Semesterstart in Bonn Wohnungssuche bei Studenten: „Sauschwer und teuer“

Bonn · 5000 Erstsemester beginnen an diesen Montag in Bonn mit ihrem Studium. Die Wohnungssuche bleibt eine Herausforderung.

„Dort drüben ist der Kaiserplatz, und auf dieser Seite kommt ihr zum Alten Zoll und zum Rhein. Da ist im Sommer eine Menge los.“ Franziska Schüller spricht laut und deutlich. Schließlich soll möglichst jeder etwas mitbekommen. Mehrere Dutzend junge Leute stehen um die Bonnerin herum und hören zu. Denn Franzi, wie sie von einigen genannt wird, ist die „Ersti-Beauftragte“ der Fachschaft Pharmazie.

Sie sorgt also dafür, dass die neuen Studenten nicht schon gleich zu Beginn ihrer Zeit in Bonn die Orientierung verlieren. Das ist auch gut so: Wie schon im Vorjahr beginnen diesen Montag rund 5000 neue Studenten ihr Studium in Bonn, damit sind insgesamt 36 000 Menschen immatrikuliert; eine gewisse Übersicht kann da nur gut tun.

Nahezu alle Fachschaften der Universität sind seit Tagen mit ihren Erkundungstrupps unterwegs. Man kann sie sehen und vor allem hören, wenn ihnen die „Ersti-Rallye“ wieder eine besonders ulkige Aufgabe gestellt hat – zum Beispiel mit den eigenen Kleidungsstücken eine Linie längs über die Hofgartenwiese zu legen, und dabei möglichst weder das Schamgefühl ausländischer Touristen noch die eigene Gesundheit zu beeinträchtigen. Oder: sich unter den Augen der Friedenskönigin Regina Pacis huckepack oder als Schubkarrengespann über den Campus zu kämpfen.

Ohne Kontakte läuft nichts

Die Botschaft ist klar, und selbst bei den vorbeieilenden Berufstätigen mit ihren nachsichtig hochgezogenen Mundwinkeln und Augenbrauen kommt sie an: Studieren macht Spaß – sofern gewisse Rahmenbedingungen stimmen. Entsprechend gleichen einander auch die Fragen – egal, ob fortan Gesetze oder die menschliche Anatomie einen Großteil des Alltags bestimmen sollen. Praktische Tipps zum Studium, Sehenswürdigkeiten, Weggehen, Shoppen: Darum gehe es den meisten Neu-Bonnern, erzählt Franzi Schüller.

Eine besonders anspruchsvolle Prüfung haben viele – aber längst aber nicht alle – der Erstsemester schon absolviert. Und für manchen zog sie sich über Monate: Das Thema Wohnungssuche ist und bleibt für viele Bonner Studenten das dickste Brett, das sie gleich zu Beginn zu bohren haben. „Sauschwer und teuer“, bringt es der 19-jährige Markus auf den Punkt und schiebt ironisch hinterher: „Aber Wohnen in Heimerzheim ist okay“.

Ohne Kontakte laufe nichts, meint eine Kommilitonin. „Wenn man sich zu Beginn des Jahres um einen Wohnheimplatz bewirbt, hat man eine Chance“, sagt Claudia Lachner vom Niederrhein. Und: Man müsse offen für das Leben in einer Wohngemeinschaft sein. Dass auch dort keineswegs jede Tür offen steht, weiß Pia Schüller. Sie hofft, über die Internetplattform „WG gesucht“ eine Bleibe zu finden. „Ich habe bestimmt 20 Leute angeschrieben, ohne überhaupt eine Rückmeldung zu bekommen“, schimpft sie. Am Ende habe es dann doch geklappt, nun wohnt sie in einem zu Studentenappartements umgebauten Bürogebäude.

Die Vielfalt des Marktes ist typisch für eine Universitätsstadt, wo das Spektrum von Privatwohnung, Wohngemeinschaft, und Verbindungshaus bis hin zu möblierter Untermiete und in besonderen Notfällen gar Zeltplatz reicht. Viele machen es auch wie Lea Kesseler, die mit dem Studium der Medienwissenschaften beginnt: „Ich pendele von Zuhause“, sagt sie. Von ihrer Heimatstadt Bad Münstereifel bedeutet das eine Fahrtzeit von eineinhalb Stunden. Eine Lösung, die zwar beschwerlich erscheint und womöglich das klassische Studentenleben trübt, die aber allein aus Kostengründen von vielen Studenten bevorzugt wird.

Pendlerquote von 50 Prozent

Die Quote jener, die aus der näheren Umgebung – also aus der Region, der Voreifel, dem Bergischen Land und dem nördlichen Rheinland-Pfalz – stammen, liegt in Bonn laut Universität bei immerhin rund 50 Prozent. Dieser Anteil trägt womöglich dazu bei, den völligen Kollaps des studentischen Wohnungsmarktes zu verhindern – angespannt bleibt der gerade zu Semesterbeginn aber allemal, wie die Universität und das Studentenwerk Bonn auf Anfrage übereinstimmend bestätigen.

„Es fehlt vor allem bezahlbarer Wohnraum in zentraler Lage. Studierende nehmen nur ungern längere Wege in Kauf“, sagt Uni-Sprecher Andreas Archut. So würden die meisten am liebsten in der Innenstadt, Altstadt, Südstadt, Poppelsdorf und Endenich wohnen. „Ein 'Geheimtipp' bleiben in dieser Beziehung nach wie vor die weniger bekannten, aber dennoch zentrumsnahen Stadtteile wie Lengsdorf oder Dottendorf.“

Noch besser stehen die Chancen auf eine Bleibe im Umland. Dort aber wollen viele Studenten nicht hin. Auf eine zusätzliche Erschwernis auf dem Bonner Markt verweist Robert Anders, Sprecher des Studentenwerks: „Der stetige Zuzug von gut bezahlten Arbeitnehmern nach Bonn verschärft in gewissem Maße die Konkurrenzsituation auf dem freien Markt.“

Eine Tatsache benennen Uni und Studentenwerk unisono: Schlechte Chancen auf dem Wohnungsmarkt hätten vor allem ausländische Studierende, die von den 5000 Erstsemestern immerhin 1100 stellen. Sie finden dann oft in einem der insgesamt 35 Wohnheime des Studentenwerks eine Bleibe. Das hält insgesamt 3700 Wohnheimplätze, verstreut auf das Bonner Stadtgebiet und das Umland, bereit.

121 Nationalitäten und eine Quote von 59 Prozent der ausländischen Studenten sorgen für internationales Flair. In Bonn gibt es rund 25 Wohnanlagen mit mehreren hundert Plätzen, die private Anbieter betreiben. Für all jene, die noch nicht fündig geworden sind, bietet das Portal Immobilienscout24 wenigstens eine kleine Hoffnung: Im Umkreis von zwei Kilometern rund um das Uni-Hauptgebäude hab es am Sonntag immerhin 14 Angebote unter 500 Euro Kaltmiete.

Die Universität hat auf www.uni-bonn.de die einschlägigen Portale zur Wohnungssuche zusammengestellt. Eine Besonderheit darunter ist die Wohnbörse „Zimmer frei“, eine Initiative der Bonner Hochschulen, der Stadt und des Rhein-Sieg-Kreises und einer Reihe von Partnern: www.zimmerfrei-bonn.de

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