Freibäder in Bonn Spott über die Öffnungszeiten

BONN · Bademeister leisten freiwillig Mehrarbeit, damit die Bonner Freibäder bei den heißen Außentemperaturen länger geöffnet bleiben können. Auf unbestimmte Zeit haben Badegäste 30 Minuten mehr, um sich abzukühlen. Die Reaktion darauf ist jedoch nicht positiv.

Undank ist der Welten Lohn, heißt es im Volksmund. Und das merkt die Stadt Bonn derzeit bei ihren Freibädern, die, wie berichtet, auf unbestimmte Zeit 30 Minuten längere Badezeit anbieten (bis 19.30 Uhr). Außerdem öffnet das Ennertbad bereits um 10, statt wie bisher um 12 Uhr.

Die Reaktion darauf ist jedoch nicht positiv. "Ein Witz", "lächerlich", "peinlich" schimpfen etliche Bonner in sozialen Netzwerken im Internet. Viele betrachten die Regelung als nicht ausreichend und fordern eine flexible Öffnungszeit bis 21 Uhr. Oder eine frühere Öffnung ab 10 Uhr in allen Bädern. Oder gleich beides. Offen wird auch für die Freibäder in Rheinbach, Sankt Augustin und Bad Honnef geworben, die länger geöffnet haben.

"Ne halbe Stunde länger - Das nenn' ich mal rheinischen Humor", äußert sich Frank Scotti. Auch andere Badegäste nehmen die Stadt auf die Schippe. "Der verspätete Aprilscherz aus der Verwaltung ist endlich aufgetaucht", spottet Uwe Degler. Die Öffnungszeiten seien nach wie vor viel zu kurz, meint Florian Goë: "19.30 Uhr? Dann habe ich nach der Arbeit inklusive Anfahrt, Eintritt zahlen und Umziehen ja genau 2,73 Minuten zum Schwimmen." Auch Sasha Mauel findet, dass 30 Minuten Verlängerung nicht der Rede wert sind: "Ob dieser unglaublichen Bürgerfreundlichkeit bin ich versucht, spezielle Orden fertigen zu lassen", juxt er.

Respekt für freiwillige Mehrarbeit

Allerdings gibt es auch ernst gemeinte Ansätze: "Angesichts der knappen Kassen für den Betrieb der Bäder wäre eine Ausweitung bis 21 Uhr zu empfehlen, damit auch 'Nach-der-Arbeit-Schwimmer' als Kunden gewonnen werden können", schreibt Bernd Engelien. Doch die Bäder so einfach bis 21 Uhr zu öffnen, wenn das Wetter danach ist, geht beim Sport- und Bäderamt nicht. Erstens hat der Stadtrat diese Öffnungszeiten aus Spargründen beschlossen, was nicht ohne weiteres konterkariert werden kann. Und zweitens ist eine Ausweitung mit dem bestehenden Personal nicht ohne weiteres möglich, ohne tarifliche Arbeitszeiten zu unterlaufen.

Dass die Mitarbeiter der Bäder sich mit der Amtsleitung darauf geeinigt haben, freiwillig mehr zu arbeiten, nötigt dem Sportdezernenten Martin Schumacher Respekt ab. "Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Freibädern, dass sie die erweiterten Öffnungszeiten durch Mehrarbeit möglich machen", erklärte er. "Das ist keine Selbstverständlichkeit." Wie berichtet, fehlen vier Mitarbeiter, deren Stellen wegen der Sparvorgaben nicht nachbesetzt werden dürften. Eine Fachkraft ist zudem in Elternzeit.

"Eine Stadt ist und bleibt nur attraktiv für Jung und Alt, wenn Sportstätten nutzbar bleiben"

Gleichwohl gibt es Versuche, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um längere Öffnungszeiten zu erreichen. Eine Bonnerin hat eine entsprechende Online-Petition initiiert, der gestern schon fast 600 Menschen gefolgt sind. Und sie findet: "Eine Stadt ist und bleibt nur attraktiv für Jung und Alt, wenn Sportstätten nutzbar bleiben. Hier dürfen nicht nur nüchterne Zahlenspiele zählen."

[fotos]Die Hitzewelle sorgt weiter für Schlangen vor den Kassen. Heute um 10 Uhr gibt es eine Aktion in Form einer künstlich arrangierten Warteschlange. Weil ein TV-Team einen Beitrag für "Stern TV" drehen will und dazu die entsprechenden Bilder haben möchte, wollen sich Besucher des Melbbads um 10 Uhr vor dem Kassenhäuschen treffen, obwohl regulär erst um 12 Uhr geöffnet wird.

"Um ein Freibad sicher betreiben zu können, muss in jeder Schicht ausreichend Fachpersonal (Meister für Bäderbetriebe und Fachangestellte für Bäderbetriebe) anwesend sein." Mit diesen Worten reagierte die Stadt gestern auf die Kritik in den sozialen Netzwerken. Und fügt hinzu: "Ein Schwimmbad ist eben gefährlicher als eine Spielwiese."

Fachpersonal reicht nicht für alle Bäder

Leider reiche das Fachpersonal für alle sechs Freibäder nur für eine Schicht, so das Presseamt weiter. Kollegen würden freiwillig etwas länger arbeiten. und man habe an zwei Standorten das Personal so einsetzen können, dass diese Freibäder schon um 10 Uhr öffnen können. "Mehr geht leider aus Sicherheitsgründen nicht." Die Arbeitszeit dürfe nicht mehr als zehn Stunden betragen.

Die Linksfraktion im Stadtrat kann den Unmut der Badegäste gut verstehen. "Weil sowohl bei der Verwaltung als auch bei der Ratskoalition aus CDU, Grünen und FDP ein klares Bekenntnis zur Bäderlandschaft fehlt, ist das Ergebnis einmal mehr Unsicherheit und Mangelverwaltung", erklärte die Linke. Angefangen habe es damit, dass die Verwaltung schon vor Verabschiedung des Haushalts die Personalkürzungen im Bäderbereich in die Wege geleitet hatte. Und die Ratskoalition habe nicht sehen wollen, dass dadurch ihr Ratsbeschluss, kein Bad vollständig zuzumachen, ausgehöhlt worden sei. "Wer es ernst meint mit dem Erhalt der Bonner Bäderlandschaft, hätte es nie so weit kommen lassen dürfen." Leidtragende seien jetzt auch die Mitarbeiter, die die "verfehlte Planung" nun durch Überstunden teilweise abfedern.

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