Umfrage in Bonn und der Region Weniger Hebammen bei mehr Geburten in Bonn

Bonn/Region · Für schwangere Frauen in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis ist es in den letzten Jahren immer schwerer geworden, eine Hebamme für Vorsorge, Geburt und Nachsorge im Wochenbett zu finden. Das ergibt eine Umfrage unter 164 Hebammen in Bonn und der Region.

„Zu diesem besorgniserregendem Ergebnis kommen wir in der ersten Hebammenumfrage, die überhaupt in der Region gemacht wurde“, erläuterte am Freitag Gerit Sonntag, Lokalkoordination der Regionalgruppe Bonn und Umgebung der Elterninitiative Mother Hood, bei einem Pressetermin. Die Schwierigkeiten, eine Geburtshelferin zu finden, begännen schon allein wegen sinkender Zahlen. Insgesamt 458 Hebammen seien in den Melderegistern Bonns und Siegburgs verzeichnet. „Aber trotz intensiver Recherchen konnten wir nur 206 ausfindig machen.“ Der Grund seien Berufsaufgaben und Doppelmeldungen. „Man kann also höchstens von 250 noch aktiven Hebammen ausgehen. Und das bei steigenden Geburtenzahlen“, mahnte Sonntag.

2016 wurden in Bonn 6531 und im Rhein-Sieg-Kreis 3705 Kinder geboren. 2015 hatte es nur 6031 und 3520 Geburten gegeben. 164 Hebammen hätten sich nun an der aktuellen Befragung beteiligt. Bei rund 20 Prozent sei jedoch davon auszugehen, dass sie in den nächsten zehn Jahren das Rentenalter erreichten, erläuterte Projektleiterin Marie Müller-Koné. Das Durchschnittsalter der Hebammen betrage 46 Jahre.

Hinzu komme die Überbelastung der verbliebenen Fachkräfte. Mehr als die Hälfte spielten mit dem Gedanken, den Beruf aufzugeben. Besonders die hohen Haftpflichtkosten und die vergleichsweise bescheidene Bezahlung bei hoher Verantwortung machten das Berufsbild immer unattraktiver. Viele Hebammen konzentrierten sich deshalb nur noch auf Vor- und Nachsorge.

Feste Beleghebamme schwer zu finden

„Die Situation wird sich also vor Ort bei weiter steigender Geburtenrate noch verschärfen“, warnte Katharina Desery vom Vereinsvorstand. Schon jetzt gäben knapp 50 Prozent der Befragten an, nahezu täglich schwangere Frauen abweisen zu müssen, rechneten Ute Pfeiffer, Leiterin des Vereins Hebammenzentrale Rhein-Sieg/Bonn, und Kerstin Etzold vom Hebammenteam Rundum vor. Das bedeute in Bonn und Region ständige Versorgungsprobleme in der Wochenbettbetreuung. Besonders die freie Hebammenwahl sei nicht mehr möglich, beschrieb Jenny Balfer.

„Bereits drei Wochen nach meinem positiven Schwangerschaftstest habe ich 2017 versucht, eine feste Beleghebamme im Krankenhaus zu finden – ohne Erfolg.“ Wer ihr bei der Geburt von Lea half, das musste sie dann also dem Zufall überlassen. „Dabei hatte ich mir nichts sehnlicher als Sicherheit gewünscht.“

Die Gesundheitsämter mögen deshalb selbst Erhebungen verfügbarer Hebammenleistungen erstellen, forderte Simone Christ. Die Stadt Bonn habe das 2017 getan. Zahlen seien jedoch nicht öffentlich. Zudem sollten eine zentrale Anlaufstelle für Eltern und ein Runder Tisch zur Geburtshilfe geschaffen werden. „Die Politik muss Maßnahmen ergreifen, die die Arbeitssituation von Hebammen verbessern.“ Geburtshilfe müsse wieder eine berufliche Perspektive haben. „Hilfreich wäre für Bonn und Umgebung auch eine Ombudsstelle“, so Christ. Derzeit wüssten traumatisierte Eltern nicht, wohin sie sich wenden können.

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