Interview mit Sozialpädagoge Andreas Pauly Was hilft gegen Computersucht?

BEUEL · Digitale Medien sind allgegenwärtig und immer verfügbar. Doch wo endet Nutzung, und wo beginnt Abhängigkeit? Computerspielsucht ist mittlerweile eine anerkannte Krankheit.

 Ein junger Computerspieler sitzt vor seinem Bildschirm. Wo endet Nutzung, und wo beginnt Spielsucht?

Ein junger Computerspieler sitzt vor seinem Bildschirm. Wo endet Nutzung, und wo beginnt Spielsucht?

Foto: picture-alliance/ dpa

Die Grenzen zwischen Spielen und exzessiver Nutzung sind fließend. Welche Alarmsignale sollten Eltern wahrnehmen?

Andreas Pauly: In erster Linie sollte ihnen klar sein, dass diese Spiele Spaß machen und Gesprächsthema Nummer eins bei Schülern zwischen 13 bis 16 Jahren sind. Wenn ich ein neues Spiel habe, dann möchte ich das auch intensiv spielen, um mich mit anderen zu messen. Warnsignale sind aber nachlassende Schulleistungen oder wenn ein früher geliebtes Hobby zugunsten des Spiels aufgegeben wird.

Gibt es eine bestimmte Faustregel, wie lange ein Kind höchstens mit Smartphone, Computer oder Tablet agieren sollte?

Pauly: Diese Frage möchte ich nicht pauschal beantworten. Ich muss mir die Frage stellen, wie reagiert mein Kind auf diese Spiele? Sind die Schulnoten okay, entspannt es sich dabei, oder ist es anschließend eher angespannt? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät, dass Jugendliche ab zwölf Jahren maximal zwei Stunden Bildschirmzeiten haben sollten, also auch Fernsehen, Smartphone und PC beziehungsweise Konsole.

Welche Altersgruppe ist besonders gefährdet?

Pauly: Wie bei allen Süchten kommen viele Faktoren zusammen. Wenn ein Kind wenig Selbstbewusstsein hat, häufig einsam ist und vielleicht an depressiven Verstimmungen leidet, ist es eher gefährdet. Da hilft es meines Erachtens nicht nur, restriktiv vorzugehen, sondern es ist sinnvoller innerhalb der Familie gemeinsam handyfreie Zeiten und Zonen festzulegen.

Was sollten Eltern tun, wenn sie glauben, dass ihr Kind keine Kontrolle mehr über sein Verhalten hat?

Pauly: Eltern denken oft nicht daran, dass die sozialen Medien durchaus positive Eigenschaften haben. Kinder müssen medienkompetent sein. Eine wertschätzende Haltung und ein hohes Interesse seitens der Eltern sind hier förderlicher, als nur Verbote und Ablehnung. Die Änderungen der Datenschutzgrundverordnung ist ein guter Anlass, mit Kindern ins Gespräch zu kommen und zu überprüfen, welche Daten Whatsapp speichert. Wenn sich Eltern überfordert oder unsicher fühlen, dann sollten sie sich Tipps zur Medienerziehung holen. Dazu gibt es vielfältige Angebote. Sollte ich aber das Gefühl haben, das Kind hat Probleme damit, Medienzeiten einzuschränken, kann ich eine Beratungsstelle aufsuchen.

Schon die Kleinsten sieht man heute häufig mit einem Tablet unter dem Arm. Ist das schon ein erster Schritt in eine Isolation?

Pauly: Nein, es ist möglich, sich kreativ mit digitalen Medien zu beschäftigen und sich im geschützten Rahmen der virtuellen Welt zu nähern. Das Medium sollte jedoch nie Ersatz für die Beziehung sein. Ein maßvoller, begleiteter Einsatz kann Kreativität fördern.

Welche Hilfen bieten Sie Eltern konkret an?

Pauly: Wir wollen Eltern Sicherheit geben, beispielsweise mit Elternabenden an Schulen. Zudem gibt es bald einen Infoabend für Eltern von Grundschulkindern, um Tipps im Umgang mit dem Smartphone zu geben. Seit Jahren haben wir das dreiteilige Elternseminar, um das Medienthema ausführlich zu bearbeiten.

Welche Themen werden am 30. Mai angesprochen?

Pauly: Wir wollen mit Benjamin Wockenfuß von „digikids“ auf die Medienerziehung in Kita und Grundschule hinweisen. Insgesamt geht es auch darum, sensibel zu werden, um mit präventiven Maßnahmen einer krankhaften Sucht vorzubeugen. Wir müssen eine konstruktive Diskussion über Medien führen und Unsicherheiten abbauen, damit es den Kindern hilft, in eine positive reale Welt hineinzuwachsen.

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