Solarworld in Bonn "Bemerkenswert friedliche Stimmung" bei den Aktionären

BONN · Die Aktionäre der Solarworld AG sind Leid gewohnt. Die Aktie des angeschlagenen Bonner Unternehmens war einmal mehr als 35 Euro wert, heute sind es knapp 45 Cent. Das Sanierungskonzept für den Solarhersteller sieht weitere Einschnitte vor: Für 150 Anteile sollen die Aktionäre eine neue Aktie erhalten.

 "Herzlich willkommen" waren bei der Hauptversammlung der Bonner Solarworld AG gestern nur die Aktionäre. Journalisten hatten entgegen üblicher Gepflogenheiten keinen Zutritt.

"Herzlich willkommen" waren bei der Hauptversammlung der Bonner Solarworld AG gestern nur die Aktionäre. Journalisten hatten entgegen üblicher Gepflogenheiten keinen Zutritt.

Foto: dpa

Am Donnerstag stellte Vorstandschef Frank Asbeck vor rund 600 Anteilseignern im Bonner alten Plenarsaal seine Rettungspläne vor und warb um Zustimmung. Das Unternehmen war nach dem Aktienrecht verpflichtet, eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen, da der Verlust im vergangenen Jahr die Hälfte des Grundkapitals überstiegen hat.

Trotz der Schieflage des einstigen Vorzeigeunternehmens blieben wütende Proteste offenbar aus. "Für den maximal unangenehmen Anlass war die Stimmung bemerkenswert friedlich", zog Ralf Jochen Ehresmann Bilanz, der die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) bei der Hauptversammlung vertrat. Er glaubt, dass es vielen Solarworld-Aktionären weniger um kurzfristige Gewinne als um den Glauben an die Zukunft der Solarenergie geht. Kritisch sehen die Aktionärsschützer allerdings einige Begleitumstände der Rettung.

Vorstandschef Asbeck, der zehn Millionen Euro aus seinem Vermögen in das Unternehmen investieren will, könne laut Sanierungsplan zu einem günstigeren Preis neue Anteile kaufen als Kleinaktionäre. "Das ist eine Ungleichbehandlung", so SdK-Sprecher Daniel Bauer. Solarworld-Sprecher Milan Nitzschke verteidigte die Kaufbedingungen als Ergebnis der Sanierungsgespräche. "Die Gläubiger honorieren damit, dass Frank Asbeck als Vorstandschef an Bord bleibt, privat erneut Geld in das Unternehmen einbringt und auf einige Altrechte verzichtet", sagte er.

Die ungewöhnliche Anordnung der Firmenleitung, Journalisten von der Hauptversammlung auszuschließen, kritisiert Aktionärsvertreter Bauer als "völlig unangebracht". "Viele Kleinanleger, die nicht zur Hauptversammlung kommen können, sind auf die Medien angewiesen, um sich über die Hauptversammlung zu informieren", sagte er. Am 7. August sollen die Anteilseigner über den Sanierungsplan für das mit fast einer Milliarde Euro verschuldete Unternehmen abstimmen.

Das sagen die Solarworld-Aktionäre

"Es wird viel mit Finanzen jongliert, aber am Geschäftsmodell hat sich fundamental nichts verändert. Es greift zu kurz, allein die Konkurrenz aus China für die Schieflage verantwortlich zu machen. Asbeck übt sich in Schuldzuweisungen und Durchhalteparolen, aber ich glaube nicht mehr an die Zukunft der Solarworld." Thomas Meister, Troisdorf

"Ich habe die Hoffnung, dass es mit Solarworld weitergeht. Ich habe mit den Aktien bereits in der Vergangenheit gute Gewinne erwirtschaftet und würde auch neue Aktien kaufen. Da der Vorstandsvorsitzende Frank Asbeck eigenes Geld zuschießt, glaube ich ihm, dass er das Unternehmen verantwortungsvoll führt. Ursula Knödler, Tübingen

"Ich bin als Aktionärin sehr enttäuscht von Solarworld und kann dem Vorstandsvorsitzenden schlecht glauben. Ich bin eingestiegen, weil ich an das Prinzip der Solarenergie glaube. Aber das selbstbewusste Auftreten der Firmenleitung passt mir nicht. Wie kann man zwei Schlösser kaufen, während die Firma Pleite geht?" Irmgard Pütz, Brühl

"Auch in der Krise bleibe ich ein Solarworld-Fan.Nicht das Unternehmen ist krank, sondern das wirtschaftliche Umfeld. Die Solarindustrie ist wichtig für unsere Zukunft. Deshalb müsste die EU stärker gegen die Konkurrenz aus China vorgehen. Dass Investoren aus Katar einsteigen wollen, ist ein gutes Signal." Horst Saal, Wachtberg

"Dass Solarworld sich heute mehr oder weniger zur Pleite bekannt hat, hat mich nicht überrascht. Glücklicherweise habe ich den Großteil meiner Aktien rechtzeitig verkauft. Sollte es eine Rettung geben, wird sie Jahre dauern. Aber wer an der Börse investiert, darf sich über Verluste nicht ärgern." Werner Lippert, Bad Godesberg

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