Nach der Ratswahl in Bonn Wer kann und will mit wem?

BONN · Die Fraktionen führen erste informelle Gespräche über Koalitionen und Gelegenheitsbündnisse. Der Tag nach der Wahl: Die große Frage, die alle umtreibt: Wie geht es weiter in Bonn? Zehn Parteien und Gruppierungen gehören dem neuen Stadtrat an.

Der neue Rat wird wegen der geplanten Zusammenlegung der Kommunal- und Oberbürgermeisterwahlen 2020 ausnahmsweise sechs statt fünf Jahre die Geschicke Bonns lenken.

Erste informelle Gespräche über die Frage, welche Partei mit wem ein Mehrheitsbündnis bilden wird, wurden bereits gestern tagsüber auf den Rathausfluren und am Abend in den Fraktionssitzungen geführt. Eine Antwort ist so bald wohl nicht zu erwarten. Zur Erinnerung: Nach der Kommunalwahl 2009 dauerte es dreieinhalb Monate, bis die neue schwarz-grüne Ratsmehrheit stand. Für eine Neuauflage reicht es diesmal nicht: Es fehlt ein Sitz für eine Mehrheit.

[kein Linktext vorhanden]Gleich, wie das Los im Fall des Stimmenpatts in Dottendorf entscheidet (siehe Artikel unten): Rein rechnerisch kämen drei unterschiedliche Konstellationen in Frage: CDU/SPD (Große Koalition), CDU/Grüne/FDP (Jamaika-Koalition) oder SPD/Grüne/FDP(Ampel). Im letzteren Fall ist allerdings bei einem Los zugunsten des CDU-Kandidaten auf jeden Fall die Stimme des Oberbürgermeisters für eine Mehrheit nötig. Denn dann hätte der Stadtrat insgesamt 86 Sitze, die Ampel käme nur mit der OB-Stimme knapp auf die erforderliche Mehrheit von 44 Sitzen.

Trotzdem: Die Grünen gaben sich am Montag gelassen. "Diese Wahl ist eine Bestätigung unserer Politik", meinte Parteisprecherin Julia Mayer. Ihr Amtskollege Martin Heyer, der nun auch dem neuen Rat angehört, kündigte an: "Wir werden alles tun, um grüne Positionen in der Kommunalpolitik durchzusetzen."

Festlegen wollen die beiden und die Fraktionsspitzen Dorothee Paß-Weingartz und Peter Finger sich zwar noch nicht. Dass sie aber durchaus Interesse daran haben, die Arbeit mit der CDU fortzusetzen, verhehlten sie nicht. Jetzt wollen die Grünen, wie die andern Fraktionen auch, eine Sondierungsgruppe einsetzen, die die Gespräche mit möglichen Bündnispartnern führen soll.

Auch für die CDU ist es völlig "offen", wie es im Rat weitergehen wird, sagte Fraktionsgeschäftsführer Georg Fenninger. Er sehe den Verhandlungen ganz entspannt entgegen, sagte er. Am Abend stand zunächst einmal seine Wiederwahl als Geschäftsführer der größten Ratsfraktion an. Wie er wurde auch CDU-Fraktionsvorsitzender Klaus-Peter Gilles im Amt bestätigt.

Überglücklich ist Linksfraktionschef Michael Faber. Seine Fraktion zählt jetzt fünf statt drei Mitglieder. "Jetzt sind wir fast auf Augenhöhe mit der FDP", sagte er selbstbewusst. Faber ist gegen di Bildung einer Ratskoalition. "Die würgt doch nur den Wettstreit um die besseren Argumente ab", sagte er. Der neue, viel buntere Stadtrat sei Chance und Herausforderung zugleich, Sachentscheidungen künftig mit wechselnden Mehrheiten zu treffen. "Ich schließe nicht aus, dass wir das eine oder andere Mal auch mit der CDU stimmen, wenn wir mit ihr einer Meinung sind", sagte Faber augenzwinkernd.

Gewinner und Verlierer

Mit 64,9 Prozent bleibt FDP-Ratsherr Joachim Stamp zwar hinter seinem Traumergebnis von 2009 zurück. Trotzdem liegt der Stimmenanteil des Röttgener Liberalen für alle anderen Ratskollegen in unerreichbarer Ferne. Freuen kann sich auch Georg Fenninger. Der langjährige CDU-Ratsherr und Fraktionsgeschäftsführer fuhr für die Union im Wahlbezirk Holzlar/Hoholz das beste Ergebnis in ganz Bonn ein.

Ebenso stolz kann Rolf Beu (Grüne) sein, der in Endenich II erneut das Direktmandat holte und sein Ergebnis gegenüber 2009 sogar noch mal steigerte. Klarer Verlierer der Wahl ist Heinz-Helmich van Schewick. Der 73-jährige ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete flog nach fast 40 Jahren aus dem Bonner Rat. Das Direktmandat im Wahlbezirk Bonn-Castell/Rheindorf holte statt dessen SPD-Stadtrat Peter Kox.

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