Eiertanz um 80 Millionen Was passiert mit dem Rest aus der städtischen WCCB-Bürgschaft?

BONN · Im August 2009 ziehen dunkle Wolken über das WCCB. Tage vor der letzten Kommunalwahl Ende August 2009 sagt Bonns OB Bärbel Dieckmann (SPD) in der WDR-Lokalzeit: "Die Stadt hat keine Bürgschaft übernommen, sondern sie wäre, wenn alles scheitern sollte, nur für die Zinsen zuständig."

Wochen später scheitert alles - und die Öffentlichkeit erfährt von einer bürgschaftsähnlichen Nebenabrede der Stadt Bonn gegenüber der Sparkasse in Höhe von 104,3 Millionen Euro. Davon sollte Investor Man-Ki Kim (SMI Hyundai Corp.) das WCCB errichten.

Seitdem ist dieser Riesenbatzen Geld eine "heiße Kartoffel" zwischen Stadt und Sparkasse. Durch den Forderungskauf der Stadt von der Sparkasse Anfang 2012, ein wichtiger Baustein der Heimfall-Vereinbarung, verringerte er sich auf rund 80 Millionen inklusive aufgelaufener Zinsen. Die Sparkasse hat diese Forderung in ihren Büchern, aber die Stadt ignoriert sie (s. Millionenfalle 56).

Die Würfel dazu fielen in einer städtischen Geheimrunde, die am 27. Januar 2011 zum Thema "Bilanzielle Behandlung der Nebenabreden" tagte. Droht eine Forderung, muss ein ordentlicher Kaufmann Rückstellungen bilden. Die Stadt bestellte stattdessen ein Gutachten, das "in dankenswerter und nicht alltäglicher Klarheit die Beihilfewidrigkeit der Nebenabreden feststellt und keinen Interpretationsspielraum lässt".

So steht es im Protokoll. Das Gegengutachten der Sparkasse stufte man hingegen als "nicht belastbar" ein. Dass hier auch Wunschdenken die Deutung lenkte, ahnten auch die Beteiligten. Ihre Selbstzweifel lesen sich so: Sollte der "unwahrscheinliche Fall" eintreten, dass Bürge Bürge bleibt, droht unmittelbar "die Gefahr eines Nothaushalts".

OB Jürgen Nimptsch hatte die Vorstellung, dass die Stadt sich als Bürge aus dem Staub machen und die drohenden Millionen (s. Millionenfallen 39, 44, 48) über ein EU-Notifizierungsverfahren in Luft auflösen könne. Er hoffte, dass Brüssel die Nebenabrede als unrechtmäßige Beihilfe beurteilt.

Daraus ist nichts geworden. Denn mit der Euro- und Griechenlandkrise kam alles anders. Nur der Bund hätte das Prüfverfahren beantragen können. Allein, dass Deutschland sich selbst hätte anzeigen müssen, zeigt die Qualität dieser Bonner Hoffnung. Beide Parteien, Stadt und Sparkasse, stehen sich heute mit gegenläufigen Beihilfe-Gutachten gegenüber, während die EU als Schiedsrichter ausfällt.

Dass der Stadt 30 Prozent der zweitgrößten deutschen Sparkasse gehören, kompliziert die Verhandlungen psychologisch ebenso wie die Tatsache, dass Bonn nur eine Handbreit vom Nothaushalt entfernt ist. Und die Sparkasse navigiert spätestens seit Herbst 2010 nicht mehr nach dem Kompass einer städtischen Hausbank, die politisch gewünschte Millionenprojekte in Köln und Bonn hilfreich begleitet, sondern nach dem einer ganz normalen Bank. Mindestens bis 2013 schauen die EU-Wächter bei der Sparkasse KölnBonn besonders genau hin. Sie darf die Forderung nicht einfach abschreiben und so auf die Nöte Bonns reagieren.

Die Stadt glaubt offenbar, dass eine Naujoks-Kündigung die Chancen in einem Stadt-Sparkasse-Rechtsstreit verschlechtert, weil sie indirekt einem Schuldeingeständnis gleichkäme. Das klingt auf den ersten Blick plausibel. Doch setzt dieser Blickwinkel voraus, dass die Chancen der Stadt grundsätzlich gut stünden, eine Millionen-Bürgschaft ungeschehen zu machen - und die Last letztlich den Sparkassenkunden aufzubürden.

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