Bonner Unternehmen will um ein Viertel zulegen Amerika macht Solarworld froh

BONN · Für Solarworld-Finanzvorstand Philipp Koecke war 2014 "ein gutes Jahr". Im Februar des vergangenen Jahres sei es gelungen, die finanzielle Restrukturierung des Unternehmens abzuschließen, und im Jahresverlauf sei dann auch die Trendwende in der eigentlichen Geschäftstätigkeit gelungen, sagte Koecke am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Bonn.

"Wir sind wieder konkurrenzfähig": Solarworld-Chef Frank Asbeck.

"Wir sind wieder konkurrenzfähig": Solarworld-Chef Frank Asbeck.

Foto: dpa

Im April 2013 war der Solarmodulhersteller mit schweren finanziellen Problemen nur knapp an einer Insolvenz vorbeigeschrammt. Das Eigenkapital war aufgezehrt. Die Insolvenz konnte nur abgewendet werden, weil die Aktionäre im Zuge der Restrukturierung auf 95 Prozent ihres Kapitals verzichtet hatten. Zuvor hatten Gläubiger und Banken bereits auf Forderungen verzichtet.

Solarworld ist damit einer der wenigen Solarkonzerne Europas, die die Krise der Branche überlebt haben, die durch einen rasanten Preisverfall durch Billigangebote aus China ausgelöst worden war. Laut Unternehmensgründer und Vorstandschef Frank Asbeck ist die Bonner Solarworld der einzige Konzern in Europa, der noch über eine nennenswerte eigene Produktion verfügt. Auch in den USA, ein wichtiger Markt für die Bonner, wo in diesem Jahr mehr als 50 Prozent der Produkte abgesetzt werden sollen, gebe es nur noch einen großen Konkurrenten, der aber nicht im eigenen Land fertige.

Schon 2014 hat Solarworld die Absatzmenge in den USA nahezu verdoppelt. In der Branchenkrise haben die Europäische Union und die USA durch Zölle und Mindestpreise die Dumpingangebote chinesischer Hersteller abgewehrt. Wie Asbeck sagt, seien die Solarworld-Produkte heute wieder konkurrenzfähig. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens liege wieder bei 26 Prozent.

Im März 2014 haben die Bonner die Solarproduktion von Bosch im thüringischen Arnstadt übernommen. Als finanzielle Dreingabe für Anlaufverluste gab es von Bosch 120 Millionen Euro. Früher haben in Arnstadt 1 800 Mitarbeiter Solartechnik produziert - jetzt sind es noch 775. Asbeck wertete diese Kaufgelegenheit als "Riesenchance".

Im Zuge der Restrukturierung ist das Emirat Katar mit dem Unternehmen Qatar Solar Technology zum größten Einzelaktionär aufgestiegen. Über die Verbindung mit den Kataris, die auch im Aufsichtsrat vertreten sind, will Solarworld Märkte im arabischen Raum erschließen. 20,9 Prozent der Aktien hält wieder Frank Asbeck, 29 Prozent die Qatar Solar Technologies. Der Rest der Aktien ist im freien Handel. Gerade gab es einen frischen Kredit über 50 Millionen Euro aus Katar.

In den beiden Bonner Zentralen in Auerberg und Plittersdorf arbeiteten am Ende des Jahres 2014 zusammen 270 Mitarbeiter, drei mehr als ein Jahr zuvor. Der Mitbestimmung durch die Mitarbeiter hat sich das Unternehmen jetzt verpflichtet. In den Aufsichtsrat ziehen sechs Mitarbeiter- und Gewerkschaftsvertreter ein, sodass er pari pari besetzt ist.

Für das Gesamtjahr erwartet Asbeck ein Umsatzplus von mindestens 25 Prozent auf mehr als 700 Millionen Euro. Bereits im Februar hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2014 um 26 Prozent auf 573 Millionen Euro gestiegen sei. Auch bei den Ergebnisziffern standen wieder schwarze Zahlen, was aber an Sondereffekten, neu verhandelten Lieferverträgen und Bilanzgewinnen aus der Übernahme der Solaraktivitäten von Bosch lag.

Das operative Ergebnis ohne Einmaleffekte blieb dagegen mit 44 Millionen Euro noch in der Verlustzone. In diesem Jahr soll beflügelt von einem starken Wachstum auch operativ die Rückkehr in die schwarzen Zahlen gelingen.

Solarworld hat 2014 so viel Kapital seiner Aktionäre verbrannt wie kein anderes solventes Unternehmen. Die Aktie verlor allein 2014 fast 82 Prozent an Wert, seit 2010 ging der Kurs um 99,5 Prozent in den Keller, wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) berichtete. Damit führt Solarworld die DSW-Liste der "größten Kapitalvernichter in Deutschland" an.

Erster Dax-Konzern unter den Kapitalvernichtern ist die Commerzbank - die sich aber gegenüber dem Vorjahr von Rang 9 der unrühmlichen Liste auf Platz 32 verbessert hat. 2014 büßte das Institut nach den Angaben 6,2 Prozent an der Börse ein - seit 2010 haben Anteilseigner aber satte 68,7 Prozent ihres Kapitals verloren. In diesen fünf Jahren legte der Dax um 61 Prozent zu.

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