Schuldneratlas Zahl der Schuldner in Bonn geht zurück

Bonn · Creditreform sieht positive Entwicklung, aber weiterhin Verdrängungseffekte. Die Nachfrage bei den Beratungsstellen bleibt derweil unverändert hoch

Die Schuldnerquote in Bonner Haushalten nimmt weiter ab. Das ist das Ergebnis des neuen Schuldneratlas, den der Inkassodienstleister Creditreform am Montag veröffentlichte. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Quote zum Stichtag am 1. Oktober leicht um 0,13 Prozentpunkte zurück. In absoluten Zahlen betrachtet sank die Zahl der Schuldner von 23 740 im Jahr 2017 auf 23 620 im Jahr 2018. Vor fünf Jahren waren noch 23 970 Bonnerinnen und Bonner verschuldet. Seit 2013 ist die Schuldnerquote in Bonn von 9,38 auf nun 8,87 Prozent gesunken (linksrheinisch 9,32 Prozent, rechtsrheinisch 7,13 Prozent).

„Der Rückgang ist eine erfreuliche Entwicklung, vor allem weil er einhergeht mit einem Zuwachs in der Bevölkerung“, fasste es Jörg Rossen, Geschäftsführer der Creditreform am Bonner Standort (siehe „Credit᠆reform“), zusammen. Gut sehe es auch bei den Schuldnerquoten im Rhein-Sieg-Kreis (8,84 Prozent) und im Kreis Ahrweiler (8,71 Prozent) aus. Eine florierende Wirtschaft und eine niedrige Arbeitslosenquote seien Gründe für den Trend.

Die Zahlen in den einzelnen Ortsteilen, deren namentliche Unterteilung auf statistischen Daten der Stadt beruht, zeigten allerdings weiterhin ein starkes Gefälle, mit negativen und positiven Ausreißern. Rossen spricht deshalb auch von einer „Verdrängung“. Zum zweiten Mal in Folge sei etwa die Schuldnerquote in Godesberg-Zentrum gesunken – dieses Mal um 1,3 Prozentpunkte – liege aber immer noch hoch bei 13,98 Prozent. In Neu-Tannenbusch sehen die Statistiker einen Rückgang um 0,91 Prozentpunkt auf 19,71 Prozent. Fast jeder Fünfte ist dort also verschuldet. Als Schuldner gelten Erwachsene über 18 Jahre, die ihren Zahlungsverpflichtungen vermutlich über einen längeren Zeitraum nicht mehr nachkommen können, also keine Bürger, die ihre Kredite bedienen.

Bonn im Überblick

Mehr Schuldner als im vergangenen Jahr gibt es beispielsweise in Graurheindorf (plus 0,42 Prozentpunkte), im Zentrum-Rheinviertel (plus 0,4 Prozentpunkte) sowie in Godesberg-Kurviertel und Godesberg-Nord (jeweils 0,35 Prozentpunkte). Gerade im Stadtbezirk Bad Godesberg sieht Rossen ein wachsendes Problem durch den Medizintourismus. Die Patienten der Krankenhäuser und Gesundheitszentren mieteten sich in Wohnungen ein, die dem freien Wohnungsmarkt nicht mehr zur Verfügung stünden.

Das Problem hat die Bonner Kommunalpolitik erkannt und eine Zweckentfremdungssatzung auf den Weg gebracht. Allerdings hat die von der Stadtverwaltung eingesetzte Task Force keinen leichten Stand. Bei der Suche nach zweckentfremdetem Wohnraum ist sie auf die Informationen Dritter angewiesen. Der Leiter des Sozialamts, Kurt Berger, hatte das im jüngsten Sozialausschuss so beschrieben: „Die Mitarbeiter sind engagiert, aber die Arbeit ist schwierig.“

Die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt birgt aus Sicht von Bernhard von Grünberg weiter Probleme. Der Vorsitzende des Bonner Mieterbunds berichtet, dass es in den vergangenen Jahren für verschuldete Menschen schwierig geworden sei, eine Bleibe zu finden. „Vermieter verlangen heute viel mehr Nachweise über die finanzielle Situation als früher“, weiß von Grünberg. Den großen Baugesellschaften, die geförderte Wohnungen vermieten, wirft er das vor. „Wenn sie keine Einkommensschwachen mehr aufnehmen, ist das schon eine perverse Situation.“

Trotz des Rückgangs der Quote bleibt die Nachfrage bei der Schuldnerberatung Bad Godesberg des Deutschen Roten Kreuzes groß. „Arbeitslosigkeit und fehlende Berufsausbildung sind die häufigsten Gründe für eine Verschuldung“, sagte Geschäftsführerin Susanne Eisenblätter. Immer öfter kämen Alleinerziehende zu ihr. Durchschnittlich hätten im vergangenen Jahr 65 Prozent der Hilfesuchenden zehn Gläubiger gehabt. Im Schnitt stünden sie mit 28.000 Euro in der Kreide. In Bonn berät auch die Zentrale Schuldnerberatung von Caritas und Diakonie an der Noeggerathstraße kostenlos. Sie weist in ihrem aktuellen Newsletter zur Vorweihnachtszeit darauf hin, dass Zahlungen von Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des Monatseinkommens vor der Pfändung sicher seien, zumindest bis zu einem Höchstbetrag von 500 Euro.

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