Bonner Künstlerin Wie aus Konflikten Kunst wird

BONN · Mit 29 Jahren ist die Bonner Künstlerin Louisa Clement bereits international bekannt und ständig unterwegs. Derzeit hat sie eine Ausstellung im Wallraff-Richartz-Museum. Ihr Ruhepunkt ist Bonn.

 Louisa Clement in ihrer Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum.

Louisa Clement in ihrer Ausstellung im Wallraf-Richartz-Museum.

Foto: Thomas Brill

Richtig begeistert ist Louisa Clement nicht über die Idee eines Porträts. Nicht sie als Person, vielmehr die Kunst solle doch im Vordergrund stehen, meint sie. Wenn man das so leicht trennen könnte. „Ich arbeite nah an dem, was ich erlebe, aber ich möchte das Augenmerk auf das Werk lenken, nicht auf meine Person“, erläutert sie, „mir geht es um eine gesellschaftliche Reflexion.“

Das mediale Interesse an der 29-jährigen Bonnerin ist groß – nicht erst, seitdem sie die Düsseldorfer Kunstakademie verlassen hat. Viele Absolventen von Akademien arbeiten sich mühsam in den Kunstbetrieb hinein, hoffen auf erste kleine Ausstellungen, vielleicht in einem Kunstverein. Bei Clement lief das ganz anders – „da kam ein Stein ins Rollen“, erinnert sie sich. Noch während des Studiums hatte sie erste Ausstellungen, 2013 erhielt sie das Brühler Max-Ernst-Stipendium, seit 2014 folgten Ausstellungen in Bonn, Düsseldorf, Berlin, Paris und New York.

2016 wurde Clement mit dem Förderpreis des Landes NRW, dem Cité Internationale des Arts, Paris, ausgezeichnet und zur 6. Marrakech-Biennale eingeladen. In diesem Jahr folgten das Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung, eine Ausstellung im Kölner Wallraf-Richartz-Museum, die noch bis 10. September läuft, und eine in der Galerie Gladstone New York (gerade beendete Gruppenausstellung „Lyric on a Battlefield“).

Bei Andreas Gursky studiert

So viel Erfolg weckt Aufmerksamkeit. Wie damit umgehen? Das hat die Künstlerin bei ihrem Düsseldorfer Akademielehrer gelernt, dem umschwärmten Kunstmarkt-Star Andreas Gursky, einen der begehrtesten – und teuersten – Fotokünstler der Gegenwart. Wer ihn einmal in der Öffentlichkeit erlebt hat, staunte über seine zurückhaltende, fast schüchterne Art, über die ungeheure Präzision, mit der er über seine Arbeit spricht.

Louisa Clement macht das nicht anders, als wir uns in ihrem Bonner Atelier treffen. Die Tochter eines Journalisten und einer Galeristin erzählt von monatelangen Recherchen, über die Lektüre von Pressetexten und Büchern, über Bilder und Filme, mit denen sie ihr jeweiliges Thema einkreist. Sie interessiert sich für politische, soziale Inhalte – „am Punkt der Zeit“. Relevanz ist ihr wichtig. „Über Blumen im Garten kann ich nicht arbeiten, während die Welt draußen brennt. Das ist mir zu wenig.“

Lieber befasst sie sich mit dem Thema Waffen und militärisches Gerät. Sie will ergründen, was den Menschen prägt, was ihn bewegt, was ihn manipuliert: In Köln zeigt sie gerade Fotos von Gliederpuppen, die Marionetten sein könnten oder auch Roboterwesen.

Forschungsobjekt soziale Medien

Geradezu gespenstisch ist ihre Serie zum Thema Waffen und militärisches Gerät: Toll fotografiert und ästhetisch perfekt inszeniert zeigt die Künstlerin Raketenteile, Details von Patronenhülsen und einen Transportkoffer für Handgranaten. Faszination und „totale Schönheit“ treffen auf höchste Gefährlichkeit und Brutalität. Ein Spiel mit dem alltäglichen Zynismus. Man ist zunächst gefesselt, dann erstaunt, dann vielleicht sogar ärgerlich oder geschockt. „Ich will zum Nachdenken anregen“, sagt sie.

Auch bei ihrer Serie „Transformationsschnitt“ kommt der Schock auf den zweiten Blick: Die Objekte auf dem Tisch sehen aus wie dunkle, edle, geheimnisvolle Blöcke aus erstarrtem Glas. Und sind doch nur die scharfkantigen Abfallprodukte unschädlich gemachter Chemiewaffen. Clement war im Zuge ihrer Recherchen zum Bürgerkrieg in Syrien auf diesen Sondermüll gestoßen.

Louisa Clement reist viel: in den Libanon und nach Israel, in die Schweiz, wo sie sie ihre Recherchen in der „Google“-Zentrale vertiefen will. Künstliche Intelligenz ist ein Thema, das sie in diesem Zusammenhang fesselt, auch, wie die sozialen Medien das Zusammenleben verändern. „Die Simulation von Emotionen und was das für die Menschen bedeutet, interessiert mich ebenso wie die politischen Mechanismen.“

Ruhige, konzentrierte Arbeit

Und wie geht man mit dem Erfolg um? „Man muss schneller schwimmen, weil die Wellen höher sind“, lacht sie, man müsse sehr diszipliniert arbeiten. Das könne nur durch Rückzug und Recherche funktionieren. Ist Bonn dafür die richtige Basis? „Ich bin nicht nach New York oder Berlin gezogen, ich bin in Bonn geblieben, kann hier in Ruhe arbeiten, mich auf meine Kunst konzentrieren – alles andere organisieren, mein Studio und meine Galerie. In Bonn bin ich gut vernetzt“, sagt sie, „hier habe ich meinen familiären Rückhalt, ich bin schnell überall, ob in Paris, Berlin oder Brüssel.“

Ihre momentane Devise: „Im Kämmerchen ackern.“ „Ich beschäftige mich sehr intensiv mit meinen Themen – und irgendwann macht es 'klick' und ich setze sie künstlerisch um.“ Bildhauerei, Fotografie, Installation sind ihre Medien. Und sie arbeitet in Serien. „Jede Serie ist eine Fallstudie, so etwas wie ein Versuchsverlauf.“

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