Spaziergang mit Clemens Meurer und Peter Christ Zwei Dottendorfer aus Überzeugung stellen ihren Ortsteil vor

Dottendorf · Sie wohnen in für den Ort historisch bedeutsamen Häusern und fühlen sich wohl. Clemens Meurer und Peter Christ sind im Ort tief verwurzelt - und möchten gar nicht woanders leben.

Spaziergang in Dottendorf

Spaziergang in Dottendorf

Foto: Benjamin Westhoff

Treffen sich zwei Männer. Zum Abendspaziergang durchs Dorf. Durch Dottendorf. Das ist ihr Lebensmittelpunkt. Schon immer gewesen. Und wie immer gibt es viel zu erzählen. Weniger Neuigkeiten, mehr Verzällcher von alten Zeiten. Clemens Meurer, Jahrgang 1942, wohnt in dritter Generation im Eigenheim an der Servatiusstraße. Sein Leben ist eng verbunden mit dem Südfriedhof, der 1910 geweiht wurde. Nicht nur, weil das Haus direkt gegenüber liegt, sondern weil sein Großvater 1919 die Friedhofsgärtnerei begründete und an Sohn und Enkel weitergab. „Wir sind eine der ältesten Familien in Dottendorf“, sagt Meurer. Sein Freund, Peter Christ, Jahrgang 1959, lebt in einem der ältesten Häuser an der Winzerstraße, das sein Großvater vor dem Krieg kaufte. Dort wurde die erste Poststation im Ort eingerichtet, die seine Großeltern über Jahre betrieben.

Nach Friesdorf führte nur ein Feldweg

Einen Moment verweilen die Männer auf der Servatiusstraße. „Anfangs stand unser Haus allein auf weiter Flur im Umkreis von einigen hundert Metern. Die Dottendorfer haben den Opa schäl angeschaut und sich gefragt, ob der wohl verdötscht ist, so weit draußen zu bauen“, erzählt Meurer. Bis zur Bahnlinie und Richtung Rhein dehnten sich in seiner Kindheit Felder, Obst- und Schrebergärten. „Ich fand es schön, so einsam zu wohnen. Wir haben auf der Weide zwischen den Kühen gespielt. Wo gibt es das heute?“ Vom Großvater weiß er, dass die Verbindung zwischen Kessenich und Friesdorf lange Zeit ein besserer Feldweg war. „Bei einer Beerdigung musste der Sarg von der Kirche hier hinaus getragen werden. Damit die Leute nicht im Matsch gingen, war ein Streifen Asphalt gelegt.“ Heute ist die Servatiusstraße vielfrequentierte Verkehrsader. „Mich stört das nicht“, sagt Meurer.

Der Spaziergang geht zunächst Richtung Venusberghang. Ungefähr die Grenze zu Friesdorf markiert das „Hasepättelche“, ein Weg vom Venusberg hinunter. Bestens geeignet zum Schlittenfahren. Häufiger hätten die Friesdorfer Jungs die Dottendorfer lauthals mit „Ihr habt hier nichts zu suchen!“ zu vertreiben versucht. „Das haben wir uns natürlich nicht sagen lassen“, erinnert sich Meurer. Mit den angrenzenden Kessenichern im Norden habe es eher mal Händel gegeben, „beim Maibaumsetzen oder -klauen und bei der Kirmes. Früher. Heute gibt es keine richtige Kirmes mehr.“

Siedlungen für Beamte wurden gebaut

Spätestens bei Querung des Oberen Lindwegs Richtung Kessenicher Straße und weiter zum Eulenweg wird die beschauliche Ruhe der Wohnquartiere im Schatten des Venusbergs spürbar. „Eine begehrte, verkehrsberuhigte Wohnlage im Grünen mit entsprechenden Immobilienpreisen. Nur kurze Zeit stehen hier Häuser leer“, merkt Christ an. Dottendorf habe seit den 1950er Jahren von der Hauptstadtfunktion Bonns profitiert. „Es wurden Siedlungen für die Beamten gebaut.“ Zum Beispiel an der Damaschkestraße, „eine der schönsten in Bonn“, findet er. Den Alteingesessenen waren die Neubürger anfangs nicht ganz geheuer. „Spielen mit den Beamtenkindern kam für uns nicht in Frage“, erzählen sie. Die „wären watt besseres“, sei damals Tenor gewesen. Als Berlin Hauptstadt wurde, standen Dottendorfer Immoblien nicht lange leer. Mitarbeiter von Telekom und Post zogen ein. Ihr Arbeitsplatz ist mit dem Rad schneller erreichbar als mit dem Auto.

Wir kommen an der 1904 erbaute Villa Mönkemöller an der gleichnamigen Straße vorbei. Sie ist prunkvolles Zeichen einer anderen Epoche, der Gründerzeit. Der Industrielle Stefan Mönkemöller verdiente sein Geld mit den Rheinischen Elektro-Stahlwerken. Viele Dottendorfer fanden bei ihm Anstellung, auch Mitglieder der Familie Meurer. Nach dem Tod Mönkemöllers 1935 blieb das Anwesen in Familienbesitz, bis dort Bulgarien seine Botschaft eröffnete. Heute ist die Villa in Privatbesitz. Nur einige Schritte weiter ist die Quirinusquelle eingefasst. „Leider wird sie nicht besonders gepflegt“, schimpft Meurer. „Da müsste sich die Stadt mal drum kümmern.“

Das historische Viereck Dottendorfs

Zwischen Winzer-, Dottendorfer Straße und Quirinusplatz liegt das „historische Viereck Dottendorfs. So haben wir es in der Schule gelernt.“ In der Quirin-, heute Montessorischule. „Wir haben uns von der ersten Klasse im Erdgeschoss langsam nach oben gearbeitet“, sagt Meurer lachend. 2004 feierte der Ort 1200-jähriges Bestehen. Die Burg und die wunderschönen Fachwerk- und Gründerzeitensembles entdeckt man nicht beim Durchfahren. Die meisten der denkmalgeschützten Häuser sind mittlerweile aufwendig renoviert. Christ und Meurer zählen Namen einstiger Bewohner auf, sagen „hier war früher“ und spinksen in Höfe und Gärten. Die meisten haben weitläufige Gärten. Landwirtschaft betreibt keiner mehr. Auch Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte, Gaststätten, die Pferdemetzgerei, der Spielzeugladen, die Strumpfschneiderei und die Wäscherei sind verschwunden.

Auf den ersten Blick ist nicht erkennbar, dass Dottendorf von verschlungenen Pfädchen durchzogen ist. Christ und Meurer kennen sie von Kindesbeinen an. Auf dem Rückweg biegen sie an der Quirinusstraße in einen schmalen Durchgang und der Blick öffnet sich auf sorgfältig eingezäunte Blumen- und Gemüsegärten mit Obstbäumen und Himbeersträuchern. Dazwischen windet sich der schmale Weg. Die Beiden genießen die abendliche Idylle. „Hier bin ich verwurzelt und möchte nirgendwo anders wohnen“, sagt Meurer, und Christ nickt.

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