Eigentumswohnung Zankapfel Teilungserklärung

BONN · Was gehört eigentlich wem? Und wer muss wofür zahlen? Ein Bonner Verbraucherschutzverein entwickelt einen hilfreichen Leitfaden für Wohnungskäufer und -eigentümer.

 Wem gehört der Balkon? In einer Teilungserklärung wird beschrieben, welche Teile zum Sondereigentum und welche zum Gemeinschaftseigentum zählen.

Wem gehört der Balkon? In einer Teilungserklärung wird beschrieben, welche Teile zum Sondereigentum und welche zum Gemeinschaftseigentum zählen.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Ein Thema, das regelmäßig für Ärger unter Wohnungseigentümern sorgt, sind Teilungserklärungen. Diese legen fest, wie Gebäude und Grundstück unter den einzelnen Eigentümern aufgeteilt werden. Da sie zudem meist eine Gemeinschaftsordnung enthalten, sind sie auch für das wirtschaftliche und soziale Zusammenleben der Eigentümergemeinschaft maßgeblich. In der Praxis lässt die Qualität dieser Dokumente allerdings viel zu wünschen übrig.

Erfahrungsbericht einer Wohnungseigentümerin: „In unserer Gemeinschaftsordnung ist bestimmt, dass Müllgebühren nach Miteigentumsanteil abgerechnet werden. Eine Wohnung mit 150 qm, ständig bewohnt von einer Person, steht zum Beispiel einer Wohnung mit 50 qm, bewohnt von vier Personen, gegenüber. Eine kleine Wohnung wird tageweise an mehrere Leute vermietet, die ständig einen Berg Müll hinterlassen. Die Chancen, das per Beschluss zu ändern, stehen schlecht. Wir sind 40 Parteien und kaum unter einen Hut zu bringen, zumal die meisten Wohnungen von dieser Regelung profitieren.“

Fälle wie diesen bekommt Gabriele Heinrich, Bonner Geschäftsführerin des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum e.V. (WiE), häufig auf den Tisch. „Teilungserklärungen und die oft darin stehenden Gemeinschaftsordnungen enthalten immer wieder Punkte, die nicht ausgewogen geregelt oder unwirksam sind. Dann ist Streit programmiert.“

Um Wohnungskäufer und -eigentümer über rechtssichere und riskante Klauseln aufzuklären, hat WiE jetzt den neuen, kostenfreien Ratgeber „Das Miteinander gebacken bekommen“ aufgelegt.

Die Teilungserklärung ist eine notarielle Urkunde, die Grundlage für die Eintragung der einzelnen Eigentumswohnungen im Grundbuch ist, erklärt der Bonner Notar Dirk Solveen, Pressesprecher der Rheinischen Notarkammer. Sie bestimmt insbesondere, welche Räume zur jeweiligen Wohnung gehören, sogenanntes „Sondereigentum“, und was gemeinschaftliches Eigentum ist. Dabei können nach Aussage des Notars den Wohnungen durch Sondernutzungsrechte einzelne Teile des Grundstücks – etwa Pkw-Stellplätze oder Gartenflächen – oder des Hauses, beispielsweise Kellerräume oder Speicherflächen, zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden.

„Grundlage einer Teilungserklärung sind die Aufteilungspläne, in denen die räumlichen Grenzen der einzelnen Wohnungen dargestellt sind“, sagt Dirk Solveen: „Wenn die Wohnungen in sich geschlossene Einheiten darstellen, erteilt das zuständige Bauamt eine Abgeschlossenheitsbescheinigung. Diese muss mit der Teilungserklärung beim Grundbuchamt eingereicht werden.“

Eine nachträgliche Änderung einer Teilungserklärung ist grundsätzlich nur durch eine notariell beurkundete Vereinbarung aller Wohnungseigentümer möglich, führt Notar Solveen aus. Häufig würden Teilungserklärungen aber sogenannte Öffnungsklauseln enthalten, „wonach eine Änderung durch einen Mehrheitsbeschluss möglich ist, wenn einzelne Eigentümer hierdurch nicht unangemessen benachteiligt werden“. Solveen weist jedoch darauf hin, dass für die Eintragung einer nachträglichen Änderung ins Grundbuch auch die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragenen Banken erforderlich sind. Das könne besonders bei großen Eigentümergemeinschaften zu hohen Kosten führen.

Umso wichtiger sei es daher, bei der Erstellung einer Teilungserklärung eventuell zukünftig entstehenden Änderungsbedarf möglichst schon zu berücksichtigen.

„Nicht der Notar, sondern der teilende Eigentümer bestimmt die Inhalte der Teilungserklärung“, ergänzt Sabine Feuersänger, WiE-Referentin und Leiterin des Verbandsprojekts zur Aufklärung über Teilungserklärungen. Zwar sei es Aufgabe des Notars, dafür zu sorgen, dass die Teilung formell korrekt erfolgt, die Urkunde mit dem Entstehen der Eigentümergemeinschaft ins Grundbuch eingetragen und zum Bestandteil der einzelnen Kaufverträge über Wohnungen in dem betreffenden Gebäude wird. „Das entbindet aber keinen Käufer von der Pflicht, sich genau zu überlegen, ob er mit den Bestimmungen auch einverstanden ist“, so Feuersänger weiter. Verhandlungsspielraum gebe es also nicht. Das Dokument, so wie es im Grundbuch steht, ist für alle Miteigentümer bindend.

So kann eine Hausordnung inklusive Ruhezeiten laut WiE-Geschäftsführerin Heinrich Bestandteil sein. Deutlich wichtiger seien jedoch Vorgaben zur Zahlung von Hausgeld inklusive Instandhaltungsrücklage, zur Verwaltung des Eigentums und zur Eigentümerversammlung.

Der neue Ratgeber von WiE nennt laut Heinrich ein Beispiel: Die Eigentümerversammlung braucht nicht jährlich stattzufinden, heißt es in einer Gemeinschaftsordnung. Der Verwalter konnte auch nicht dazu bewegt werden, eine solche in diesem Jahr durchzuführen. Bittere Folge: Ohne Eigentümerversammlung können die Eigentümer dem Verwalter keine Anweisungen erteilen. „Hebelt die Gemeinschaftsordnung die Pflicht zur mindestens jährlichen Einberufung der Versammlung aus, braucht es eine Mehrheit von 25 Prozent der Eigentümer, um sie zu erzwingen“, erklärt Heinrich. Dafür müsse mitunter der Gerichtsweg beschritten werden.

Weitere typische Risiken betreffen etwa unbefristete Vollmachten des Bauträgers oder unnötige Freibriefe für den Verwalter, ergänzt Fachfrau Feuersänger: „Wir haben festgestellt, dass Teilungserklärungen oft Festlegungen enthalten, um die Rolle des Verwalters zu Ungunsten der Eigentümer zu stärken.“ Das sei nachvollziehbar, weil der Aufteiler, oft ein Bauträger, den ersten Verwalter bestellen kann. Ist ihm dieser wohlgesonnen, muss der Bauträger weniger Regress aus seinen Verkaufsverträgen fürchten. „Gut für die entstehende WEG ist es hingegen nicht“, sagt Sabine Feuersänger: „Sie hat nun auf Dauer Probleme, die Verwaltung nach ihren eigenen Wünschen zu gestalten und Gewährleistungsrechte durchzusetzen.“

Das Lesen und Verstehen der Teilungserklärung ist laut Feuersänger zwar lästig, „doch die Kaufentscheidung wird damit auf eine sicherere Basis gestellt“. Umfassende Hilfestellung gibt dabei nun auch neue PDF-Ratgeber von WiE, der dank einer Förderung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) entstanden ist.

Weitere Infos: Den Leitfaden und die neue WiE-Muster-Gemeinschaftsordnung gibt es unter www.wohnen-im-eigentum.de/gemeinschaftsordnung

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