Frauenmuseum in Bonn Gedenken an die Bombenangriffe

BONN · Kurz nach 11 Uhr läuteten am Samstagmorgen vor dem Frauenmuseum die Glocken. Das Glockengeläut kam vom Band, zu hören waren die Glocken der belgischen Stadt Nivelle, mit der die Bonner Katholiken durch die Verehrung für die Heilige Gertrud verbunden sind.

 Unter anderem mit einer Kranzniederlegung gedachten die Teilnehmer der Mahnwache der Weltkriegstoten.

Unter anderem mit einer Kranzniederlegung gedachten die Teilnehmer der Mahnwache der Weltkriegstoten.

Foto: Barbara Frommann

Und dann war wie ein Echo von den Bonner Kirchen ebenfalls mächtiges Mahnläuten zu hören. Im Gedenkkreis um die Ruinen der Gertrudiskapelle schluchzten Teilnehmer. Genau vor 70 Jahren seien hier auf die Altstadt die für gut 400 Menschen tödlichen Bomben der Engländer heruntergegangen, erläuterten Bezirksbürgermeister Wolfgang Maiwaldt, Bürgermeister Reinhard Limbach und Curt Delander vom Freundeskreis der Kapelle in ihren Friedensansprachen.

Ausdrücklich erinnerten die Redner auch an die anderen Bonner Weltkriegstoten: die 4020 Gefallenen, die insgesamt 1868 Zivilopfer und nicht zuletzt an die 488 politischen und jüdischen Opfer der Nazidiktatur sowie an die vom ebenso grausamen Luftangriff der Deutschen auf Nivelle schon 1940 getöteten Belgier.

"Lasst uns vor dem Hintergrund dieser Vergangenheit in Liebe und Respekt wunderbare Freunde bleiben", las Susanne Gundelach die rührende Botschaft der belgischen Kontaktleute vor. Gemeinsam mit den Vertretern der örtlichen Schützen, der Kolpingfamilie, des Schiffervereins Beuel sowie des Frauenmuseums legten alle einen mit deutschen und belgischen Fahnen geschmückten Kranz nieder und sangen schließlich ein inniges "Großer Gott, wir loben dich".

Weinend hielt Monika Hochstetter das Foto ihrer damals neun und 14 Jahre alten Brüder in den Händen. "Das sind Arno und Manfred Bonse, die beide vor 70 Jahren im Bombenhagel starben, weil sie von unserem Elternhaus in den Garten gelaufen sind. Im Haus hätten sie überlebt", berichtet Hochstetter. "Das Leben unserer ganzen Familie ist von ihrem Tod geprägt", sagte Hochstetter und jemand strich ihr über den Arm. Auch Alice Salzborn war da, die vor 70 Jahren als junges Mädchen nach den fürchterlichen Detonationen nur noch heim zu ihren Eltern in die Poststraße rennen wollte. "Sie waren da eigentlich mittendrin im Inferno, aber hatten Gott sei Dank überlebt." Auch Anneliese Casalter erzählte, wie sie am Morgen des 18. Oktober 1944 bei einer heimlichen Kommunionsfeier für ein russisches Mädchen war, und sie dann alle Hals über Kopf in die Keller flüchteten. "Den Bunker am Friedensplatz haben wir erst erreicht, als wir die Durchbrüche von fünf Häusern durchkrochen hatten."

Ein alter Mann berichtete in breitem Bönnsch von seinen damaligen Ängsten im Schatten der Stiftskirche und legte an den Gertrudis-Ruinen eine rote Rose ab. "Es war wie ein schlimmer Traum damals", sagte Salzborn leise, als in der Gedenkstunde der zu Herzen gehende Klagegesang einer Frau verklungen ist. "Ich sehe noch heute, wie die Häuser im Zentrum plötzlich wie Streichhölzer umgeknickt sind."

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