Workshop in Bonn Wie fühlt sich ein deutscher Migrant im russischen Wartezimmer

BONN · Wie in einer anderen Welt fühlten sich am Mittwoch die Teilnehmer des Workshops "Seitenwechsel" im Haus Mondial, dem Fachdienst für Integration und Migration der Caritas.

Es ging darum, Migration hautnah zu erfahren. Alle Räume, das Essen und selbst die Terminankündigungen waren auf Russisch. Das Team des Hauses sprach die Teilnehmer des Workshops in der fremden Sprache an. Sobald sie das Haus betraten waren sie deutsche "Migranten" in Russland. Darauf war keiner vorbereitet. Und genau das war Sinn der Aktion.

"Die Teilnehmer sollen ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, sich in einem völlig fremden Land orientieren zu müssen", erklärte Gabi Al-Barghouthi. Dazu wurde zuerst ein Behördengespräch simuliert. Alle Teilnehmer bekamen ein russisches Formular in die Hand gedrückt. Dann ging es ins Wartezimmer - und es hieß warten. Alles ganz realistisch. Ein junger Mann versuchte die unbekannte Schrift mit Hilfe seines Smartphones zu entschlüsseln. Nach und nach wurden die wartenden Männer und Frauen zum Gespräch mit einem Beamten aufgerufen.

"Man hat wahnsinnig Angst, etwas falsch zu machen", erzählte Hartwig Klein. Der Ausländerberater der Stadt Sankt Augustin wollte, wie viele Teilnehmer einmal auf der anderen Seite stehen. Während des Workshops habe man sich teilweise vollkommen hilflos gefühlt. "Da versucht man mit Händen und Füßen, das Richtige zu signalisieren und natürlich freundlich zu wirken", so Klein. Er hatte sich vorab eine kleine Geschichte ausgedacht.

"Ich bin mit 6000 Euro im Gepäck hier nach Russland eingereist und suche einen Job als Bus- oder Lkw-Fahrer." Die Behörde verpflichtete die deutschen "Migranten" zu einem Integrations- und anschließendem Orientierungskursus. Ebenfalls auf Russisch. Selbst in der Mittagspause wurde die Rolle beibehalten. Wie auch bei Integrationskursen in Deutschland, gab es am Ende einen kleinen Test auf Russisch. "Ich sehe Migranten jetzt mit ganz anderen Augen", sagte Klein danach.

Interkulturelle Woche

Samstag, 21. September, 14.30 Uhr, Veranstaltung von Frauen für Frauen zum Thema "Älter werden in Bonn", Nachbarschaftszentrum Brüser Berg, Fahrenheitstraße 49; Mittwoch, 25. September, 9 Uhr, Führung durch die Ausstellung "Weltreligionen, Weltfrieden, Weltethos, Haus Mondial, Fritz-Tillman -Straße 9; Samstag, 28. September: Kunstworkshop, Haus Mondial.

Weitere Infos beim Haus Mondial unter 0228/2671717

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