Serie "100 Köpfe: Wir sind Bonn" Volker Weininger: "Schwarzes Schaf" im Kreuzgang

BONN · Treffpunkt Münster. Und zwar mit einem "schwarzen Schaf" im Kreuzgang. Volker Weininger lacht. "Wirklich schön hier", sagt der Mann, der kürzlich in Duisburg den niederrheinischen Kabarettpreis "Das Schwarze Schaf" erobern konnte.

 Kabarettist mit Auszeichnung: Volker Weininger im Kreuzgang des Bonner Münsters.

Kabarettist mit Auszeichnung: Volker Weininger im Kreuzgang des Bonner Münsters.

Foto: Horst Müller

Publikum und Jury der renommierten Auszeichnung waren von der Wortkunst des 43-jährigen Bonners überzeugt. Er hatte sein zweites Soloprogramm "Euer Senf in meinem Leben" angespielt.

Das Leben sei ein kompliziertes Kerlchen, sagt Weininger. Von allen Seiten prasselten Meinungen auf uns nieder. "Und kein Rettungsschirm in Sicht: Experten, Eltern, Gesetze, Politik, Internet - alle geben ihren Senf dazu. Aber brauchen wir den wirklich?" Der Germanist und Anglist hat ein spritziges Programm daraus gestrickt.

Das zum großen Teil in den staubtrockenen Räumen seiner Bonner Seminare entstanden ist. "Unter Bücherreihen schreibe ich am liebsten. Wo die Leute still vor sich hinarbeiten. Auch in unserer Unibibliothek", schwärmt der ehemalige Bonner Student.

Lehrer hatte er werden wollen, erzählt er beim Gespräch im Kreuzgang. Bis er in der Praxis als Aushilfspauker im britischen Yorkshire auf die höchst überschaubare Motivation heutiger Schüler stieß. "Die haben doch wirklich in der Stunde das gesamte Parkett des Lehrraums auseinandergenommen und neben der Heizung wieder aufgebaut."

Weininger schüttelt den Kopf. "Da hatte ich keine Lust mehr auf Erziehen." Er bewundere Lehrer total, sie machten einen wichtigen Job. "Aber auch auf die Klüngelei im Lehrerzimmer kann ich gut verzichten."

Also heuerte der junge Mann erst einmal an mehreren Hochschulen mit dem Fach Deutsch als Fremdsprache an. "Darin gebe ich aktuell an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg meinen letzten Kurs", sagt der gebürtige Windecker, der jetzt aber in der Bonner Altstadt lebt.

Denn längst war er mehr und mehr ins Kabarettfach gewechselt. Zumal ihm 32 000 Euro, die er 2007 in der TV-Show "Wer wird Millionär" gewonnen hatte, auch das nötige Kleingeld für die technische Ausrüstung einbrachten. An welcher Frage Günther Jauchs er damals scheiterte? "An der gottverdammten Natternzunge", entfährt es Weininger sofort im Kreuzgang. Dass die Antwort aus der Botanik stammen musste, "denn dat Dingen ist eine Pflanze", das sei ihm nicht gedämmert.

Er habe auf den Publikumsjoker verzichtet, weil der dem vorangegangenen Kandidaten seine 32 000 Euro gekostet hatte. Er sei zwar "kein Sicherheitsmensch", aber auch kein Zocker. "Und dat Geld war ja auch so flott fott." Weininger grinst. Und es wird klar, warum er auf die Bühne mit seiner expressiven Mimik die Lacher sofort auf seiner Seite hat.

Seit 2009 bastelt er, am liebsten umgeben von alten Buchrücken, seine Soloprogramme. Zuerst schlüpfte er in die Rolle des bauernschlauen Bestatters, der seine Kunden am liebsten unter die Erde bringt. "Im neuen Programm fühle ich mich sauwohl als ich selbst. Ich erzähle also viel aus meinem Leben. Ich brauche keine bunten Typen mehr", sagt der Kabarettist, der selbst den ewigen Grantler Gerhard Polt am meisten schätzt, weil der dem Spießbürger so unnachahmlich aufs Maul schaue.

Für 2015 wird ein neues Programm gestrickt, das ebenfalls nur eine Grenze kennt: sich nicht lustig über Benachteiligte zu machen. "Boshafte Schadenfreude kann ich nicht leiden", sagt der Vater eines Dreijährigen.

Derzeit feilt er auch schon für die neue Session an der Rede seines besoffenen Karnevalspräsidenten. Er komme ja vom alternativen Karneval und sei sich nicht sicher gewesen, ob die Kölner Traditionsvereine ihn dann wirklich wollten. "Kann der Kölsche also über sich selbst lachen? Ja, er kann es", konstatiert Weininger. Die entsprechenden Präsidenten gäben bei seinen zahlreichen bissigen Auftritten immer einen gewissen Wiedererkennungswert zu. "Mit dem Zusatz: Aber nicht in unserer Karnevalsgesellschaft. Nur bei den anderen."

Typisch bönnsch

Das sagt Volker Weininger über seine Heimat:

  • An Bonn gefällt mir sehr gut die Atmosphäre, besonders in der Altstadt mit ihren vielen kleinen Läden. Und insgesamt die überschaubare Größe.
  • Ich vermisse Erstliga-Fußball (stöhnt). Manchmal könnte Bonn ein bisschen größer sein, kulinarisch und von Einkaufsmöglichkeiten her gesehen.
  • Mein Lieblingsplatz: Zum Arbeiten die Räume des Germanistischen und Anglistischen Seminars. Im Sommer die Biergärten. Und zum Laufen das Rheinufer.
  • Typisch bönnsch ist für mich, lärmempfindlich zu sein (lacht).
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