ist überzeugt, dass der öffentliche Nahverkehr die beste Lösung im Verkehrschaos ist. Er findet es auch nicht schlimm, wenn es enger wird in den Bahnen. Es gebe nun mal begrenzte Kapazitäten. Der gebürtige Russe ist auch andere Situationen gewohnt. "So voll wie in Moskau ist es hier noch nicht."

Südbrücke für Bahnverkehr gesperrt

Die Bauarbeiten auf der Südbrücke nutzen die Stadtwerke Bonn (SWB), um in den nächsten drei Wochen verschlissene Gleise auf dem Bauwerk zu erneuern. Während dieser Zeit gibt es dort keine Rheinquerung der Stadtbahnlinien. Die SWB richten zwischen der Haltestelle Ramersdorf auf der rechtsrheinischen Seite und der Olof-Palme-Allee links des Rheins einen Schienenersatzverkehr mit Bussen ein.

Die Stadtbahnlinien werden in dieser Zeit getrennt und umgeleitet. Die Linie 66 verkehrt zwischen den Haltestellen Bahnhof Siegburg und Heussallee/Museumsmeile sowie zwischen Bad Honnef über die Kennedybrücke bis Bonn Hauptbahnhof. Die Linie 68 fährt zwischen Bornheim und Bad Godesberg Stadthalle. Zwischen Tannenbusch Mitte und der Stadthalle rollt die Linie 63 im Zehn-Minuten-Takt.

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