Kunden äußern Kritik Warum laut SWB Straßenbahnen in Bonn immer öfter ausfallen

BONN · Im ersten Quartal dieses Jahres ist es vor allem auf den Straßenbahnlinien 61 und 62 der SWB vermehrt zu Ausfällen gekommen. So erklären die Stadtwerke die zunehmenden Ausfälle.

In den ersten drei Monaten dieses Jahres ist es vor allem auf den Straßenbahnlinien 61 und 62 der Stadtwerke Bus und Bahn vermehrt zu Ausfällen gekommen. Die sogenannte Leistungsquote lag im Januar bei 94,2 Prozent, im Februar bei 91,3 Prozent und im März bei 96,4 Prozent. In den beiden Vorjahren lag diese Quote im ersten Jahresquartal dagegen bei jeweils über 99 Prozent. Die Leistungsquote stellt die erbrachten Fahrstunden in einen Zusammenhang mit den ausgefallenen Fahrstunden.

In absoluten Zahlen bedeutet das für das erste Jahresquartal: Die Straßenbahnen waren 23.258 Fahrstunden auf der Schiene, 1389 Fahrstunden fielen aus. Im gesamten Vorjahr fielen bei 94.238 erbrachten Fahrstunden bloß 1252 Fahrstunden aus. Bei den Stadtbahnen fielen im ersten Quartal 2018 insgesamt 774 Stunden bei 35.977 Fahrstunden aus, macht zusammen 2163 ausgefallene Bahnstunden.

Fahrplan nicht mehr verlässlich?

Die SWB nennt vor allem die Grippewelle und den damit verbundenen Ausfall von Fahrern als Hauptgrund. Hinzu käme ein „grundsätzlicher Fachkräftemangel“. Die Ausbildung von Fahrern habe seit dem Spätsommer 2017 „erhöhte Priorität“. Mit einem neuen Online-Bewerberportal sei es gelungen, die Zahl der Interessenten für Fahrerstellen zu erhöhen. Im Februar mussten die SWB zudem wegen acht zeitgleich defekter Straßenbahnen Ersatzbusse einsetzen.

GA-Leser Rolf Schleßmann hatte sich noch im April über Bahnausfälle an der Kölnstraße beklagt. „Bei der Linie 61 kommt es an den Haltestellen immer häufiger vor, dass die nächst fällige Bahn entfällt.“ Der Fahrplan sei nicht mehr verlässlich. Dazu sagte Anja Wenmakers, Geschäftsführerin der SWB Bus und Bahn: „Bedauerlicherweise haben wir derzeit wieder einen sehr hohen Krankenstand beim Fahrpersonal, der Ursache für die Ausfälle ist.“

Bis auf eine Bahn, die wegen eines Rostschadens längerfristig ausfällt, seien mittlerweile zumindest alle Straßenbahnen wieder einsatzbereit. Wenmakers betont auch, dass Straßenbahnen (Niederflurbahnen) und die Stadtbahnen (Hochflurbahnen) täglich insgesamt eine Gesamtstrecke von 23.000 Kilometern zurücklegten. „Nach den Ausfällen im Februar haben wir durch unsere Büros erweiterte Notfallpläne erstellen lassen, die genau vorgeben, was zu tun ist, wenn drei, vier oder fünf Bahnen plötzlich ausfallen“, erklärte Wenmakers. Um die Wahrscheinlichkeit von Defekten zu senken, werde die Werkstatt die Wartung künftig enger begleiten. Die SWB müssen mit den alten Straßenbahnen aus den 90er Jahren noch eine Zeit auskommen. Die sukzessive Auslieferung von 26 neuen Niederflurbahnen für rund 65 Millionen Euro ist für die Jahre 2020 bis 2022 geplant.

Lob und Tadel gibt es von SWB-Kunden zum Zustand der auf neu getrimmten Stadtbahnen aus den 70er Jahren. Herbert Schlüter, der regelmäßig ins ehemalige Regierungsviertel pendelt, ist mit der Qualität zufrieden: „In der Regel fahren die Bahnen in einem so dichten Takt, dass ich pünktlich ankomme“, sagt er. Susanne Bordow hat dagegen das Gefühl, die Türen seien oft defekt und häufig fielen Bahnen einfach aus.

Erneuerung der Bahnen wird teurer als gedacht

Der Königswinterer Helmut Federmann, Volkswirt im Ruhestand, hält das „Aus-Alt-mach-Neu“-Projekt für „gut gemeint, aber nicht gut gemacht“: „Die Qualität ist nicht vergleichbar mit der von neuen Wagen.“ Vor allem hält der SWB-Kunde die Erneuerungsstrategie für problematisch. „Die SWB schaffen höchstens drei neue Bahnen im Jahr und für die Modernisierung fällt die entsprechende Bahn aus.“ Wenmakers sind keine auffällig häufig auftretenden Defekte von Türen bekannt.

Sie hält die Wiederaufbereitung für den richtigen Ansatz: „Ich gehe derzeit davon aus, dass die SWB Bus und Bahn auch die Stadtbahnen der dritten und vierten Generation aufarbeiten werden.“ Allerdings erreicht die Werkstatt das ursprünglich angepeilte Ziel, vier Bahnen im Jahr aufzubereiten, nicht. Die erste erneuerte Hochflurbahn ging 2012 in Betrieb, bis Dezember 2017 waren 13 Stadtbahnen modernisiert, macht pro Jahr etwas mehr als zwei.

Die längere Zeit für die Fertigstellung begründet Wenmakers mit zusätzlichen Anforderungen der Technischen Aufsichtsbehörde zur Brandmeldeanlage und zu Sicherheitskomponenten bei den Türen. Dadurch sei die Erneuerung von 25 Bahnen, die Ende 2021 abgeschlossen sein soll, teurer geworden. Im Vergleich mit dem Kauf eines neuen Wagens koste sie dennoch nur die Hälfte. Ursprünglich hatte ihr Vorgänger Heinz Jürgen Reining angekündigt, die Erneuerung von 25 Bahnen koste 28 Millionen Euro. Er bezifferte das Einsparpotenzial gegenüber neuen Bahnen auf 47 Millionen Euro.

Zu einem Schnuppertag für Bewerber Fahrpersonal laden die SWB am Samstag, 23. Juni, von 10 bis 14 Uhr auf den Betriebshof in Friesdorf, Godesberger Allee 108

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