Hochwasser in Bonn "Wir kommen wohl mit einem blauen Auge davon"

Wellen schlagen über die Beueler Promenade, am Fähranleger Austraße in Bad Godesberg schwimmen Mülltonnen in der braunen Brühe. Der Rhein ist am Wochenende weit aus seinem Bett getreten, an manchen Stellen ist Land unter.

Bonn. Wellen schlagen über die Beueler Promenade, am Fähranleger Austraße in Bad Godesberg schwimmen Mülltonnen in der braunen Brühe, am Rathenau-Ufer in Bonn lässt die Polizei Autos abschleppen, damit die Flut sie nicht mitreißt. Der Rhein ist am Wochenende weit aus seinem Bett getreten, an manchen Stellen ist Land unter.

Um durchschnittlich einen Zentimeter pro halbe Stunde ist das Wasser am Sonntagnachmittag gestiegen. Um 19.30 Uhr stand der Pegel bei 7,93 Meter. Die Feuerwehr geht davon aus, dass die Scheitelwelle am Montag gegen 20 Uhr Bonn bei einer Höhe von 8,45 bis 8,65 Meter passieren wird. "Wir kommen wohl mit einem blauen Auge davon", sagt ein Beamter der Wasserschutzpolizei.

Info-Telefon Die Feuerwehr hat unter der Rufnummer (02 28) 71 75 ein Info-Telefon für betroffene Bürger geschaltet.Eberhard Opgenorth kann das nicht behaupten. Der Besitzer des "Bundeshäuschens" in Oberkassel hat am Samstag sein Restaurant leer geräumt. "Wir saufen immer als erste ab", sagt er. Aber er kennt das seit vielen Jahren. Auch das Rekordhochwasser von 1993 und 1995 hat er miterlebt. Opgenorths Motto: "Wir leben vom Rhein, und wir müssen auch mit ihm leben."

Über den Hochwasserschutz in Beuel, der bis zu einer Höhe von 9,50 Meter gewährleistet sein soll, hat Opgenorth seine eigene Meinung. "Gut, dort bekommen die Anlieger dann wohl keine nassen Füße mehr, doch der Rhein sucht sich seinen Weg. Und wer weiß, vielleicht ist irgendwann dort Land unter, wo es keiner vermutet.

Info Gesperrte Straßen in BonnMitarbeiter packen derweil jedes Glas, jede Flasche ein, verfrachten Tische, Stühle und Geräte auf einen Hänger. Aufgrund der Wettervorhersage hofft er, das Restaurant am Samstag wieder öffnen zu können. Am Rheinhotel Dreesen steht das Wasser am Samstagmittag schon an der Hauswand. Die Autoschnellfähre Bad Godesberg-Niederdollendorf fährt. Noch.

Die Fähre Mondorf hat dagegen ihren Betrieb schon eingestellt. In Beuel schwappen die Fluten am Nachmittag auf die Promenade. Viele Spaziergänger sind gekommen. Es ist mild, die Sonne scheint. Das Schauspiel des über die Ufer getretenen Stroms wollen sie sich nicht entgehen lassen.

PegelstandDer aktuelle Pegelstand des Rheins

Auf der anderen Rheinseite ist die Promenade an der Margarethenkirchen in Graurheindorf komplett überspült. Maria Scheuren steht mit anderen an der Wasserkante. "Ich muss meinem Besuch aus Brilon im Sauerland doch mal das Hochwasser zeigen", sagt sie.

Am Abend tagt der Krisenstab der Bonner Feuerwehr. Optimismus macht sich breit. Zum einen wegen des Hochwasserschutzes in Beuel - auch wenn er noch nicht komplett fertiggestellt ist - zum anderen lassen die Meldungen aus dem Süden eine leichte Entspannung der Lage erwarten.

Eine kleine Hochwasserwelle an der Mosel sorgt dann dafür, dass die Feuerwehr ihre Pegelprognosen nach oben anpasst. Dennoch herrscht Gelassenheit. Am Sonntagvormittag rücken die Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks an und schließen die Durchgänge für Radfahrer und Fußgänger zur Beueler Promenade mit mobilen Alu-Profilen.

Damit kann der durchgängige Schutz südlich der Kennedybrücke bis zur Ernst-Moritz-Arndt-Straße bis zu einer Höhe von 9,50 Meter gewährleistet werden, so Monika Frömbgen vom städtischen Presseamt. Die Hochwassermarke II ist erreicht: Der Schiffsverkehr ist eingestellt.

Der Strom fließt mit fast zehn Stundenkilometern. Während das "China-Schiff" in Beuel trotz einer Stegverlängerung nicht mehr erreichbar ist, kommen die Beamten der Wasserschutzpolizei noch trockenen Fußes auf ihr wenige Meter entfernt liegendes Boot. "Bis 8,50 Meter geht's noch", sagt Martin Blank. Wenn das Wasser weiter steigt, verlegen die Beamten ihr Boot nach Mondorf.

Am Nachmittag rückt die Feuerwehr am letzten, noch nicht fertig gebauten Hochwasserschutz an der Ernst-Moritz-Arndt-Straße an. 25 Männer der Freiwilligen Feuerwehr Beuel bauen einen Sandsackwall und verstärken damit den Damm. 3 000 Säcke haben sie nach Angaben von Einsatzleiter Albert Lehmann in der ersten Fuhre mitgebracht.

Während sie bauen, schippen Kollegen der Freiwilligen Wehren Holtorf und Oberkassel an der Feuerwache 2 an der Maarstraße weiter Sand. "Wir haben dort noch 27 Tonnen auf Lager", sagt Lehmann. Als immer mehr Neugierige durch die Ernst-Moritz-Arndt-Straße und sogar über den Deich laufen, platzt ihm der Kragen.

Die Spaziergänger behindern die Feuerwehrleute. Kurzerhand wird abgesperrt, doch den einen oder anderen Rhein-Gucker schert das nicht. Auf direktem Weg zum Hochwasser, heißt offenbar die Devise. Die Wellen schwappen derweil weiter auf die Promenade.

Schicken Sie uns Ihre Fotos von dem Hochwasser an Rhein, Ahr und Sieg an online@ga.de.

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