Erinnerung an Novemberpogrom Vor 80 Jahren brannten die Synagogen in Bonn

BONN · Am 10. November 1938 brannten in Bonn, Beuel, Bad Godesberg, Mehlem und Poppelsdorf am helllichten Tag die Synagogen. Schon an diesem Donnerstag findet in Bonn die erste Gedenkveranstaltung an das Novemberpogrom statt.

Bereits in der Nacht zum 10. November waren in Deutschland vermeintlich spontane Aufwallungen des Volkszorns von NSDAP und SA angeordnet und organisiert worden. Auslöser war die Tat eines 17-jährigen Juden: Am 7. November 1938 hatte der in Paris lebende Herschel Grynszpan einen Mitarbeiter der Deutschen Botschaft, Ernst Eduard vom Rath, erschossen.

Dieses „Attentat“ wurde von den Nazis für die anti-jüdische Hetzkampagne instrumentalisiert. So war die Zerstörung der Synagogen im Novemberpogrom 1938 ein weiterer Schritt auf dem 1933 begonnenen Weg, der in Auschwitz und in anderen Vernichtungslagern endete.

Für diesen Donnerstag um 16 Uhr sind alle Bonner zum öffentlichen Gedenken am Synagogen-Mahnmal am Moses-Hess-Ufer eingeladen. Das Gedenken wurde vorverlegt, da am Samstag Schabbat ist. So soll möglichst vielen Menschen jüdischen Glaubens die Teilnahme an der Feier am Bonner Rheinufer ermöglicht werden.

Gedenkfeier für die Opfer

Oberbürgermeister Ashok Sridharan, die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn, Margaret Traub, und Kantor Barry Mehler erinnern bei der Gedenkfeier mit Kaddisch an die Ereignisse und die Opfer des Novemberpogroms vor 80 Jahren. Sie werden musikalisch begleitet von Matthias Höhn.

Barry Mehler, geboren 1965 in New York, ist ein Nachfahre einer jüdischen Familie aus Bonn. Er studierte an der Juilliard School of Music in New York und leitete viele Jahre den großen Synagogenchor in Amsterdam. 2005 gründete er in München den ersten orthodoxen Synagogenchor Deutschlands nach 1945.

Schon vor der Gedenkfeier wird um 15 Uhr im Opernfoyer, Am Boeselagerhof 1, ein Konzert unter der Schirmherrschaft Sridharans gegeben. Die Pianistin Julia Strelchenko spielt die „Sonate 27. April 1945“ von Karl Amadeus Hartmann. Er verarbeitete in der Sonate den Todesmarsch von Häftlingen des Konzentrationslagers Dachau. Der Eintritt ist frei. Weitere Veranstaltungen zum 80. Jahrestag des Novemberpogroms:

8. November:In Mehlem führt ab 16 Uhr Barbara Hausmanns, Direktorin der Volkshochschule Voreifel, über den jüdischen Friedhof. Treffpunkt ist der Eingang an der Ecke Oberaustraße/Levyweg. Männliche Teilnehmer werden gebeten, eine Kopfbedeckung zu tragen. Um 17 Uhr folgt eine ökumenische Andacht an der Gedenktafel der Mehlemer Synagoge, Meckenheimer Straße 45, mit Pfarrer Daniel Post. Veranstalter sind die Evangelische Heiland-Kirchengemeinde Bad Godesberg und die Volkshochschule Voreifel.

9. November:In Poppelsdorf halten Pfarrer Christoph Pottgießer und Dechant Bernd Kemmerling ab 19 Uhr eine ökumenische Andacht am früheren Platz der Poppelsdorfer Synagoge. An der Ecke Jagdweg/Bennauerstraße erinnern ein Gedenkstein und die stählerne Menora an die Synagoge. Veranstalter sind die evangelische Lutherkirchengemeinde und die katholische Gemeinde Sankt Sebastian.

Die Gedenkveranstaltung der Pfarrgemeinde Sankt Petrus in der Altstadt beginnt um 18.30 Uhr mit einem Gottesdienst in Sankt Marien, Adolfstraße 2, dem sich ein Gang zum „Ort der Erinnerung und des Gedenkens an die verfolgten Juden aus Alt-St. Marien“ in der Bücherei Sankt Marien anschließt. Ab 20.30 Uhr folgt einen Gang durch das Stadtviertel mit Stille und Gebet an einigen Stolpersteinen. Zum Abschluss gibt es ein Konzert „Zur Nacht“ mit Orgelmusik in der Stiftskirche, Kölnstraße 31. Der Eintritt ist frei, Spenden werden erbeten.

10. November: In Beuel startet um 17.30 Uhr vor dem Rathaus, Friedrich-Breuer-Straße 65, ein Schweigegang zum Synagogenplatz, Siegfried-Leopold-/Friedrich-Friesen-Straße. Dort spricht gegen 18 Uhr Friedhelm Boll. Er wird von Matthias Höhn auf der Klarinette begleitet. Danach wird der Schweigegang fortgesetzt. Um 18.30 Uhr führen Schüler der Gesamtschule Beuel im Jungen Theater, Hermannstraße 50, ein Stück zum Novemberpogrom 1938 auf. Veranstalter ist die Beueler Initiative gegen Fremdenhass.

10. November: In Bad Godesberg gibt es um 19 Uhr in der Oststraße eine Andacht der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde an der Gedenktafel für die dort zerstörte Synagoge mit Pfarrer Jan Gruzlak. Sie steht unter der Überschrift „Zeit allein heilt keine Wunden“.

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