Schadensersatzprozess gegen Bonns Ex-OB Zeichen im WCCB-Prozess stehen auf Klage gegen Bärbel Dieckmann

Bonn · Die Bonner Ratsmehrheit befürwortet einen Prozess gegen Bärbel Dieckmann (SPD), Ex-Stadtdirektor Arno Hübner (CDU), Ex-Gebäudemanager Friedhelm Naujoks und zwei weitere städtische Mitarbeiter. Die Anwälte halten einen Erfolg für möglich.

Der Stadtrat wird in seiner nichtöffentlichen Sondersitzung am Donnerstag im Zusammenhang mit dem WCCB-Bauskandal voraussichtlich mit breiter Mehrheit eine Schadensersatzklage gegen Bonns frühere Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD), Ex-Stadtdirektor Arno Hübner (CDU), Ex-Gebäudemanager Friedhelm Naujoks und zwei weitere städtische Mitarbeiter beschließen. Die Zeit drängt. Am 30. Juni endet die Verjährungsfrist.

Die kürzlich bezüglich einer möglichen Schadensersatzklage mit einer Zweitexpertise beauftragte Hamburger Kanzlei Graf von Westphalen hat am Montag ihre Prüfungsergebnisse allen Fraktionsspitzen in vertraulichem Rahmen vorgestellt und sieht nach GA-Informationen bei einigen Punkten durchaus Erfolgsaussichten für die Stadt Bonn. In gleich mehreren Punkten halten die Hamburger Anwälte im Fall von Ex-WCCB-Projektleiter Hübner die Erfolgsaussichten für „möglich“ bis „wahrscheinlich“ – wie bei dem Vorwurf, dem Rat im Dezember 2005 eine fehlerhafte Beschlussvorlage vorgelegt zu haben. Daraufhin erhielt der Südkoreaner Man-Ki Kim den Zuschlag als WCCB-Investor.

Stadt hätte Bonität prüfen müssen

Nur in einem Punkt bejahen die Juristen dagegen bei Dieckmann eine Aussicht auf Erfolg im Fall einer Schadensersatzklage. Und zwar bei dem Vorwurf, nicht nur die Sparkasse, auch die Stadt Bonn selbst hätte eine Bonitätsprüfung des Investors veranlassen müssen. Das war nicht geschehen. Kim entpuppte sich später als Investor ohne Kapital. In diesem Punkt hält die Kanzlei sowohl bei Dieckmann als auch bei Hübner Erfolgsaussichten für möglich. Im Fall von Naujoks und seinen beiden Mitarbeitern könnten laut Kanzlei fehlerhafte Freigaben von WCCB-Rechnungen einen Klageerfolg begründen.

„Nach mündlicher und schriftlicher Beratung mit den dazu beauftragten Anwälten haben die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP beschlossen, auf der Ratssondersitzung für die Einreichung einer Schadenersatzklage gegen Frau Dieckmann, Herrn Hübner, Herrn Naujoks und zwei weitere ehemalige Angestellte der Stadt Bonn zu stimmen“, hieß es von der Jamaika-Koalition. Auch der Bürger Bund Bonn (BBB) und die Linksfraktion signalisierten Zustimmung. „Wenn qualifizierte Rechtsanwälte einen städtischen Klageerfolg als möglich und im Einzelfall sogar als wahrscheinlich einstufen, dann kann die Stadt aus Sicht der Linksfraktion das Kapitel WCCB und städtische Schadenersatzansprüche nicht einfach schließen. Wir werden der Klage zustimmen“, sagte Michael Faber, Chef der Linksfraktion.

Langwierige Beweisaufnahmen

Die von der Kanzlei geprüften Sachverhalte sind nicht neu. Sie spielten in allen drei WCCB-Strafprozessen vor dem Landgericht Bonn schon eine Rolle. Mal peripher, mal im Fokus – je nachdem, wer auf der Anklagebank saß. Während Kim und sein Berater zu Haftstrafen verurteilt wurden, endeten die Verfahren gegen die städtischen Mitarbeiter mit Einstellungen gegen Geldauflagen. Kein Freispruch, aber auch kein Urteil mit dem Risiko eines Pensionentzugs. Dieckmann wurde erst gar nicht angeklagt, die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen sie ein.

Jetzt könnten in den wahrscheinlich bevorstehenden Zivilverfahren bisher nicht aufgeklärte Sachverhalte aufgerollt werden. Im Schadensersatzprozess der Stadt gegen Kim wies die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn die städtische Klage kürzlich ab: Die Richter hielten es für nicht bewiesen, dass die Stadt ahnungslos über die fehlende Bonität des Investors war und trotzdem für seinen Sparkassenkredit von 74,3 Millionen Euro bürgte, der später sogar um 30 Millionen erhöht wurde.

Sollte es nun zu Schadensersatzprozessen gegen die damals Verantwortlichen der Stadt kommen, stehen langwierige Beweisaufnahmen an. Mit immer noch unbeantworteten Fragen wie: Wer genau hat die als Nebenabrede getarnte städtische Bürgschaft mit der Sparkasse verhandelt? Und wem wurde wie erklärt, warum die Stadt überhaupt mit so vielen Millionen für einen Investor mit „Konzernhintergrund“ Hyundai bürgen muss?

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