Serie "100 Köpfe: Wir sind Bonn" Axel Merz: "Ich bin ein Universal-Dilettant"

DUISDORF · Der Duisdorfer Axel Merz hat Bücher des Bestsellerautors Dan Brown übersetzt.

"Ich kann alles, aber nichts richtig", meint Axel Merz über sich selbst.

"Ich kann alles, aber nichts richtig", meint Axel Merz über sich selbst.

Foto: Roland Kohls

Nein, auf diese Idee würde Axel Merz niemals kommen. Auf g-a-a-a-r keinen Fall. "Nicht nach mehreren Bandscheibenvorfällen", lacht er. Von den vielen Geschichten, die sich um Dan Brown ranken, glaubt er sowieso keine. So soll der Bestsellerautor bereits morgens um vier Uhr am Schreibtisch sitzen, und wenn er unter einer Schreibblockade leidet, dann hängt Brown sich auch schon mal kopfüber an eine Stange, damit Blut ins kreative Hirn schießt, so ein weiteres Gerücht. "Wenn bei mir die Konzentration nachlässt, dann gehe ich höchstens aufs Laufband", amüsiert sich der Journalist und Übersetzer aus Duisdorf.

Er hat Dan Brown sogar einmal persönlich kennengelernt. "Er ist sehr freundlich, interessiert und gar nicht abgehoben", beschreibt er den "literarischen Vater" des Kunsthistorikers und Symbologen Robert Langdon. Dabei kennen Dan Brown wohl nur wenige Menschen so wie Axel Merz. Denn der 57-Jährige hat mit "Illuminati", "Das verlorene Symbol" und "Inferno" die Bestseller des Amerikaners ins Deutsche übersetzt.

Dass er einmal für große Verlage arbeiten würde, ist eher ein Zufall. Denn nachdem er fünf Jahre überall in Deutschland für den Bundesgrenzschutz stationiert war, schrieb er sich an der Bonner Uni für Chemie ein. Mit dem Diplom in der Tasche begann er mit der Promotion. In der Freizeit und zur Entspannung las er damals besonders gerne Science-Fiction-Romane.

"Ich habe mich oft geärgert, wie schlecht die übersetzt waren", erzählt er heute. Deshalb habe er sich nur so aus Spaß bei verschiedenen Verlagen beworben. "Die waren skeptisch. Als Naturwissenschaftler hat man eben nicht den Ruf, besonders kreativ zu sein."

Doch nach dem ersten Probeauftrag waren die Skeptiker restlos überzeugt, Axel Merz bekam einen Vertrag. Das war 1994. Über seinen Schreibtisch gingen seit dieser Zeit neben den Brown-Thrillern auch Werke von Laurence van Cott Niven, dem amerikanischen Science-Fiction-Schriftsteller der Romanzyklen der Kzin-Kriege und Ringwelt, sowie die des russisch-amerikanischer Biochemikers und Sachbuchautors Isaac Asimov.

Besonders viel Spaß hat ihm die Übersetzung der Bücher von Ann Granger gemacht. Sie lässt im Stil von Inspector Barnaby ihre Serienhelden Allan Markby und Meredith Mitchell auf Verbrecherjagd gehen.

Derzeit arbeitet er an einem Historischen Roman, der zur Zeit der Bauernkriege spielt. Dabei handelt es sich um eine Trilogie "und jedes Buch hat zwischen 700 und 800 Seiten."

Viel Arbeit wartet also auf seinem Schreibtisch. Doch wenn er Bücher von noch wenig bekannten Autoren übersetzt, dann muss er nicht unter dem enormen Zeitdruck arbeiten wie bei Auflagen in Millionenhöhe. "Dann kann ich meine Arbeit so wie jeder andere auch zu geregelten Zeiten erledigen", erzählt Merz weiter.

Anders war dies allerdings bei den Brown-Bestsellern, auf die tausende Leser warteten. "An Illuminati habe ich in dreieinhalb Monaten übersetzt, für Inferno hatte ich gerade einmal sieben Wochen Zeit. Rund 16 Stunden am Tag habe ich damals gearbeitet." Danach war er dann allerdings auch für lange Zeit "ausgepowert".

War Merz schon immer ein Sprachengenie? "Es fiel mir schon als Schüler leicht, im Latein-, Englisch- und Französischunterricht Texte zu übersetzen", erinnert er sich an seine Schulzeit. "Aber eigentlich bin ich ein Universal-Dilettant, der alles kann, aber nichts richtig", stapelt er tief.

Dabei ist es nicht einfach nur damit getan, den Inhalt Wort für Wort zu übertragen. "Das Transferieren von Bildern ist die Kunst", erklärt er. Denn schließlich könne jeder in einem Wörterbuch nachschlagen. "Aber präzise genau die Bedeutung einer Redewendung zu treffen, Stimmungen und Bilder herüberzubringen, das ist das Besondere."

Bei Dan Brown hat er akzeptiert, dass es in den Beschreibungen immer wieder kleine Fehler gibt, die der Autor offenbar ganz bewusst einsetzt. "Außerdem schreibt er in einem gehetzten, sehr einsilbigen Stil." Eine besondere Herausforderung sind die ständigen Wiederholungen. "Ich weiß nicht, wie oft ich versucht habe das Wort ,erneut' zu umgehen", erinnert sich der Duisdorfer. "Ich kenne niemanden, der dieses Wort so oft benutzt wie Brown."

Dabei bedient er sich bei seiner Arbeit so wie jeder Schüler und Student eines ganz normalen Wörterbuchs, wenn auch einer professionelleren Ausgabe. Zudem findet er im Internet Anregung für die Übertragung spezieller Redewendungen. "Dafür muss man allerdings wissen, welche Quellen im Netz seriös sind. Dafür habe ich einige Zeit gebraucht."

Doch auch am Schreibtisch von Axel Merz läuft es nicht immer rund. "Manchmal sitze ich vor dem Manuskript und nichts gelingt. Dann gibt es aber auch immer wieder besonders kreativen Phasen und ich schaffe in einer Woche soviel wie sonst in vier Wochen." Und welches Buch würde er mit in den Urlaub nehmen? "Die Krimis von Ann Granger mag ich sehr. Ich freue mich immer wieder darauf, ein neues Buch von ihr zu übersetzen."

Typisch bönnsch

Das sagt Axel Merz über seine Heimat:

An Bonn gefällt mir, dass es keine Stadt der Dörfer und keine Großstadt ist.

Ich vermisse in Bonn politische Vernunft.

Mein Lieblingsplatz ist mein Garten.

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