Berufsqualifikation in Bonn Wenn der Abschluss aus Syrien nicht zählt

Bonn · Vermittler von Arbeitsagentur und Jobcenter bieten in den Agentur-Räumen an der Rochusstraße eine spezielle Beratung für Flüchtlinge an. "Integration Point" nennt sich der gemeinsame Service.

 Berufsberater Jan Meyer und Soulie Bakr im Beratungsgespräch im Integration Point.

Berufsberater Jan Meyer und Soulie Bakr im Beratungsgespräch im Integration Point.

Foto: Roland Kohls

Mohammad Alfares lässt sich seine gute Laune nicht nehmen. „Ich fühle mich schon als richtiger Bonner“, erzählt der Syrer seinem Arbeitsvermittler Jakob Hackenberg. Dabei hat der 27-Jährige harte Monate hinter sich. Eine abenteuerliche Flucht führte ihn aus dem Kriegsgebiet nach Deutschland. Endlich in Sicherheit angekommen, lebte er lange in beengten Verhältnissen in einer Flüchtlingsunterkunft. Doch jetzt schöpft er wieder Hoffnung. „Wenn alles gut geht, dann habe ich in einem halben Jahr meine Approbation.“

Zwar war er schon in Syrien als Internist tätig, doch seine Zeugnisse werden hier nicht anerkannt. Beim „Integration Point“, dem gemeinsamen Service von Arbeitsagentur und Jobcenter, hilft man ihm jetzt, auch hierzulande einmal als Mediziner zu arbeiten. Ziel der Anlaufstelle für die Beratung und die Vermittlung von Flüchtlingen in der Rochusstraße 4 ist es, Migranten möglichst schnell in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu integrieren oder zumindest erste Schritte einzuleiten. Das Besondere: Die Beratung erfolgt zunächst einmal unabhängig vom Stand des Anerkennungsverfahrens. Betreut werden Asylbewerber, geduldete Personen und Asylberechtigte. So sollen noch vor der Anerkennung als Asylbewerber Potenziale identifiziert werden.

„Wir schauen uns die Zeugnisse an, lassen sie übersetzen oder beglaubigen, vermitteln Sprachkurse und helfen bei Orientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen“, erklärt Koordinator und Arbeitsvermittler Ralf Schäfer. „Jeder bekommt hier die Hilfe, die er braucht. Und das ohne lange Wartezeiten.“ Kurze Wege, schnelle Absprachen lautet daher das Ziel. Für Alfares bedeutete das, dass er sich derzeit auf die Fachsprachen- und die Fachkenntnisprüfung vorbereitet. „Die werde ich bei der Ärztekammer ablegen“, berichtet er sichtlich stolz.

Auch für Soulie Bakr hat sich viel zum Positiven gewendet. Sie hat gleich zwei Hochschulabschlüsse, einen aus Syrien und einen von der Fachhochschule Rhein-Sieg. Derzeit arbeitet die IT-Spezialistin als Praktikantin in einem großen Unternehmen. „Aber ich habe die Aussicht auf eine Festanstellung“, freut sie sich. Zusätzlich will sie dann auch noch ihren Master in Deutschland machen. „Ich habe immer versucht, mich hier einzuleben. Auch als ich wenig Deutsch sprechen konnte, habe ich immer angeboten, meinen Landsleuten bei Übersetzungen zu helfen. Das hat mich selbst weitergebracht. Dadurch bekommt man immer etwas zurück“, erzählt die 35-Jährige. „Man muss offen, aktiv und bereit für Neues sein, dann schafft man es auch.“

Mehdi Inanlou aus dem Iran hat in seiner Heimat ebenfalls ein Informatikstudium abgeschlossen. Doch mit seinem Diplom kann er hier nicht viel anfangen. Nachdem er zunächst Deutsch gelernt hat, nimmt er jetzt mit Hilfe von Jakob Hackenberg seine weitere berufliche Qualifizierung in Angriff. Auch er hat mittlerweile eine Praktikumsstelle gefunden. Läuft alles nach Plan, dann wird er schon bald eine Ausbildung zum Fachinformatiker beginnen.

Der Integration Point zeichnet sich auch durch seine Kooperation mit anderen Netzwerkpartnern aus. „Das sind Mitarbeiter vom Ausländeramt, der Anerkennungsberatung LerNet, der Kausa Servicestelle, Berufsberatung oder der Migrationsdienst für Erwachsene“, so Schäfer. „Diese Bündelung ist auch wichtig“, ergänzt er. Denn viele Besucher seien durch eine lange Flucht belastet. „Da ist es gut, wenn sie nur eine Anlaufstelle für Beratung und Unterstützung haben.“

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